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Sie kennen ihn nicht? Wenn Sie Platten sammeln, haben Sie Aufnahmen
von Leonard Gaskin. Diesen Sideman der Sonderklasse kann man als allgegenwärtigen
Musiker bezeichnen: von Condon bis Coltrane, von Davis bis Dixe reicht
die Liste der musikalischen Wegbegleiter. Der Bassist war bei den ersten
Aufnahmen von Miles Davis ebenso dabei wie bei den ersten von Bob Dylan.
Jemand hat ihn einmal gefragt, was sein denkwürdigster Auftritt
gewesen sei, vermutlich doch einer mit Monk oder Coltrane oder Miles
oder Ella. Leonard Gaskin erwiderte: „Das waren feine Events, doch
nichts ist mir unvergesslicher, als für Kinder in Schulen zu spielen.“ Ihm
war es wichtig, in Schule zu spielen, vor allem für Kinder auf der
Schattenseite des Lebens. Er liebte es, sie lächeln zu sehen und
sie vergessen zu machen, was auch immer sie bedrücken mochte. Er gehörte 1943 mit Duke Jordan und Max Roach zur Hausband des Minton’s Playhouse, der sagenumwobenen Geburtsstätte der Jazzmoderne. Sein gutes Timing und seine Kompetenz in Fragen der Harmonik verschafften ihm in den 40er-Jahren viel Arbeit unter Spitzenmusikern der Ära. 1944 wurde er Nachfolger Oscar Pettifords in der Band, die Dizzy Gillespie im Down Beat Club leitete. Im Laufe der 40er-Jahre spielte er als Freelancer unter anderem mit Cootie Williams, Charlie Parker, Charlie Shavers und den Musikern, die Sie heute noch erleben. 1945 war er mit von der Partie, als Miles Davis beim Blues-Shouter „Rubberlegs“ Williams seine ersten Aufnahmen machte. 1946 konnte er schon auf Aufnahmen mit Bebop-Genies wie Bud Powell, Max Roach und J.J. Johnson verweisen. Am gleichen Tag wie Roach trat er in die Musikergewerkschaft ein, und beide erhielten gegen Ende ihres Lebens gemeinsam die Ehrendoktorwürde des Medgar Evers College. Es ist erstaunlich, wie oft Leonard Gaskin zu Beginn großer Laufbahnen zur Stelle war, so auch 1946 bei Aufnahmen, die mit zu den ersten des Pianisten Lennie Tristano gehören, der bald darauf das junge moderne Jazzlager um eine neue Richtung bereicherte, den Cool Jazz. Ab Herbst 1946 arbeitete Leonard Gaskin mit dem eminenten Jazzgeiger Eddie South zusammen, einem Musiker, der allzu oft vergessen und übersehen wird, vielleicht, wie ein Kollege nicht ohne Bitterkeit vermerkte, weil er zu gut war. Im Sommer/Herbst 1949 musizierte Leonard Gaskin regelmäßig mit einem Pianisten, der eigentlich weder einen Bassisten brauchte noch einen Drummer: Erroll Garner war ein Orchester für sich, wurde deswegen bisweilen auch „Orc“ genannt. 1951 finden wir Gaskin im Quintett von Stan Getz. Der einflussreiche Tenorist hatte einen jungen Pianisten dabei, dem die Zukunft des Hardbop gehören sollte: Horace Silver. Die frühen 50er-Jahre sahen Leonard Gaskin an der Seite von Miles Davis, Billie Holiday und diverser Blues-Leute wie Big Maybelle und Josh White. 1956 schloss er sich, bei seinem Bebop-Hintergrund zunächst unerwartet, doch angesichts seiner Vielseitigkeit nicht erstaunlich, der Band von Eddie Condon an und war dadurch lange Bestandteil der Dixie-Szene. 1960 verließ er Condon, um Studiomusiker zu werden, und so spielte er auch noch Gospel und Pop. Ab den 70er-Jahren musizierte er unter anderem bei Sy Oliver, Panama Francis und International Art Of Jazz, einer Band, mit der er in Schulen auftrat. Marcus A. Woelfle |
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