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Jazzzeitung

2010/01  ::: seite 11

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Inhalt 2010/01

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazzlexikon: Leonard Gaskin Farewell: Gigi Campi


TITEL -
Metamorphosen
Zum 100. Geburtstag von Django Reinhardt


Berichte

Chiemgauer Band LaBrassBanda // Dresdens Jazztage 2009 // Nachklänge vom JazzFest Berlin 2009 // Preview: „Annual Arbors Records Party“ in Florida, Teil 1 // Fritz Rau wird 80 und geht auf Tour


Portraits

Klaus Kugels und Albrecht Maurers Label NEMU Records // Markus Geiselhart // Bratschistin, Komponistin und Sängerin Katrin Mickiewicz // Solveig Slettahjell // Boris Vian


Jazz heute und Education
Die Kulturhauptstadt Europas und der Jazz // VOC COLOGNE – Impulsgeber für junge A-cappella-Ensembles // Abgehört: Keith Jarretts Solo über „What Is This Thing Called Love“

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

In bester Tradition

„Annual Arbors Records Party“ in Florida, Teil 1

Vorher hat man im Internet Eiszapfen an den Orangen sehen können, jetzt wird es im von der härtesten Kältewelle seit Jahrzehnten erfassten Florida heiß. Zumindest im „Ballroom“ und in der „Mainstay Tavern“ des Sheraton Sand Key Resort in Clearwater Beach. Das Hotel auf der von vielen ähnlichen Hotelpalästen und Appartmentburgen überzogene Touristenenklave auf der dem Meer zugewandten Halbinsel vor der großen Bucht von Tampa ist in diesem Januar zum zweiten Mal Schauplatz des „Annual Arbors Records Invitational Jazz Party“.

v.l.n.r.: Dan Barrett (tb), Eddie Erickson (bj) und Rebecca Kilgore (git, voc). Foto: Hochkeppel

Bild vergrößernv.l.n.r.: Dan Barrett (tb), Eddie Erickson (bj) und Rebecca Kilgore (git, voc). Foto: Hochkeppel

Den meisten Europäern wird weder das Label noch das Festival ein Begriff sein. Für einen Zweig der amerikanischen Jazzfamilie sieht das anders aus: Ist diese Veranstaltung doch eine der prominentesten, seit das Konzept der „Jazz Party“ in den Vereinig-ten Staaten in den Siebzigern Schule gemacht hat. Es sind dies die großen Familientreffen der Classic-Jazz-Gemeinde, bei der deren wichtigsten Vertreter geballt für ein paar Tage aufeinandertreffen und quasi rund um die Uhr spielen. Anders als bei normalen Konzerten lohnt sich so der in dem riesigen Land enorme Reise-Aufwand.

Die Jazz Party in Clearwater ist der Nachfolger der dort bis 2004 abgehaltenen „Jazz Marches“, die, angeheizt von den damals gehäuft fälligen runden Geburtstagen von Veteranen wie Flip Phillips, Bob Haggart, Red Norvo oder Jerry Jerome (die inzwischen alle gestorben sind), immer bombastischere Züge trugen. Am Schluss waren bis zu 100 Musiker dabei, was die Veranstalter organisatorisch schlicht überforderte. Denn Veranstalter war und ist zwar das Ann Arbors Records, doch wer dahinter einen Konzern der US-Unterhaltungsindustrie vermutet, der irrt. Das Label besteht im wesentlichen aus Mat Domber und seiner Frau Rachel. Und sie gründeten es sozusagen auf dem zweiten Bildungsweg. Denn eigentlich war Domber ein New Yorker Anwalt und Immobilienhändler; der Jazz indes war seine große Leidenschaft, er rannte jahrzehntelang in die Clubs in Greenwich Village, sammelte Jazz-Platten und -bekannschaften. Und so kam es irgendwann, wie es kommen musste: Weil kein Label am befreundete Sänger Rick Fay Interesse zeigte, nahm Domber einfach selbst eine Platte mit ihm auf – und gründete gleich das passende Label dazu. Das war 1989, und seither sind bald 400 Alben dazugekommen: Ann Arbors Records ist heute das vielleicht wichtigste US-Label für „traditional and contemporary classic jazz, and the swing styles of the ’30s, ’40s, ’50s and beyond“, wie es auf der Homepage heißt. Diese Musik zu bewahren, aufzuzeichnen und zu verbreiten lautet die Mission. Und so haben nahezu alle, die aus den guten alten Zeiten übrig sind, haben hier einen sicheren Hafen gefunden: Der Pianist Dick Hyman, der letzte und unerreichte Grooßmeister aller denkbaren Jazzpiano-Stile und gleichermaßen ein wandelndes Musik-Lexikon, und der Posaunist Dan Barrett, der noch mit Benny Goodman spielte, sind die Zugpferde, neben Namen wie Bucky Pizzarelli, Kenny Davern, Ruby Braff, Warren und Allan Vache, Bob Wilber und vielen anderen, die die Fans des Traditional Jazz mit der Zunge schnalzen lassen. Aber auch für die Jüngeren und Jungen, die sich für die alten Stile interesssieren, ist das Label zur Anlaufstation geworden, wie zum Beispiel für den Trompeter Duke Heitger, den Geiger Aaron Weinstein, der Saxophonist Harry Allen oder den Pianisten Jeff Barnhart. Wobei die Nachrücker heute nicht mehr unbedingt aus Amerika kommen müssen: Da gibt es etwa den finnischen Klarinettisten Antti Sarpila, den britischen Saxophonisten Nik Payton und vor allem Pianisten wie den Franzosen Louis Mazetier, den Italiener Rossano Sportiello (der freilich inzwischen in New York lebt und von der US-Kritik schon mal als „der beste italienische Import seit Barolo“ gefeiert wird), den Israeli Ehud Asherie und eben auch die Deutschen Stride-Könige Bernd Lhotzky und Chris Hopkins (zwar Deutsch-Amerikaner, aber in Bochum lebend).

Was lange Zeit eine rein amerikanische Angelegenheit war, globalisiert sich also nun. Seit kurzem hat Ann Arbors auch einen deutschen Vertrieb, Matthias Böckels „Media-Arte“ in Nürnberg. Ein vergleichsweise kleiner, aber engagierter Medienvertrieb, der bislang vor allem auf fränkische und süddeutsche Künstler spezialisiert war, neben Jazzern auch klassische Musiker oder Kabarettisten. Umgekehrt wird Ann Arbors immer mehr zum Stammlabel auch der Traditional-Jazz-Musiker aus Europa und Deutschland. Hopkins legte gerade ein mitreißendes Duett mit Dick Hyman vor, Lhotzky unlängst ein nicht minder geschmackvolles mit Duke Heitger, dem demnächst ein weiteres folgen soll. Und die Deutschen sind jetzt eben auch bei der Swing Party in Clearwater dabei, einer abgespeckten, vor allem auf Pianisten zugeschnittenen Ausgabe der „Jazz Marches“: Lhotzky und Hopkins nicht nur als Solisten, sondern gemeinsam mit Drummer Oliver Mewes und Trompeter Colin Dawson auch im Quartett „Echoes of Swing“; neben dem Harry Allen/Joe Cohn-Quartet und Dan Barretts „BED“ eine von nur drei Bands, denen diese Ehre zuteil wurde.

Oliver Hochkeppel

Teil 2 in der nächsten Ausgabe

 

 

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