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Jazzzeitung

2010/01 ::: seite 10

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Inhalt 2010/01

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazzlexikon: Leonard Gaskin Farewell: Gigi Campi


TITEL -
Metamorphosen
Zum 100. Geburtstag von Django Reinhardt


Berichte

Chiemgauer Band LaBrassBanda // Dresdens Jazztage 2009 // Nachklänge vom JazzFest Berlin 2009 // Preview: „Annual Arbors Records Party“ in Florida, Teil 1 // Fritz Rau wird 80 und geht auf Tour


Portraits

Klaus Kugels und Albrecht Maurers Label NEMU Records // Markus Geiselhart // Bratschistin, Komponistin und Sängerin Katrin Mickiewicz // Solveig Slettahjell // Boris Vian


Jazz heute und Education
Die Kulturhauptstadt Europas und der Jazz // VOC COLOGNE – Impulsgeber für junge A-cappella-Ensembles // Abgehört: Keith Jarretts Solo über „What Is This Thing Called Love“

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

Aufbruch im Dilemma

Markus Geiselhart im Gespräch über das Würzburg Jazz Orchestra

Mit 35 Konzerten und 31 exquisiten Programmen hat sich das Würzburg Jazz Orchestra (WJO) seit der Gründung 2005 auch überregional eine beachtliche Reputation erworben. Doch das anstehende Jubiläum zu diesem dynamischen Aufbruch wird mangels finanzieller Förderung in einem Dilemma stattfinden. Die Zukunft des WJO ist nicht gesichert. Im Gespräch mit Hans-Dieter Grünefeld beschreibt Markus Geiselhart, Gründer und Leiter des WJO, die Geschichte und Perspektiven seiner Big Band.

Das Würzburg Jazz Orchestra beim Jazzfestival Würzburg 2009: Foto von Joachim Fildhaut

Bild vergrößernDas Würzburg Jazz Orchestra beim Jazzfestival Würzburg 2009: Foto von Joachim Fildhaut

Jazzzeitung: Mit welcher Intention haben Sie das WJO gegründet?
Markus Geiselhart: Als ich in Würzburg studierte, habe ich von 2002 bis 2004 die musikalische Leitung der Amateur-Bigband der Jazz-Initiative übernommen. Wir haben nur einmal pro Woche geprobt und zwei oder drei Konzerte im Jahr ge-
habt. Ende 2004 hat mich die Jazz-Initiative darüber informiert, dass sie Ostern 2005 eine Jazz-Matinee im Großen Haus des Mainfrankentheaters veranstalten wolle, und gefragt, ob ich mit der Big Band dort auftreten möchte. Zu diesem Vorschlag meinte ich, dass für solch eine renommierte Bühne nur ein professionelles Orchester geeignet sei. Deshalb habe ich Kollegen aus der Nähe angerufen, die ich vom Landesjugendjazzorchester Bayern und Bundesjazzorchester kannte. Für dieses zunächst einmalige Projekt, darüber hinaus war nichts geplant, hatte ich Repertoire von Don Ellis ausgesucht.

Jazzzeitung: Warum sind Sie denn gerade auf die sehr exzentrische Musik von Don Ellis gekommen?
Geiselhart: Ja, ziemlich ungewöhnlich, nicht wahr? Zufällig hatte ich kurz zuvor Aufnahmen von Don Ellis gehört. Mich hat dieser Stil total fasziniert und ich habe mich gewundert, dass sich so lange niemand um diese Musik gekümmert hat. Weil ich im erwähnten Konzert etwas Besonderes vorstellen wollte, habe ich mich für Repertoire von Don Ellis entschieden. Die Noten konnte ich in den USA auftreiben und habe überlegt, wen ich als Gastsolisten einlade, einen Trompeter, der so etwas überhaupt spielen kann. Thomas Gansch war dann bereit, weil er sich schon mit Don Ellis beschäftigt hatte.

Jazzzeitung: Sie haben ja auch andere Tribute-Konzerte gemacht. Wie ist deren Konzeption?
Geiselhart: Nun, das WJO wollte nach dem ersten Konzert weitermachen, und wir hatten 2005 noch zwei Open-Air-Auftritte, eine Gala und waren beim Würzburger Jazzfestival. Und da ist mir im Verlauf des Jahres klar geworden, dass die Band regelmäßig spielen muss, wenn sie eine Perspektive haben soll. Bevor ich 2006 nach Wien umgezogen bin, konnte ich noch eine Reihe mit sechs Konzerten jährlich in Würzburg organisieren.
Die Konzeption der Konzerte ist nicht unbedingt festgelegt. Wir machen viele unterschiedliche Programme, damit die Band fürs Publikum interessant bleibt. Auch laden wir profilierte Gastsolisten ein. Davon abhängig ist die jeweilige Konzeption: für das Tribute to Gil Evans mit Peter Tuscher, Trompete, haben wir seine Arrangements übernommen, beim Tribute to Jaco Pastorius mit Robert Riegler, Bass, aber selbst eine Suite aus seinen Titeln zusammengestellt.

Jazzzeitung: Wer macht die Arrangements, wenn sie nicht original sind?
Geiselhart: Das Gros arrangiere ich, außerdem einige Kollegen aus der Band.

Jazzzeitung: Wie haben sie kompetente Musiker für das WJO gefunden?
Geiselhart: Seit dem Gründungskonzert gab es schon Personalwechsel. Man braucht gute Musiker, aber innerhalb der Band muss es auch menschlich funktionieren. Das ist ein sozialer Prozess der Integration. Momentan sind wir zufrieden miteinander. Nicht alle wohnen in Würzburg, Kontakte gibt es auch zur Szene in Köln, Amsterdam und Wien. Das WJO rekrutiert sich geographisch aus dem gesamten deutschsprachigen Raum.

Jazzzeitung: Wie organisieren Sie die Logistik?
Geiselhart: Ich teile die Konzerttermine mit und schaue dann, wie viele Proben möglich sind, meistens zu wenige, weil das Geld nicht reicht. Normalerweise proben wir zwei Tage für ein Konzert, das werden dann oft kräftezehrende Si-tzungen von manchmal zwölf Stunden.

Jazzzeitung: Ist unter diesen Umständen ein individueller WJO-Sound möglich?
Geiselhart: Im Grunde gibt es eine relativ stabile Stammbesetzung, weshalb in den letzten Jahren durch die kontinuierliche Arbeit und Kommunikation ein deutlicher WJO-Sound in der Praxis entstehen konnte. Wir identifizieren uns mit dem WJO, weil nicht so viele freie professionelle Big Bands in Deutschland existieren und unsere Programme ein künstlerisch hohes Niveau haben. Sonst würden wahrscheinlich nicht so prominente Solisten wie Ingolf Burkhardt, Herbert Joos oder Mathias Rüegg mit uns zusammenarbeiten.

Jazzzeitung: Trotz dieser Erfolge ist die ökonomische Situation fürs WJO prekär geworden. Warum?
Geiselhart: Veranstalter bezahlen für unsere Konzerte nicht kostendeckend, sondern wir haben das finanzielle Risiko fast allein, sind quasi Eigenveranstalter. Das ist unser aktuelles Problem, wodurch eine langfristige Sicherung des WJO-Projektes gefährdet ist. Es gibt in Deutschland und auch anderswo in Europa keine nennenswerte Subvention für Jazzprojekte. Wir sind frustriert, weil die positive Resonanz des WJO nicht pekuniär anerkannt wird. Die meisten Musiker im WJO sind freiberuflich oder unterrichten. Für mich als Bandleader ist das WJO allerdings schon die Hauptarbeit. Ich weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll, denn mit einem zugesagten Jahresetat von 12.500 Euro kann ich in Würzburg keine Konzertreihe fortführen.

Jazzzeitung: Vielen Dank für das Gespräch.

Hans-Dieter Grünefeld

Das Debüt-Album des WJO

„Artistry in Rhythmn – The Music of Stan Kenton, feat. Ed Partyka“, Live at Bockshorn Würzburg ist über info@wuerzburgjazzorchestra.de zu beziehen.

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