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Vor rund 60 Jahren wurde in New York am Broadway Ecke 52. Straße das Jazzlokal „Birdland“ eröffnet. Es war von Anfang an eine Bühne des Bebop, weshalb viele glauben, der Name „Birdland“ ehre Charlie „Bird“ Parker, den Bebop-Pionier. Doch nur eines der vielen Musikerfotos im Club war dem Saxophonisten gewidmet – dafür gab es im „Birdland“ echte, lebende Vögel in hängenden Vogelkäfigen. Sie nämlich sollten an das eigentliche Vorbild des „Birdland“ erinnern, eine ferne, kleine Vogelinsel: Helgoland in der Deutschen Bucht. Die Bedeutung Helgolands für die Entwicklung des modernen Jazz ist heute weitgehend vergessen. Tatsächlich gab es auf dem Oberland der Insel gleich nach dem Zweiten Weltkrieg einen der ersten Fanclubs des Bebop. Seine kleine Sendestation soll bis Paris zu empfangen gewesen sein und wurde bei den amerikanischen Bebop-Musikern zur (oft bezweifelten) Legende: Charlie Parker widmete der sagenhaften Vogelinsel einst sein Stück „Ornithology“. Es heißt sogar, das Wort „bop“ komme aus der Helgoländer Sprache, dem Halunder: Dort bedeutet „Boppen“ so viel wie „oben“ (frz. haut = hot) oder „auf dem Oberland“. Noch heute findet man auf Helgoland Straßenbezeichnungen wie Bop Strak und Bop de Kerk. Leider wurde das Vogelland dann ein Opfer ideologischer Jazzkämpfe: Trad-Fanatiker bei der Royal Air Force beschlossen, das Bebop-Eiland von der Karte zu fegen. Die Bop-Kolonie wurde zwangsevakuiert und im April 1947 hat man versucht, die ganze Insel in die Luft zu sprengen – vergeblich. Noch jahrelang ließ die RAF Helgoland wütend bombardieren, weshalb das Oberland heute so zerklüftet aussieht wie das Notenbild eines Bebop-Stücks. Und noch heute halten dort viele Pfeifer und Sänger am Bebop-Gedanken fest, darunter der Wiesenpieper, der Regenpfeifer, der Weidenlaubsänger, aber auch die Ohrenlerche und der Basstölpel. Rainer Wein |
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