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Detmold. Sie liegt ein bisschen abseits der großen Musikzentren, aber in der kleinen Stadt am Teutoburger Waldrand blüht in den letzten Jahren ein Pflänzchen, das noch so manche Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird. Die Stadt hört auf den Namen Detmold und das Pflänzchen wächst aus der dortigen Musikhochschule heraus. Es trägt den Namen „Linie K” und sorgte unter anderem in den letzten Apriltagen für reichlich Aufregung in der dortigen Stadthalle.
Die Trompetenlegende Clark Terry und seine Kollegen Dusko Goykovich und Stepko Gut waren hier, um den Mitgliedern der Hochschulbigband zu zeigen, wo der Hammer hängt. Im Abschlusskonzert in der Stadthalle fiel das Ergebnis dieser Arbeit so hervorragend aus, dass Stepko Gut sich zu der Formulierung hinreißen lies: „Eine so tolle Band habe ich hier nicht erwartet.“ Dieses Lob muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, denn die Detmolder Hochschule verfügt nicht über eine eigene Jazzabteilung. Die sich hier unter der fachkundigen Leitung des Trompeters und Arrangeurs Professor Oliver Groenewald den Errungenschaften des Bebop, Modern Mainstream oder Fusion zuwenden, tragen sich eigentlich mit der Absicht, ihr Wissen später als Studienräte an die nächste Generation weiterzugeben. Und da geht bekanntermaßen inzwischen kein Weg mehr am Jazz vorbei. Es hat schon was, an einer Hochschule ohne ausgewiesene Jazzabteilung eine Big Band als feste Institution aufzubauen. Dieses Konzert ergab sich aus dem Zusammenspiel von Kulturamt, örtlichem Jazzverein und der Hochschule für Musik Detmold. Hier dokumentierte sich nach außen, was sich hinter dem Logo „Linie K“ inhaltlich verbirgt. In enger Kooperation der verschiedenen Institutionen erhalten die Studenten die Möglichkeit, „in die Wirklichkeit zu springen“. Sie erleben das Ergebnis ihrer Arbeit im echten Konzert, können „draußen“ erfahren, wie das, was sie sich „drinnen“ in der Hochschule erarbeitet haben, ankommt, sich umsetzen lässt. So weit, so gut. Ein Weiteres war genauso wichtig. Am Sonntag-morgen hieß es: „Jazz meets Klassik meets Jazz“. Wer sich unter diesem Wortspiel eine Begegnung von Bach und Beat, einen swingenden Mozart oder einen groovenden Beethoven vorstellte, wurde zum Glück eines Besseren belehrt. Hier wurde hörbar, was die Initiative „Linie K“ innerhalb der Musikhochschule zu bewegen versucht: den Blick über Tellerränder hinweg. Kompositionsstudenten aus der Klasse Professor Martin Christoph Redel sollten für eine Big Band schreiben und das ist gar nicht so einfach, wie man meinen möchte, wegen der unterschiedlichen Philosophien der beiden Musikwelten. In der hier einmal vereinfacht so genannten Klassik geht es um Kontemplation, um so das Sinnliche (Hörbare) der Musik in seiner geistigen Wahrhaftigkeit wahrzunehmen und darin im besten Fall die Figuration von Wahrheit zu erkennen. Im Jazz geht es um die Lebendigkeit des Augenblicks. Dessen Schönheit verwandelt er in das Fest, den Rausch des Lebens, und das meint neben allen harmonischen und melodischen Errungenschaften (Modalität, Blue Notes) vor allem die Befreiung des Beat aus der Alltäglichkeit eines geraden Pulses. Swing und Groove sind dafür die Schlüsselworte. Wie vorsichtig diese Begegnung versucht wurde, entschied über die Qualität der fünf Kompositionen, die am Sonntag ihre Uraufführung erlebten. Martin Christoph Redel versuchte in seinem „Blue Mood“ mit großer Umsicht und Respekt, die beiden Felder aufeinander zuzubewegen. Seine „Klassik“ klang vom Timing her sehr ruhig, so dass die groovenden Elemente seines „Jazz“ sehr organisch in die Komposition hineinwachsen konnten. Bei anderen Komponisten (Julian Lembke oder Junguk Kim) schwang die Musik zwischen „klassischen“ und „jazzigen“ Passagen hin und her, ohne dass eine echte Begegnung hörbar wurde. Bei Wook-Yon Jeon fiel besonders auf, wie er die Klangmöglichkeiten von Saxophon, Posaune und Trompete aus den etablierten Klangfarben einer Big Band herauszulösen versuchte. Ungeachtet der Tragfähigkeit der Ergebnisse öffnete allein das Ereignis für die Arbeit an der Hochschule neue Türen. Schon das war ein Erfolg von „Linie K“. Andreas Schwabe |
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