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Die Echo-Preisverleihungen sind über die Bühne, in der Kategorie Jazz wurde Michael Bublé ausgezeichnet. Für Diana Krall (unser Foto) und andere blieb nur die Ehre, zu den Nominierten zu gehören. Nach wie vor steht die Frage im Raum: Geht es nun um Kunst oder Kommerz beim Jazz-Echo? Astrid Kieselbach, Director Jazz bei Universal Music, setzt die Diskussion um den Jazz und den Echo-Preis fort, die Produzent Siegfried Loch in der vergangenen Ausgabe mit einem provokanten offenen Brief angestoßen hatte (Jazzzeitung März 06, S. 2). Liebe Jazzzeitungs-Redaktion, den Beitrag von Herrn Siegfried Loch zur Handhabung der „Echo“-Verleihung in der Kategorie Jazz habe ich mit Interesse gelesen. Allerdings auch mit einiger Verwunderung. Greift Herr Loch grundsätzlich die Systematik der deutschen „Echo“-Preisverleihung an? Oder tut er das nicht, möchte aber für das Genre Jazz ein ganz anderes Prozedere erreichen? Das ging aus seinem Brief nicht hervor, insofern hinterlässt seine Kritik einige offene Fragen. Das Kriterium für die Verleihung eines „Echo“ sind die Verkaufszahlen eines Albums. Das erfolgreichste seiner Kategorie erhält die Auszeichnung. Das gilt für alle Produktionen – ob Pop, HipHop, Rock, Volksmusik oder Jazz. Es gibt keinen erkennbaren Grund, warum nun ausgerechnet für den Jazz andere Maßstäbe herangezogen werden sollen. Es sei denn, man argumentiert, dass es hierbei um eine Musikrichtung geht, die nur rein künstlerisch begutachtet werden sollte, nicht jedoch anhand von kommerziellen Erfolgen.
Das aber würde allen Bemühungen der Tonträgerindustrie entgegenstehen, auch dem Jazz eine möglichst breite Öffentlichkeit zu verschaffen. Und aus meiner Sicht sollte das unser Ziel bleiben. Niemandem wäre damit geholfen, dieser musikalischen Form nur ein Nischendasein zu gönnen. Herr Loch schreibt ja auch selbst: „In den letzten zwei Jahren haben sich mehr Jazz Alben für die deutschen Pop-Charts qualifiziert als in den zwanzig Jahren davor.“ Das ist grundsätzlich richtig und dieser Umstand ist vor allem solchen Künstlern geschuldet, die er hier an den Pranger stellt – Michael Bublé, Diana Krall, Lizz Wright, Götz Alsmann, Jamie Cullum und andere, im heimischen Jazz-Segment vor allem einem Künstler wie Till Brönner. Aus diesem Grund ist die Forderung nach einer „Echo“-Unterscheidung zwischen einer nationalen und einer internationalen Produktion für Jazz nicht nur sehr begrüßenswert, sondern wird von allen engagierten Jazzvermarktern in Deutschland ja auch schon lange gefordert (siehe auch jüngste Pressemitteilung des Jazz- und Worldpartners e.V.). Dies bleibt jedoch der einzige zustimmungsfähige Punkt in dem Brief von Herrn Loch. Insgesamt läuft seine Kritik zum Großteil am „Echo“ vorbei und verfängt sich leider bei den hier nominierten Künstlern, wobei der Kern seiner Kritik völlig unklar bleibt. Die Künstler-Aufstellung hat selbstverständlich nichts mit einer Beleidigung oder Lächerlichmachung der Beteiligten zu tun. (Im Gegenteil – einige Alben dieser Künstler können sich anhand ihrer Verkaufszahlen durchaus an so manchen Pop-Produktionen messen lassen, erreichen also ein ziemlich großes Publikum und sollten demgemäß auch in der „Echo“-TV-Übertragung ihren Platz finden, was bedauerlicherweise nicht der Fall ist.) Man kann also nur vermuten, dass Herr Loch an dieser Stelle eine Diskussion darüber wünscht, welche musikalischen Spielarten sich als „Jazz“ bezeichnen dürfen und welche nicht. Ist der deutschsprachige Jazz-Schlager von Götz Alsmann noch Jazz? Haben die Songs von Solveig Slettahjell und Silje Nergaard nur jazzige Anleihen oder ist das „echter“ Jazz? Gehört ein swingendes Weihnachtsalbum von Diana Krall ins Jazz-Regal der Händler? Wann haben Produktionen von Jamie Cullum etwas mit Jazz zu tun? Oder auch die von Nils Landgren oder Rebekka Bakken? Wieso wurde Norah Jones von vielen Medien zum Jazzstar gekürt, als auch seinerzeit die Alben des Buena Vista Social Club dazugezählt? Und was hat das alles noch mit Charlie Parker zu tun? Ich will diese Fragestellungen hier beileibe nicht bagatellisieren, allein der Umfang der möglichen Fragen sprengt hier völlig den Rahmen. Man sollte vielleicht sogar eine solche Diskussion wieder verstärkt führen. Und das können wahrscheinlich die Kritiker in den Feuilletons und Jazzmagazinen viel besser als jemand wie ich, der sich vornehmlich mit Vermarktung beschäftigt und sich ja eher freut, wenn gerade die Grenzgänger dem Genre so manche Tür aufstoßen. Es wäre doch überaus spannend, herauszufinden, ob eine solche Diskussion am Ende tatsächlich die Jazz-Auswahl für eine „Echo“-Verleihung verändern würde. Was ich sehr bezweifle, denn die Spielarten des Jazz sind eben einfach extrem vielfältig. Zu guter Letzt noch der Hinweis, dass es natürlich für alle, die eine rein inhaltlich-künstlerische Bewertung ihrer Produktionen bevorzugen, immer noch die sehr engagierte Jury des Preises der deutschen Schallplattenkritik gibt. Es existiert also eine echte Alternative sowohl für Jazzproduzenten, ihre Künstler als auch für ihr Publikum. Niemand wird gezwungen, auf den „Echo“ zu schauen, man kann sich dem Rummel selbstverständlich auch entziehen, sollte aber den nominierten Künstlern nicht das gleiche Los aufzwingen. Astrid Kieselbach Universal Music Jazz
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