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Der Jazz steckt voller Mythen. Oft wird dadurch der Blick für’s Wesentliche getrübt. Nehmen wir als Beispiel Glenn Miller. Noch immer gilt seine Big Band für viele als großes Swingorchester, und sein bekanntester Hit „In the mood“ stammt natürlich von ihm.Beides ist falsch.Er hatte ein gutes swingendes Tanzorchester, aber ohne gute Solisten; darauf legte er auch keinen Wert. Ein Fehler, denn auch ein Tanzorchester profitiert von Solisten, die zumindest die Tänzer mit guten Ohren mitreißen. Das Thema von „In the mood“ stammt von dem Tenorsaxophonisten Joe Garland, der es für die Big Band von Edgar Hayes arrangierte, die das Stück im Februar 1938 aufnahm: ein langweiliges Thema, simpel arrangiert und ziemlich eckig gespielt. Ein Jahr später schrieb Bill Finnegan für Glenn Miller ein wesentlich besseres Arrangement; die erste Aufnahme, ebenfalls deutlich besser gespielt, wurde im August 1939 gemacht. Aber gegen zahllose Swingtitel anderer Orchester fällt das Stück stark ab, was soll man auch mit so einem monotonen Thema anfangen? Dass seine Grundstruktur schon in früheren Aufnahmen anderer Gruppen vor 1938 auftauchte, ändert nichts an seiner Belanglosigkeit. Und doch war gerade dieses Stück nach 1945 bei uns ungemein beliebt. Ich habe Leute getroffen, für die der Jazz zuerst und vor allem aus „In the mood“ bestand. Niemand von ihnen konnte mir erklären, warum. Wahrscheinlich war es gerade die simple Struktur des Themas. Wie schade, der Weg zu Besserem war verstellt. Joe Viera
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