Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Eigentlich war damals im Jahr 2000 nur ein kurzer Aufenthalt im Big Apple geplant. Sabina Sciubba ist im ersten Jahr des neuen Millenniums nach New York geflogen, um ein paar Kontakte zu knüpfen, sich mal umzusehen und umzuhören. Lang hat es nicht gedauert, bis sich die heute 30-Jährige entschloss, auf der anderen Seite des großen Teichs zu bleiben. Nach fünf Jahren voll finanzieller Entbehrungen aber auch reicher musikalischer Erfahrungen scheint der Ex-Münchnerin nun der weltweite Durchbruch zu gelingen. Vielleicht auch in kommerzieller Hinsicht.
Die Frau, der eine der schönsten und wandlungsfähigsten Stimmen gehört, die je den Mund einer deutschen Jazzsängerin verließ, studierte am Richard-Strauß-Konservatorium und an der Musikhochschule Graz Gesang, ist Trägerin des Förderpreises für Musik des Kulturreferats der Stadt München und Gewinnerin des „Concorso Internationale di Musica Libera a Roma“. Die Tochter eines Römers und einer Berlinerin war an der Seite ihres Bruders Christian (heute ein umjubelter Flamenco-Gitarrist, der als „El Sciubba“ Karriere macht) eine Zeit lang Soap Opera-Star beim Marienhof und wurde auf der anderen Seite für ihre Duo-Einspielungen mit Paulo Cardoso und Antonio Forcione von der Kritik umjubelt. Seit sie München verließ, um erst zu ihrer Mutter in die Nähe von Nizza zu ziehen und später von dort aus nach New York zu gehen, hat man hierzulande nicht mehr viel von ihr mitbekommen. Das wird sich nun wohl ändern. 2005 könnte Sabina Sciubbas Jahr werden. Auf Me’Shell NdegéOcellos neuer CD „The Spirit Music Jamia: Dance Of the Infidel“ (Universal) ist sie mit einem eigenen Stück vertreten („Aquarium“), das sie auch selbst singt. Sabina Sciubba befindet sich auf dem Album in illustrer Gesellschaft. Zum Line Up der CD gehören Jazzgrößen wie Cassandra Wilson und Lalah Hathaway, Kenny Garrett, Oliver Lake, Don Byron, Wallace Roney oder Josh Roseman. Noch mehr Publizität wird ihr aber sicher ihre Band „Brazilian Girls“ bringen, die manch ein Kollege schon als hippester Act des Jahres auserkoren hat. Das multistilistische Quartett, das sich im New Yorker Club NuBlu auf eine internationale Karriere vorbereitete und dessen Mitglieder schon Bebel Gilberto, John Scofield oder Harry Belafonte mit Klängen versorgte, lässt einige Journalisten bei der Genre-Einordnung leicht verwirrt zurück. Meist liest man im Zusammenhang mit den Brazilian Girls häufiger das Wort „Electro Pop“. Wie auch immer sich das nennen soll, was Sabina, Keyboarder Didi Gutman, Bassist Jesse Murphy und Drummer Aaron Johnston da veranstalten – es ist vielschichtige und doch eingängige, manchmal etwas verhuschte, entrückte Musik, in der immer wieder verblüffende Stimmungsbilder aufziehen. Wer die Brazilian Girls hört (das selbst betitelte Album erschien bei Verve Forecast/Universal), würde vermutlich nie auf die Idee kommen, dass die Gruppe in New York zu Hause ist. Klingt irgendwie nach Paris oder einer anderen europäischen Multikulti-Metropole...„Stimmt schon“, sagt Sabina in einem der wenigen ruhigen Momente eines ansonsten chaotischen Durcheinandergesabbels beim Gruppen-Interview in Berlin. „Vielleicht liegt es daran, dass ich fünfsprachig singe, was sonst nicht so ein New Yorker Ding ist, trotz des Melting Pots. Aber vielleicht hat sich New York aber auch geändert – mir scheint, als wäre es viel europäischer geworden.“ Derzeit ist die Gruppe auf einer großen Tour, die sie im April auch nach Deutschland führte. Da konnte man eine leicht durchgedrehte und doch sehr disziplinierte Band erleben, die Tanzbeine und Hirne anregt und eine ehemalige Tochter der Stadt, die auf der Bühne seltsame Hutkreationen (in Berlin war es eine Art Lampenschirm) und Augenblenden trägt, die viel minimalistischer klingt, als wir es aus ihrer Zeit in München kannten und die jetzt unter anderem auch Deutsch singt: „Die Gedanken sind frei“. Text/Foto: Ssirus W. Pakzad
|
|