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Liebe, Hass und Eifersucht, gepaart mit Jazz, Drugs und R&B: Uri Caine rückte mit seinen „Otello Syndroms“ Verdi und Shakespeare in ein neues Licht. Und entfachte bei den trotz Deutschland-Premiere (!) nur knapp 250 Zuhörern einen Sturm der Begeisterung, der im großen, akustisch fabelhaften Saal der Essener Philharmonie freilich etwas verwehte.
Wer im letzten Sommer Uri Caines faszinierende „Mahler“-Bearbeitungen in Essen erlebt hatte, der ahnte zumindest, was ihn bei Othello & Co. erwarten könnte. Und wurde doch von der raffiniert-vielschichtigen Klangwelt dieser tragischen Dreiecksgeschichte überrascht, die der eloquent-elegante Sadiq Bey zwischen Shakespeare und Verdi, Erzähler und Jago changierend in bewegende Worte fasste. Souverän vermied es Uri Caine am Piano, einfach große Oper in Jazz zu übersetzen und präsentierte stattdessen ein buntschillerndes Gebräu, das Joyce Hammann (Geige), Ralph Alessi (Trompete) und Achille Succi (Klarinette) über den federnden Rhythmen von Tim Lefebvre (Bass) und Zach Danzinger (Drums) ebenso delikat wie akkurat ausbreiteten. Neutönerisches funkelte da neben klassischem Klanggut, der Oud-Virtouse Dhafer Youssef setzte in bester Sufi-Sänger-Tradition wenige, schöne Akzente, zirpende Samples der italienischen Elektroniker Stefano Bassanese und Bruno Fabrizio Sorba spielten lustvoll mit Zitatfetzen, derweil Julie Ezelle Patton als Desdemona bunte Papierpüppchen hin- und herschob, schließlich aber doch noch ihren großen Moment als kraftvolle Rezitatorin hatte. Und doch brauchten die Zuhörer auf die Grandezza italienischer Opernkunst nicht ganz zu verzichten. Gab der Rhythm&- Blues-Star Bunny Sigler mit großer Geste doch einen fabelhaften Tenor bis in höchste Lagen, shoutete über Caine’s packendem Tastenzauber hinreißend und starb zum Finale als Othello einen dramatisch inszenierten Heldentod von beinahe Wagner’schem Pathos. Ein sensationelles Konzert, eine beeindruckende Tour de force durch die Musikgeschichte, fabelhaft amalgamiert von Uri Caine, der sich an diesem denkwürdigen Abend einmal mehr selbst übertraf. Auf die CD-Fassung seiner „Otello Syndroms“, die er wenige Tage später in Detmold für das Münchener Label Winter & Winter einspielte, darf man schon jetzt gespannt sein. Sven Thielmann |
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