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Jazzzeitung

2005/03  ::: seite 13

portrait

 

Inhalt 2005/03

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / News / break
no chaser:
An den jungen Kollegen (E-Mail 3)
jäzzle g’macht: Wenn sich Musiker zuhören
jazzfrauen-abc: Eliane Elias
farewell: Abschied von Artie Shaw, dem letzten Giganten der Swing-Ära / Die Jazzzeitung verabschiedet sich von ...


TITEL / DOSSIER


Titel: Keine Soundlöcher bei Soulbop
Bill Evans und Randy Brecker spielen wieder zusammen
Dossier. Jazz in Polen
Die Neuen Spielmacher
Jungstars aus Polen: Adam Pieronczyk und Leszek Mozdzer
Jazzfestivals in Polen 2005
Jazzclubs in Polen (Auswahl)


BERICHTE


Jazz hilft: eine Spendenaktion für Südostasien in Berlin // Europas Jazzstars beim 20. Internationalen Jazzfestival in Münster // Die erste Regensburger Scheibenjury tagte im Leeren Beutel // Konrad und Tüür komponieren für Big Band und Sinfonieorchester


 JAZZ HEUTE

Leserbrief: Ist Jazz denn Freiheit?
Leserbrief zum Artikel „Jazz ist Freiheit“ von Gilad Atzmon
Leserbrief: Es wird weitergespielt
Zum Bericht Abbi Hübner Jubiläumskonzert


 PORTRAIT / INTERVIEW


Gitarrist und Komponist Gábor Gadó // Multiinstrumentalist und Komponist Nicolas Simion // Geburtstag von Al Jarreau // Saxophonist Stephan-Max Wirth


 PLAY BACK / MEDIEN


Playback.
So klingt Sonet
Eigenproduktionen aus den Jahren 1973 bis 1985
DVD.
Serie „Live at Montreux“ zeigt die besten Konzerte des Festivals
DVD. Norman Granz’ „Jazz in Montreux“
CD. CD-Rezensionen 2005/03
Bücher. Wiener Free-Jazz-Avantgarde ausführlich dokumentiert
Bücher. Neue Bücher amerikanischer Jazzkritiker
Noten. Neues Notenmaterial für Pianisten und Gitarristen
Instrumente. All-In-One-P.A. von Phonic
Medien. link-tipps


 EDUCATION

Abgehört 32. Hommage an den grossen Miles
Dave Hollands Solo über „Pfrancing“
Sunday Night in Zagreb
Jeunesses Musicales International plant World Youth Jazz Orchestra
Kurse // Ausbildungsstätten in Deutschland (pdf)


SERVICE


Critics Choice

Service-Pack 2005/03 als pdf-Datei (Kalender, Clubadressen, Jazz in Radio & TV (264 kb))

Balkan-Jazz und weit mehr

Der Multiinstrumentalist und Komponist Nicolas Simion

Es war zwar nur der kleine Sendesaal im Funkhaus des WDR am Kölner Wallraffplatz, aber für Nicolas Simion war es doch Anerkennung, Genugtuung – und ein Heidenspaß zugleich, als er – im letzten Herbst – als Stargast der WDR Big Band einen fulminanten, viel umjubelten Konzertaufritt erleben konnte. Bill Dobbins, von 1994 bis 2002 Chef des renommierten Orchesters, war extra aus den Staaten angereist, um die Ideen und Kompositionen Simions in mitreißende Big-Band-Arrangements umzusetzen.

Multiinstrumentalist und Komponist Nicolas Simion

Multiinstrumentalist und Komponist Nicolas Simion

Seit 1997 lebt der rumänische Multiinstrumentalist, Komponist, Arrangeur und Bandleader Nicolas Simion (45) nun in Köln, ist auch vielen Fans in der Szene bekannt, nicht nur im Rheinland, auch in Österreich, wo er nach seiner Flucht aus seinem Heimatland 1988 lebte und musizierte, in Bulgarien, Griechenland und Rumänien ohnehin, aber auch in Japan, wo er mehrfach gastierte, einmal im Duo mit der Pianistin Yoko Gulda (Ex-Frau von Friedrich Gulda). Doch trotz Gastspielen etwa in München und Berlin, trotz hochinteressanter CDs mit Stars wie Mal Waldron, Lee Konitz, Tomasz Stanko, Dusko Gojkovic, Gunther Schuller, scheint ihm der wirkliche Durchbruch in Deutschland noch nicht gelungen zu sein.

Simions Hauptinstrument ist das Tenorsaxophon, das er mit einem vollen warmen Ton spielt, aber auch in extreme Höhen schrauben kann, wenn ihn gewissermaßen der Free Jazz-Furor packt, was nicht selten geschieht („Coltrane und Rollins haben mich am meisten geprägt, aber ich höre jetzt auch mehr und mehr Lester Young, weil der mit einfachen Mitteln genau soviel sagt...“). Fast gleichwertig zum Tenor gehört seine Liebe dem Sopran und der Bassklarinette. Dass er die typischen Holzblasinstrumente der balkanischen Volksmusik wie Tarogato, Tilinka, Kaval und die B-Klarinette beherrscht, versteht sich aufgrund seiner Herkunft fast von selbst.

„Balkan Jazz“ lautet der schlichte, doch programmatische Titel einer seiner besten CDs, andere Aufnahmen nannte er „Transsylvanian Dance“ und „Black Sea“, und zweifellos leistet Simion auf dem Gebiet der Verschmelzung von Melodien aus dem reichen Schatz der Volksmusik Südosteuropas mit dem Jazz Großartiges, fast schon Geniales, denn er versetzt die Folklore nicht nur mit Jazz-Elementen, wie es auf dem Balkan selbst zur Mode geworden ist, vielmehr versucht er „eine Synthese zu erzeugen zwischen den drei großen Richtungen: Volksmusik, Jazz und Musik des 20. Jahrhunderts“, so Simion im Gespräch.

Mit Folklore und Jazz auch Elemente klassischer oder Neuer Musik zu verbinden, das sei ihm am besten auf der Trio-CD „Back to the Roots“ mit zwei amerikanischen Kollegen gelungen (Peter Perfido dr und Glen Fisher b). Ins Schwärmen gerät Nicolas Simion, wenn er von seiner Zusammenarbeit mit Mal Waldron erzählt, von ihren Konzerten und vor allem vom Auftritt im Kölner „Loft“ (1998), festgehalten auf der wunderbaren CD „Art of the Duo – The Big Rochade“. Mit Mal habe er versucht, „an die Grenze zu kommen, zu dieser neuen improvisierten Musik, da gibt es ein paar Stücke...“ – seine Worte bleiben in der Luft hängen, wie manche der Klänge, die den beiden damals gelangen, luzid, fast abgeklärt.

Ein verpflichtendes Erbe für den in Brasov/Kronstadt und Bukarest klassisch ausgebildeten Nicolas Simion stellen die Werke Belá Bartóks und George Enescus dar, die beide aus den Quellen der Volksmusik ihrer und anderer Völker geschöpft haben, wodurch sich für ihn ein magischer Kreis schließt. Das kommt nicht nur in Jazz-Titeln wie „Hommage a Belá Bartók“ oder „Bartok Goes To New Orleans“ zum Ausdruck, sondern auch in seinen notierten Kompositionen wie der Ballettmusik „The Unfinished Square“, für die er 1996 den Theodor-Körner-Förderpreis erhielt, oder die Auftragskomposition „Canzoniere Sacrale“ für Orchester und Jazz Combo, mit der im März 1999 die renovierte Ruprechtskirche, die älteste Kirche Wiens, wieder eröffnet wurde.

Aber vor allem, so Nicolas Simion, sei er eben doch ein Jazzer. Und, fügt er lächelnd und ein wenig selbstironisch hinzu, was den Durchbruch anbelange – auch ein Joe Henderson, ein Mal Waldron, ein Lee Konitz hätten lange warten müssen, ehe sie wirkliche Anerkennung gefunden haben…

Dietrich Schlegel

CD-Tipps

Nicolas Simion Group Live feat. Lee Konitz, ORF, 2001
Mal Waldron/Nicolas Simion: Art of the Duo – The Big Rochade, TUTU, 1998
Nicolas Simion Group feat. Dusko Gojkovic: Balkan Jazz, Intuition, 2001
Nicolas Simion Quartett feat. Tomasz Stanko: Diner for Don Carlos TUTU, 1993
Jancsy Körössy & Nicolas Simion Group : Sweet Home, Muzica Bukarest, 2001


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