Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Die Festivalkarte als Weihnachtsgeschenk, allein schon diese verbreitete Sitte in der westfälischen Hauptstadt Münster, macht die große Akzeptanz des Internationalen Jazzfestivals deutlich, das in diesem Jahr seinen 20jährigen Geburtstag beging. Seit 26 Jahren existiert es und hat sich in den letzten Jahren auf einen 2-Jahres Rhythmus umgestellt.
Auch in diesem Jahr war es im städtischen Theater, und zwar im Großen wie im Kleinen Haus ausverkauft. Jeder der drei Abende hatte eine eigene Struktur, ließ die unterschiedlichen Entwicklungen im europäischen Jazz beziehungsweise den Genres, die von ihm beeinflusst wurden, oft regelrecht aufeinanderprallen. Den US-Star unter den aktuellen Saxophonisten, Bennie Wallace, zwischen dem Ruhrgebiets – „Punk-Jazz“ von Jan Klares Autofab und dem Auftritt der griechischen Ausnahme Vokalistin Savina Yannatou zu setzen, spricht insoweit Bände. Man konnte auch mit Hilfe des eigenen Kompasses die Wege entlanggehen, die die europäische Improvisierte Musik in den letzten Jahrzehnten gegangen ist, in Deutschland die Free Jazz Eruptionen, hier vertreten durch Joachim Kühn mit einem Festival-Quintett unter anderem mit Rudi Mahall oder Cristoph Marguet oder den zwei Meistern der freien Improvisation, den Posaunisten Conny Bauer und Nils Wogram. Auch die traditionelle Seite des modernen Jazz kam im Eröffnungskonzert mit „Thärinches Tentett“ zum Zuge, bei dem der Sänger Michael Schiefel mit seiner hochlagigen und klaren Stimme deutlich darüber hinaus ging. Das junge finnische Ilmiliekki Quartet bewegte mit einem sehr einfühlsamen Auftritt die Gemüter, während das englisch-norwegische Duo Ian Bellamy/Stian Carstensen ein Saxophon – Akkordeon Zwiegespräch mit viel Funkeln im Augenwinkel darbot. Gut ist es um die eigene Szene bestellt, belegt durch den Auftritt von
„Die Konferenz“, Preisträger beim Wettbewerb „Westfalen
Jazz“, und auch noch kürzlich bei den Berliner Jazztagen zu
hören. Dass Fritz Schmücker, seit 20 Jahren der künstlerische Leiter, eine Vorliebe für Mediterranes hat, ist bekannt. Dieses Mal gelangen ihm einige Treffer ins Schwarze, vor allem mit dem Trio Lucilla Galeazzi, Gesang, Michel Godard, Tuba und Serpent, und Gavino Murgia, Oberton-Vokalist aus alter sardischer Tradition. Bewegende, vor allem vokale Ausbrüche voller Emotionen begeisterten das Publikum. Der Höhepunkt kam mit dem Finale und Geburtstagskonzert, dem Auftritt des Banda-Ensembles, der 40köpfigen „Banda Citta Ruvo di Puglia“ aus Apulien ganz im Süden Italiens. 1996 war das Projekt auf den Donaueschinger Musiktagen aufgeführt worden und seitdem fast in Vergessenheit geraten, hätte Fritz Schmücker es als ein herausragendes Beispiel des Zusammentreffens verschiedener musikalischer Entwicklungen nicht neu aktiviert. Die 40 Amateur-Bläser und Trommler, zudem hervorragende Laienschauspieler, versetzten das Münsteraner Publikum in einen Begeisterungsrausch, zunächst mit einem Mittagskonzert und italienischen Opernarien. Im Abschlusskonzert gesellten sich mit Willem Breuker, Gianluigi Trovesi, Michel Godard, Pino Minafra, Lucilla Galeazzi und Antonello Salis einige Größen der europäischen Improvisierten Musik mit ihren Kompositionen hinzu, die das Amateur-Ensemble in eine herausragende Gemeinschaft von Meistern moderner Blasmusik voller harmonischer und rhythmischer Brüche und immer wieder glanzvoller Rückgriffe auf die schlichte Schönheit der italienischen Klassik verwandelten. Vor allem Willem Breuker tat sich durch gigantische Dirigentenkunst mit zirzensischen Einschlägen hervor. Pino Minafra, der Initiator des Projekts in Ruvo, führte mit großem schauspielerischem Geschick durch das Programm. Die überwältigende Bühnenschau ließ dieses Jubiläums-Finale zu einem unvergessenen Ereignis werden. So hat das Festival in Münster, unterstützt durch viele Partner, unter anderem der WDR, wieder einmal seine besondere Stellung in der Festivallandschaft eingenommen. Hans-Jürgen von Osterhausen |
|