Hohe Säulen durchfluten das Restaurant Felix mit
hellem Licht. An Berlins feinstem Platze dreht sich zwischen den Lichtsäulen
wie auf einer Raumschiffplattform die „Smooth Jazz Berlin Project
Band“, umgeben von speisenden Zuhörern. Alle Augen liegen auf
der Sängerin, während Kellnerinnen wie Schatten durch das Bild
huschen, um erlesene Speisen und Getränke zu den Tischen zu bringen.
Veranstalter Michael Mueller von „Smooth Jazz Berlin“ erfüllt
sich mit den „Dinner Listenings“ im Felix einen Traum. Er
möchte den relativ jungen Musikstil „Smooth Jazz“ aus
den USA nach Europa importieren und mit einem eigenen Radioprogramm, mit
Live-Events und Fernsehproduktionen von Berlin aus bekannt machen.
Jazzzeitung: Was versteht man unter Smooth Jazz?
Michael Mueller: Der Begriff „fließend“ beschreibt
den Sound am besten. Die meisten Songs haben weiche, sanfte Melodien.
Der Begriff wurde von Journalisten geschaffen, die Künstler unterschiedlichster
Genres, aber mit ähnlichen Sounds unter ein Motto zusammenfassen
wollten. Das Etikett hat eine Eigendynamik entwickelt, sodass heute Künstler
explizit von sich sagen: „Ich mache Smooth Jazz“.
Jazzzeitung: Wie kam es zu der Überlegung aus dieser relativ
neuen Musikrichtung die Geschäftsidee „Smooth Jazz Berlin“
zu entwickeln?
Mueller: Die Idee kommt aus den USA. In Kalifornien sendet die
Radiostation „The Wave“ rund um die Uhr Smooth Jazz.
Ich war eine zeitlang beruflich stark in Kalifornien engagiert und ich
habe es sehr genossen dem Sender zuzuhören. Ich kam zu der Überzeugung,
dass viele Menschen in Deutschland gerne so eine Musikauswahl hören
würden. Also habe ich mir in USA einen Partner gesucht, der seine
Erfahrung in die Musikauswahl einbringt, während ich als gelernter
Webdesigner das Format über das Internet vermarkte. Die Eventproduktion
wird von dem TV-Produzenten Matthias Börner geleitet.
Jazzzeitung: Gibt es hierzulande genug Menschen mit Ohren für
Smooth Jazz?
Mueller: Smooth Jazz ist handgemachte Musik, wie sie in der heutigen
total hektischen TV- und Radiolandschaft zur Hauptsendezeit kaum noch
vorkommt. Unsere Hörer wollen sich ganz bewusst vom Radio-Mainstream
mit immer denselben aktuellen Hits abkoppeln und einfach Musik genießen.
Smooth Jazz Berlin ist gedacht als eine „Oase für die Ohren“.
Jazzzeitung: Wie unterscheidet ihr euch vom Jazzradio Berlin?
Spielt dieser Sender nicht ähnlich softe Musik?
Mueller: Ich habe den Geschäftsführer von Jazzradio Berlin
Anfang des Jahres auf Smooth Jazz angesprochen. Er hat zu mir gesagt:
„Das interessiert mich nicht, das ist kein Jazz.“ Heute gibt
es zwei Smooth Jazz-Abende bei Jazzradio Berlin, weil deren Marktanalysen
das Potential dieser Musik bestätigen.
Jazzzeitung: Ihr wollt die Musik aber auch direkt zu den Menschen
bringen und richtet seit Anfang des Jahres sogenannte „Dinner Listenings“
im Restaurant Felix im Souterrain des Hotel Adlon am Potsdamer Platz in
Berlin aus.
Mueller: Die Idee der „Dinner Listenings“ mit Special
Guest erweitert unser Gesamtkonzept um Live-Veranstaltungen. In einer
angenehmen Umgebung gibt es erstklassiges Essen, das von unserer eigens
zusammengestellten Smooth Jazz-Hausband begleitet wird. Weil wir über
eine wirklich erstklassige Band verfügen, können wir berühmte
ausländische Smooth Jazz-Solisten zu vertretbaren Kosten nach Berlin
holen. Das „Smooth Jazz Berlin Project“ wird auch zunehmend
auf Tour gehen und Ableger bilden.
Jazzzeitung: Was unterscheidet euch positiv von weniger erfolgreichen
Start-Ups?
Mueller: Smooth Jazz Berlin ist eine klassische GmbH, die auf drei
Säulen steht: Internetradio, „Dinner Listenings“ und
Konzertproduktionen mit der Option auf Fernsehproduktionen. Die zwölfmonatige
Testphase erstreckt sich über das gesamte Jahr 2004, während
der wir zunehmend selbst Konzerte veranstalten. Perspektivisch wollen
wir diese Konzerte digital aufzeichnen und gegen Gebühr auf unserer
Website zum Download anbieten.
Als Webdesigner habe ich in den vergangenen Jahren miterlebt, wie Millionen
Euros als Venture Capital verbrannt wurden. Unser Unternehmensmodell hingegen
hat in USA längst gezeigt, dass es funktionieren kann. Dort werden
für einen 45-minütigen TV-Download zehn Dollar bezahlt. Mit
fünf Millionen DSL-Anschlüssen werden auch in Deutschland allmählich
die technischen Voraussetzungen für diese Konstellation geschaffen.
Wenn wir dieses Angebot erfolgreich etablieren, verdiene ich Geld im Schlaf.
Interview: Al Weckert
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