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Liest man im Münchener Kultusministerium die Jazzzeitung? Oder hat man einfach von sich aus nach 100 Jahren die Bedeutung des Jazz in der Musik und Musikerziehung erkannt? Noch im Dezember hatten an dieser Stelle die Vertreter der Lehrer-Bigband-Bayern bedauert, dass es am Salvatorplatz zu wenig Interesse an der Förderung des Jazz an Bayerns Schulen und nicht einmal einen Jazzbeauftragten gebe. Und flugs reagierte man dort und teilte den Schulen Mitte Mai mit: „Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus hat mit Wirkung vom Februar 2004 Herrn Erich Mayer als Landesbeauftragten für Jazz an allen Schulen in Bayern bestellt. Seine Aufgabe wird es sein, die Koordination der an den Schulen bestehenden Jazzgruppen zu übernehmen, Netzwerke zu bilden und einzelne Fortbildungsangebote speziell für Jazz-Ensembles zu entwickeln.“ Ein längst fälliger, erfreulicher Schritt. Die zugehörige Erkenntnis hat allerdings leider längst noch keinen Niederschlag in den Lehrplänen der bayerischen Schulen und Hochschulen gefunden. Im Gegenteil: Dort wird der Musikunterricht allgemein zunehmend beschnitten, trotz aller wissenschaftlichen Erkenntnisse über dessen Bedeutung für die geistige und soziale Entwicklung der Kinder. Und mit der Einführung des 8-jährigen Gymnasiums mit dem im September beginnenden Schuljahr ist zu befürchten, dass das Interesse am Instrumentalunterricht und damit die Mitwirkung in schulischen oder auch außerschulischen Bands mit der verkürzten Frei- und verlängerten Unterrichtszeit der Schüler/-innen deutlich abnehmen wird. Schon jetzt leiden viele Jazzbands an Schulen an Auszehrung, kommen Bigband-Besetzungen nicht mehr zustande, weil Instrumentalisten fehlen. Auch da gibt es für den neuen Jazzbeauftragten also viel zu tun. Ein Grund der Misere ist im KuMi hausgemacht: Seit die sogenannte Budgetierung an den Gymnasien die Möglichkeiten für Wahlfächer und die Bildung von Kursen stark eingeschränkt hat, wandern gute Musiker häufig an andere Gymnasien ab, bevorzugt an musische, wenn an ihrer Schule kein Musik-Leistungskurs oder wenigstens Grundkurs gebildet werden kann. Erich M. Mayer hat es da besser. Seit 1982 unterrichtet er an Münchens einzigem musischen Gymnasium, dem Pestalozzi-Gymnasium, Klavier, 1984 gründete er dort einen Jazzchor und eine Big Band. Und da kann er nicht nur die Früchte der eigenen intensiven Arbeit mit dem und für den Jazz ernten, sondern manchmal auch die seiner Musiklehrer- und Bigbandleiter-Kollegen an anderen Gymnasien. Aber das soll natürlich seine Verdienste um den Jazz an seiner Schule und darüber hinaus um den Jazz in der Landeshauptstadt in keiner Weise schmälern. Den stellte er am Ende des vergangenen Schuljahres bei „20 Jahre Jazz am Lozzi“ eindrucksvoll unter Beweis. Nur Zufall, dass er dieses Jubiläum kurz nach seiner Ernennung begehen konnte? Das zwanzigjährige Bestehen der von ihm gegründeten und geleiteten Schulensembles Big Band und Jazzchor wurde mit einem abendlichen Jubiläumskonzert in der Turnhalle und einem kleinen Festival auf dem Schulhof gefeiert. Dabei traten neben den derzeitigen Formationen Lozzi-Big Band, Jazzchor und Combo auch eine Reihe von professionellen jungen Musikern mit ihren Ensembles auf, die aus dem Pestalozzi-Gymnasium und damit aus der Schule von Erich Mayer und seinen Kollegen und Mitstreitern Posaunist und Trompeter Christofer Varner und Saxophonist Ingo Erlhoff hervorgegangen sind. Dazu gehörten die Pianistin Antje Uhle mit ihrem Jazztrio und die Saxophonisten Gregor Bürger, mit seiner Big Band „Earforce“, und Max Tiller, mit seiner Band „SoulParty“. Neben diesen konnten sich bereits auch eine Reihe anderer Ehemaliger des Lozzi über den lokalen Raum hinaus einen Namen in der Jazzszene erspielen: Schlagzeuger Maurice de Martin (ex Brother Virus), die Saxophonisten David Jäger, Edith Steyer, Florian Trübsbach und Merit Ostermann, die als Schauspielerin und Sängerin bekannt wurde. Zu den weiteren Erfolgen dieser intensiven Jazz-Musikerziehung gehören CD- und Rundfunkaufnahmen, ein 2. und ein 3. Preis der Big Band bei „Jugend jazzt“, Mitspieler im Bundesjugend-Jazzorchester und im Landesjugend-Jazzorchester Bayern, und neben den jährlichen Sommerkonzerten an der Schule öffentliche Auftritte der Schulensembles bei zahlreichen Anlässen, häufig übrigens auf Einladung des Kultusministeriums. Dort kennt man Erich M. Mayer und seine erfolgreiche Jazzerziehung also schon länger. Und der neue Landesbeauftragte für Jazz an den Schulen sollte nach 20 Jahren Praxis wissen, worum und wie es geht, auch wenn die Probleme an Haupt- und Realschulen und vielen anderen Gymnasien ungemein größer sein dürften als am jazzenden Pestalozzi-Gymnasium. Was er unter erschwerten Bedingungen, wie oben angedeutet, in Zukunft landesweit tatsächlich bewegen kann, wird sich zeigen. Hilfe und Unterstützung können die vielen jazzenden Einzelkämpfer häufig dringend gebrauchen, zumal nicht jeder Schulleiter dem Jazz und jazzenden Lehrern und Schülern aufgeschlossen gegenüber steht. Geplant hat Erich M. Mayer bisher Fortbildungen, Begegnungen und Konzerte, Hilfe bei der Auswahl von Unterrichtsmaterialien, Gesprächskonzerte. Als erstes konkretes Projekt hat er die Leiter/-innen aller Schul-Jazzensembles zu einer Konzertreihe eingeladen, die er in Zusammenarbeit mit der Bundesgartenschau 2005 in München veranstalten will. Im Zeitraum zwischen 28. April und 9. Oktober 2005 sollen Jazzensembles bayerischer Schulen an einem festen Tag in der Woche auf der BUGA-Bühne auftreten. Franz Xaver Döginger
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