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Jazzzeitung
2004/10 ::: seite 10
jazz heute
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Ein kleines, jazzschwarzes Heftchen wies schon 2003 darauf hin: „Zehn
Jahre Jazz in der Semperoper“! Und ein Jahr darauf, am 24. August,
fand mittlerweile zum dritten Mal ein Abend einer weiteren Jazzreihe in
der Oper statt: der „Late Night Jazz” in der Semperoper. Der,
dem die sächsische Landeshauptstadt das alles zu danken hat, ist
Roland Beneke, der Geschäftsführende Direktor der Semperoper.
DNN sprach mit dem jazzbegeisterten „Chef der Opernfinanzen”.
Jazzzeitung: Wie kam denn der Jazz in die Semperoper?
Roland Beneke: Ich hatte bereits vor meiner Dresdner Zeit in Leipzig,
wo ich Verwaltungsdirektor der dortigen Oper war, gemeinsam mit dem Jazzpublizisten
Dr. Bert Noglik Jazzkonzerte in der Oper veranstaltet, den Jazz also in
die Oper geholt. Das war wohl im Rahmen der jährlich stattfindenden
Leipziger Jazztage. 1993 wechselte ich nach Dresden, dort hatte bereits
Hanns Matz einiges vorangebracht und das Konzert mit Barbara Dennerlein
1993 war schon vorbereitet. Auch die beeindruckende Pianistin Aziza Mustafa
Zadeh war schon vorgeplant. Deren Konzert 1994 war dann auch ein überwältigender
Erfolg. Zusammen mit Hanns Matz entschlossen wir uns deswegen, daraus
eine Veranstaltungsreihe zu machen. Seither habe ich mich um die Programmgestaltung
von „Jazz in der Semperoper“ gekümmert.
Jazzzeitung: Woher kommt Ihre Liebe zum Jazz?
Beneke: Schon frühzeitig hatte ich Klavierunterricht, übrigens
auch bei der bekannten Pianistin Annerose Schmidt. Fast folgerichtig machte
ich als junger Mensch – von etwa 1956 bis 1964 – Tanzmusik.
Die Band hieß „Jazz for Dancing“, eine verschleierte
Bezeichnung für Boogie und Rock’n’Roll, die ja nicht
gespielt werden durften. Wir traten in vielen Klubhäusern der Leipziger
und Karl-Marx-Städter Region auf. Bald nach dem Studium stellte ich
berufsbedingt das aktive Musizieren ein und begann, Jazzschallplatten
zu sammeln, alles, was ich so kriegen und beschaffen konnte. Die meisten
der da auf Platte präsenten Musiker waren für mich jazzmusikalische
Helden. An persönliche Begegnungen mit ihnen war damals absolut nicht
zu denken. Aber natürlich war immer der dringende Wunsch, diese Jazz-Heroen
live hören zu wollen.
Jazzzeitung: Und als Sie in Dresden – anfangs bis zu dessen
Ausscheiden noch zusammen mit Hanns Matz – Ihre Ideen praktisch
umsetzten, konnten Sie sich diese Wünsche zumindest partiell erfüllen,
oder?
Beneke: Ja natürlich, mit der Realisierung einer solchen Reihe
gingen auch Wünsche in Erfüllung: Clark Terry, James Morisson,
Michel Petrucciani – um nur einige zu nennen. Vor allem aber sollten
freie Tage, die für Opernaufführungen aus logistischen Gründen
nicht in Frage kamen, für zwei Ziele genutzt werden: das schöne
Haus sollte an solchen Abenden dem Publikum nicht verschlossen bleiben
und speziell das Dresdner Publikum sollte bedeutende Jazz-Künstler
in festlichem Rahmen erleben dürfen, die zum überwiegenden Teil
zum ersten Mal in Dresden auftraten. Der zweite Aspekt ist auch so etwas
wie der Anfangsgedanke einer Konzeption für die Reihe.
Jazzzeitung: War nicht auch ein klein wenig Opern-Eigeninteresse
dabei?
Beneke: Klar, wir wollten damit auch an jüngere Publikumskreise
ran, wollten auch auf diesem Wege Menschen unter – sagen wir –
fünfunddreißig, vierzig Jahren für unser Haus gewinnen.
Jazzzeitung: Und der „Late Night Jazz?
Beneke: Mit einer solchen Veranstaltung haben wir nun schon zum
dritten Mal die neue Spielzeit eröffnet – für eine renommierte
Oper wie der unsrigen ein durchaus bemerkenswerter Schritt. Ich freue
mich, dass wir auch bei diesem – für eine Oper relativ ungewöhnlichen
– Jazzthema die volle Unterstützung unseres Intendanten Professor
Gerd Uecker haben. Beim „Late Night Jazz” wollen wir stets
internationale Größen gemeinsam mit bereits akzeptierten Nachwuchsmusikern
und mit Vertretern der jungen Dresdner Jazzszene präsentieren –
bisher ist dieses Konzept gut angenommen worden, auch in diesem Jahr,
als wir die hochdekorierte Sängerin Carla Cook mit ihrer Band vorstellten,
gleichermaßen aber auch den Leipziger Nachwuchssaxophonisten Paul
Kesselbauer, den Hot Club d’Allemagne, die jungen Dresdner Bands
„Dirks & Wirtz“, The Shy Boys, die Saxophonisten Nestor
Scholz, Konstantin Jahn, Christian Patzer und Sergej Weigandt sowie das
Christian Lillinger Quartet.
Interview: Mathias Bäumel
Anmerkung
Der Titel der eingangs erwähnten Broschüre „Zehn Jahre
Jazz in der Semperoper” ist deswegen nicht ganz exakt, weil bereits
1992 ein Jazzkonzert in der Semperoper stattfand – mit der japanischen
Pianistin Aki Takase.
Allerdings war dies offiziell keine eigene Veranstaltung der Oper, sondern
die einer Agentur, die sich für den Abend eingemietet hatte. Dasselbe
gilt für die beiden Konzerte Al Jarreaus im vergangenen Juli.
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