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Jazzzeitung

2002/03  ::: seite 10

jazz heute

 

Inhalt 2002/03

standards
Editorial
News
no chaser: Profi-Piraten
Musiker-ABC: Louis Armstrong
Farewell: Zum Tode des Pianisten Tommy Flanagan
Farewell: Zum Tod von Miss Peggy Lee
Farewell: die jazzzeitung verabschiedet sich von ...
break

titel
Kentucky, Kirche, McCann
Les McCann: Neues Album, dennoch der alte Groove

berichte
Leipzig. Etta Cameron mit Band und Gewandhauschor
Leipzig. Die Plakateure gastierten in der alten Nikolaischule
München. Das Philip Catherine Quartett am Gärtnerplatz
Regensburg. Wolfgang Haffner und Band beim Jazzclub im Leeren Beutel
Stuttgart. Mike Svoboda mit einer Show für Erwachsene
Weiden. Keith Smith’s Hefty Jazz Allstars beim Jazz-Zirkel-Weiden
Westallgäu. Grenzenlos

jazz heute
  Angekündigter Abschied
Das Allgäuer Jazz Meeting gibt auf
  Donauwellen
Ein Festival zieht um

portrait / interview
Portrait. Charly Augschöll und seine Formation „Hotline“
Portrait. Nat „King“ Cole hätte am 17. März seinen 83. Geburtstag gefeiert
Portrait. Wolfgang Hirschmann und die WDR Big Band
Portrait. Sirenen aus dem hohen Norden

play back.
Das Leben als Show
DVD-Box dokumentiert das Bühnenleben Sinatras

education
Fortbildung. Kurse
Abgehört 4
Ein Solo von Eddie Gomez über den Song „You Must Believe In Spring“
Hören, Sehen, Erzählen
Lehr- und Spielbücher für Kinder kurz vorgestellt

dossier
Brennpunkt und Weitwinkel
Gültigkeit des Augenblicks: der Fotograf Matthias Creutziger

medien/service
Critics Choice
Internet. Link-Tipps
Rezensionen 2002/03
Service-Pack 2001/12 als pdf-Datei (kurz, aber wichtig; Clubadressen, Kalender, Jazz in Radio & TV, Jazz in Bayern und anderswo (550 kb))

 

Angekündigter Abschied

Das Allgäuer Jazz Meeting gibt auf

Das Ende des Allgäuer Jazz Meetings scheint besiegelt. Der bisherige künstlerische Leiter und Motor des Festivals in Kaufbeuren und dem Ostallgäu, Tiny Schmauch, hatte schon am Ende des letzten Meetings im vergangenen November verkündet, dass er nicht mehr mag. Zuletzt musste er das vierwöchige Festival fast im Alleingang organisieren, da aus dem Trägerverein, der Allgäuer Jazz Initiative (AJI), kaum noch Unterstützung gekommen war. Schmauch, der auch Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Jazz (LAG) ist, fühlte sich am Ende der zehnten Auflage ausgebrannt. Bei der Hauptversammlung der AJI im Januar fand sich kein Nachfolger für ihn.

Dennoch fiel der Allgäuer Jazz Initiative der Abschied schwer. Die Hauptversammlung glich einer Beerdigung, bei der verzweifelt versucht wird, die Leiche wieder lebendig zu reden. Doch allen Beschwörungen zum Trotz: Das Aus scheint endgültig, ein Lazarus-Wunder ist nicht in Sicht. Denn es ist niemand in Sicht, der mit ähnlicher Leidenschaft, Übersicht und Arbeitswut wie Tiny Schmauch das Festival am Leben erhalten könnte. Darüber täuschen auch die vielen Beileidsbekundungen nicht hinweg, die Schmauch in der Zwischenzeit erhalten hat.

Nach zehn Jahren Jazz Meeting will Tiny Schmauch lieber mehr spielen als organisieren.
Foto: Martin Hufner

Warum starb das ehrgeizige Projekt, künstlerisch anspruchsvollen Jazz ins (Ost-)Allgäu zu holen? Zwei einfache Antworten lauten: Es wollten nur wenige Menschen diese Musik hören. Und: Es wollten zu wenige Jazz-Fans bei der Organisation mithelfen. Warum aber funktionieren Jazz-Festivals anderswo, etwa gleich nebenan in Kempten, beim Jazzfrühling, der Jahr für Jahr fast komplett ausverkauft ist?

Tiny Schmauch und seine Helfer servierten von Anfang an vor allem moderne Varianten des Jazz. Sehr zur Freude des Fachpublikums. Doch die Massen zog das nicht an. Außerdem versäumten es die Festival-Macher, aus dem Meeting das zu machen, was heutzutage unbedingt notwendig ist: ein Ereignis, ein „Event“, wie es neudeutsch so schön heißt.

Kunst und Kultur alleine genügen immer seltener, Säle zu füllen. Das Drumherum muss stimmen, es muss was los sein. Dann steigen auch Sponsoren ein, wodurch wiederum mehr Geld da wäre fürs Marketing...

Keine Frage, die Allgäuer Festival-Landschaft wird ärmer sein ohne das Allgäuer Jazz Meeting. Vielleicht inspiriert ja sein Dahinscheiden den Kemptener Jazz-Frühling, modernen Spielarten des Jazz abseits ausgetretener Pfade noch mehr Raum zu geben. Dann wäre auch was gewonnen.

Ein Rückblick. Schon im sechsten Jahr des Bestehens schien das Ende des Jazz Meetings nahe. Das 1997er-Festival brachte den Organisatoren ein sattes Minus und dem Verein eine hohe finanzielle Belastung. Diejenigen, die sich engagierten, konnten nicht verstehen, dass ein hochkarätiges und allseits gelobtes Programm vom Publikum nicht angenommen wurde. Doch aus dem „Nie mehr!“ wurde bald ein „Probieren wir’s noch mal.“ Nicht zuletzt der tröstende Zuspruch von Joe Viera und seine Aufforderung „Weitermachen!“ hatten die Leute um den Festival-Motor Schmauch damals angetrieben. Es gab sowohl 1998 ein Festival (das finanziell noch katastrophaler endete) als auch 1999, 2000 und 2001.

Die Idee für ein Jazz Meeting im Ostallgäu wurde zusammen mit der Gründung der AJI geboren. Als 1991 in Kaufbeuren begeisterte Jazzer, Hörer und Veranstalter einen Verein ins Leben riefen, beschlossen sie auch, Konzerte zu organisieren, vielleicht gar ein eigenes Festival. Ein Jahr später war der Vorsatz schon verwirklicht. Die AJI lud ein zum ersten „Kaufbeurer Jazz Meeting“. Ein Wochenende lang gab es Swing, Jazzrock, Bebop und Funk zu hören.

Von da an veranstalteten die Organisatoren (ein erweiterter Kreis um den AJI-Vorstand) jedes Jahr ein Jazz-Treffen und durchschritten dabei einige Höhen und Tiefen – sowohl finanziell als auch emotional.

Das stilistische Motto lautete: Allgäu goes Modern Jazz – immer frisch und frech, auch zeitgenössisch-avantgardistisch. Ausgetretene Pfade sollten beim Meeting wenig beschritten werden. Anbiederung an den Mehrheitsgeschmack kam nicht infrage. Die leichte Musik hatte dennoch ihren Platz bei Dance-Parties, Blues- und Salsa-Konzerten.

„Ein zentrales Anliegen des Jazz Meetings war von Anfang an, neben auswärtigen Jazzern und der Prominenz auch einheimischen Musikern Auftritte zu verschaffen“, sagt Schmauch. Er engagierte deshalb nicht nur Allgäuer und oberbayerische Bands, sondern stellte auch Nachwuchs-Projekte auf die Beine. Das Konzept: Einheimische Musikerinnen und Musiker erarbeiten im Vorfeld des Festivals mit einem renommierten Jazzer ein Konzert für das Meeting. Den Festival-Machern war klar, dass das kein ungefährliches Unterfangen darstellte. Doch sie hielten daran fest, obwohl die Qualität durchaus unterschiedlich gut war.

Was man vom Programm nicht sagen konnte. Es begeisterte Fachpublikum und Experten – etwa Harald Rüschenbaum, der das Festival aufmerksam verfolgte und immer wieder zu Gast war. Weniger gut war dagegen die finanzielle Ausstattung. Über Eintrittsgelder allein (und den großen persönlichen Einsatz etlicher Jazzbegeisterter) war das Meeting nicht zu bezahlen. Die öffentlichen Hände hielten sich anfangs fast völlig zurück und steuerten keine Beträge bei, mit denen große Sprünge zu machen gewesen wären. Aus der Privatwirtschaft flossen unterschiedlich hohe Summen, die zwischen mehreren hundert und wenigen tausend Mark lagen. Der Traum von ein oder zwei Hauptsponsoren ließ sich nie realisieren.

Wechselhaft gestaltete sich der Publikumszuspruch. 1995 dachten die Organisatoren, sie hätten den Durchbruch geschafft. Das „Kaufbeurer Jazz Meeting“ hatte sich zum „Allgäuer Jazz Meeting“ gewandelt. Die Nachbarstadt Marktoberdorf wurde in den Konzertreigen einbezogen, das Festival erstreckte sich nun über mehr als eine Woche. Sponsorengelder flossen reichlich, und mit Dauner & Mariano sowie dem Bundes-Jugendjazzorchester unter Herbolzheimer hatte man Glanzlichter ins Allgäu geholt. Die acht Konzerte waren fast ausnahmslos proppenvoll. „Das Festival wird endlich akzeptiert“, jubelten die Organisatoren – und wurden in den folgenden Jahren auf den bitteren Boden der Tatsachen zurückgeholt.

1997 folgte ein finanzielles Desaster. Das Organisationsteam konnte es gar nicht glauben: Nur 60 Menschen wollten die holländische Sängerin Masha Bijlsma und ihr famoses Quartett hören; ebenso wenig kamen zum Gitarren-Star Nguyen Lê mit Renaud Garcia-Fons am Bass und Percussion-Meister Mino Cinelu. Und im verflixten siebten Jahr, 1998, kam’s noch dicker. Diesmal lief das Sponsoring nicht wie gewünscht. Eine professionellere (und teure) Marketing-Offensive sowie eine weitere räumliche und zeitliche Ausdehnung brachten nicht die erhofften Zuschauerzuwächse. Tiny Schmauch und seine Mitstreiter ließen sich dennoch nicht entmutigen. Auch 1999, 2000 und 2001 organisierten sie ein Allgäuer Jazz Meeting. Allerdings wurden da wieder kleinere Brötchen gebacken und auf große Jazz-Namen verzichtet. Billige und dennoch interessante Bands bestritten das Festival – was den Verein immerhin vor weiteren Löchern im Säckel bewahrte.

Am Ende war Tiny Schmauch zum Einzelkämpfer geworden. Die ursprünglichen Teammitglieder, die das Projekt mit großem Enthusiasmus angepackt hatten, waren nach und nach entnervt oder aus anderen Gründen abgesprungen. Einer, der es im Kreuz gehabt hätte, das Festival künstlerisch zu leiten, war nie und ist nicht in Sicht.

Klaus-Peter Mayr

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