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Urban Life, Rising Sun, Time Out, Simple Life: Von der Originalität der Songtitel dieses Abends auf deren Qualität zu schließen wäre ebenso einseitig wie das Konzert der Wolfgang Haffner Band insgesamt an der harmonischen oder melodischen Komplexität der gespielten Nummern zu messen. Beides hält sich in Grenzen und doch bietet der Auftritt mehr als genug, wenn man sich die Ohren mal so richtig frei pusten lassen will von den Debatten um Kunst und Kommerz, um die wahre Art, den Jazz zu spielen oder um das Zauberwort Fusion, das seit den Siebzigern für alles Mögliche und Unmögliche herhalten muss.
Warum sollte einer, der wie Wolfgang Haffner die meiste Zeit des Jahres schlagwerkend auf Achse oder in illustrer Studiogesellschaft verbringt, sich auch mit Namensgebungen von Stücken oder Stilen abmühen, wenn er doch das machen kann, was ihm und offenbar auch einem großen, jungen Publikum am meisten Spaß macht: Mit Gleichgesinnten den satten Groove zu pflegen. Zumal wenn mit der gleichen Gesinnung auch eine lässige Professionalität einhergeht, die den unbestechlichen Time-Keeper und seine Partner zu einem Soundbad verbindet, das eine Bestuhlung, wie sie der Regensburger Leere Beutel leider immer bereitstellt, eigentlich überflüssig machen sollte: Magnum Coltrane Price, mit saftigem Bass und gelegentlichen Rap-Einlagen; Peter Tiehuis, mit allen elektrisierten Gitarrenwassern gewaschen; Eddie Greene als uneitler Vokalist mit Format; Tony Lakatos, mit gewohnt, aber gänzlich unroutiniert explosivem Saxophondruck. Vladislav Sendecki an den Keyboards zieht als Einziger einen Zwischenboden ins funkig-rockige Gebälk ein, holt am Flügel mit einer abenteuerlichen Mixtur aus Pseudokontrapunkt, neoromantischer Virtuosenpranke und Avantgarde-Garnierung weit aus, um dann in eine süßliche Ballade einzumünden, deren Synthesizer-Gefiepe er hoffentlich nicht ganz ernst meint. Auch am Fender Rhodes Piano klingt er so, als könne er mit den souveränen Ironisierungen der jüngsten Steely-Dan-Platte durchaus etwas anfangen, die vor Beginn und in der Konzertpause aufgelegt wird. Einen weiteren wohltuenden Kontrast setzt ein wunderschöner Titel, mit dem Tony Lakatos dem großen Sonny Rollins und hörbar auch seiner berühmten Nummer St. Thomas huldigt. Haffner, der auch sonst bis auf ein beeindruckendes, obgleich etwas längliches Solo den Groove eher aus dem Hintergrund anschürt, beschränkt sich hier auf das filigrane Bearbeiten eines Drehhockers mit zwei Besen und bewährt sich wie auch bei der köstlichen Zugabe auf infantilen Klangerzeugern als Animateur und Rhythmus-Tutor fürs Publikum. Zufall oder nicht mit Rollins Tone hat Lakatos an diesem Abend auch den originellsten Titel für sein Stück anzubieten. Juan Martin Koch |
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