Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Als Fotograf der Agentur MAGNUM hat Guy Le Querrec die große weite Welt bereist, preisgekrönte Fotos von François Mitterand geschossen, das Leben der Sioux-Indianer in South Dakota oder der Lobi in Burkina Faso festgehalten – auf Bildern, die dem Betrachter auf ewig im Gedächtnis bleiben. Außerdem ist der in Paris geborene Bretone so etwas wie das Auge des Jazz. Die Poesie des Dokumentarischen: Guy Le Querrec. Foto: Ssirus W. Pakzad Guy Le Querrec denkt sogar für seine Kollegen mit. „Das Foto müssen Sie unbedingt machen“, ermuntert er seinen Gesprächspartner. „Schließlich war Jean-Luc Ponty der erste Jazzmusiker, mit dem ich es zu tun bekam. Wir haben damals in derselben Kaserne nahe Versailles gedient.“ Der Zufall wollte es, dass sich die beiden Männer an diesem Tag in Frankfurt beim Deutschen Jazzfestival wieder begegneten – der große Geiger und der große Fotograf. Während der eine abends, begleitet von der wohlarrangierten hr-Bigband, Auszüge aus seinem Repertoire fiedeln sollte, war der andere kurz zuvor inaktiv und doch nicht zu übersehen. „L’Œil De L’Éléphant“ (Das Auge des Elefanten) war ein Programmpunkt des Festivals überschrieben, bei dem Michel Portal, Louis Sclavis, Henri Texier und Christophe Marguet auf eine große Leinwand starrten und zu thematischen Foto-Serien von Guy Le Querrec improvisierten. Betrüblich war nur, dass die Schwarzweiß-Sequenzen zu schnell abliefen und sich die Images oft schon verflüchtigten, bevor sie ihre volle Wirkung entfalten konnten. „Der Titel ,Das Auge des Elefanten‘ bezieht sich auf ein afrikanisches Sprichwort – und bedeutet soviel, wie dass man alles im Leben so betrachten soll, als wäre es das erste und letzte Mal. Auch wenn ich bestimmte Musiker seit 30 Jahren immer wieder fotografiere, versuche ich sie bei jeder weiteren Begegnung neu zu entdecken und in Betracht zu ziehen, dass es die letzte Gelegenheit sein könnte“, sagt er mit verschmitztem Lächeln. Miles Davis 1969 beim Paris Jazz Festival, Salle Pleyel. Foto: Guy Le Querrec/MAGNUM Photos Der fast 72-jährige Guy Le Querrec, der mit 14 zu fotografieren begann, mit 26 Profi bei einer Werbeagentur wurde, 1976 MAGNUM beitrat und ein Jahr später zum Vollmitglied der weltberühmten Agentur avancierte, macht eigentlich einen ganz gelassenen Eindruck. Und doch ist er ein Getriebener, der die Frage, ob er Angst hat etwas zu verpassen, nur bejahen kann. „Solange ich auf der Suche nach Bildern nicht mein Leben versäume, ist alles in Ordnung.“ Man erzählt sich, dass Guy le Querrec jeweils 1.600 Filme dabei gehabt haben soll, als er mit den Jazzmusikern Aldo Romano, Louis Sclavis und Henri Texier für das Projekt „Carnet de Routes“ zwei Mal für wenige Wochen in Afrika unterwegs war. „Ich bin sehr neugierig, auf fast exzessive Weise. Diese Eigenschaft sollte man als Fotograf auch mitbringen“, sagt er, kramt die kleine Leica hervor und macht ein Bild seines Gegenübers. „Ich kann schon deshalb nicht aufhören, weil immer etwas noch Interessanteres passieren könnte. Unsere Welt, die oft von Zufällen bestimmt wird, ist vergänglich. Jeder Moment ist vergänglich. Auch im Jazz ist das so – oft ist nicht vorhersehbar, was musikalisch passieren wird. Man versucht den richtigen Moment einzufangen. Aber welcher ist das?“ Ein Video mit John Coltrane von Guy Maurette im Fernsehen (1990). Foto: Guy Le Querrec/MAGNUM Photos Sieht sich Guy Le Querrec eher als Dokumentarist oder als Künstler? „Ich bin in erster Linie ein Erzähler – entsprechend hat mich auf einer Internetseite mal jemand als ,Griot‘ bezeichnet, was mich sehr ehrte. Ich konzentriere mich nicht auf das Künstlerische, sondern auf das Geschehen... trotzdem vernachlässige ich es nicht ganz. Ich lege Wert darauf, dass das Dokumentarische eine Art Poesie entwickelt.“ Die Zeit drängt. Eine Frage bleibt noch. Wie ist er mit Menschen fremder Kulturen umgegangen, für die das Fotografieren ein Problem darstellt? „Meist haben die Menschen irgendwann verstanden, dass ich ihre Seele beim Fotografieren nicht einsperre, sondern eventuell sogar öffne. Natürlich habe ich auch mal Schwierigkeiten gehabt. Als ich noch jung war, habe ich ziemlich gut getanzt“, sagt er mit angedeutetem Hüftschwung und einem Zwinkern. „Wenn die Menschen in Afrika mich erst mal tanzen sahen, haben sie mich sofort adoptiert.“ Ssirus W. Pakzad |
|