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Wer die Autobahn-Ausfahrt Salzburg Mitte nimmt und dabei vielleicht das Image der herrlichen Altstadt-Perle an der Salzach im Kopf hat, wird sich wundern. Diese Einfallstraße, halb Industrie-, halb Wohngebiet, ist dreckig und hässlich. Hier möchte man nachts niemandem begegnen. Es wird auch nicht schöner, je näher man dem Bahnhof kommt. Kaum zu glauben, dass sich ganz dicht dran eine Wohlfühloase für Freunde der improvisierten Musik befindet, ausgerechnet in der einstigen Zentrale der KPÖ: das Jazzit. Dort gastierten jetzt in kurzen Abständen zwei aufregende Bands: Billy Martin´s Wicked Knee und Mostly Other People Do The Killing. Kevin Shea. Foto: Pakzad Kurz vor dem Auftritt von Billy Martin tritt Andreas Neumayer, der Künstlerische Leiter des Jazzit, vor das Mikrofon und streckt dem Publikum strahlend eine Plakette entgegen. Die hat der Club gerade eben vom amerikanischen Fach-Magazin Down Beat zugeschickt bekommen. Die Zeitschrift ermittelt Jahr für Jahr, welches wohl die besten 150 Spielstätten für Jazz auf der Welt sind und bedachte dabei zurecht auch das Kellerlokal in Salzburgs Elisabethstraße (seltsamerweise wurde das Wiener Porgy & Bess vom Down Beat übergangen). Nach Feierlaune klang dann auch der Auftritt, den der „Medeski, Martin & Wood“-Schlagzeuger Billy Martin mit seiner eigenen Formation „Wicked Knee“ hinlegte. Slide-Trompeter Steven Bernstein, Posaunist Curtis Fowlkes und Tubist Marcus Rojas tänzeln, schlurfen, robben, marschieren mit ihrem Chef durch New Orleans, laden sich nebenher auf iTunes ein paar aktuelle Hits herunter und ändern entsprechend die Gangart. Wunderbares Konzert. Leuchtende Augen (und Ohren) bekamen die Zuhörer, die sich entweder auf gemütliche Sofas fläzten oder auf orangen Plastikstühlen Platz nahmen, auch, als die herrlich subversive Gruppe Mostly Other People Do The Killing mit „terroristischem Bebop“ loslegte. Die Band, die sich nach einem unverzeihlichen, auf Stalin gemünzten Ausspruch des Instrumentenerfinders Lew Termen benannt hat, spielt, Zitat, „Über-Jazz“. In den Kompositionen, die Bandleader und Bassist Moppa Elliott fast allesamt kleinen Käffern in Pennsylvania widmet, geht es kreuz und quer durch die Jazzgeschichte, mal ernst und respektvoll, meist aber mit einem unverschämten Augenzwinkern. Was der Boss mit Saxofonist Jon Irabagon, Trompeter Peter Evans und dem so durchgedrehten wie verblüffend präzisen Schlagzeuger Kevin Shea spielt, erinnert mit diesen Wahnsinns-Spurts und Drosselungen, mit diesem Aberwitz, mit skurrilen Handy-Apps-Einlagen und donaldduckeskem Geschnatter fast ein wenig an Cartoons. Die vier Musiker drehen so auf, dass sie sich am Ende tropfend und völlig ausgepumpt in die Garderobe zurückziehen und das verdiente Feier-abend-Bier hinunterstürzen. Ssirus W. Pakzad |
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