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Für sein Lebenswerk erhält der Altsaxophonist Lee Konitz (* 13. Oktober 1927 in Chicago, Illinois, USA) die German Jazz Trophy 2013. Die Auszeichnung wird seit 2001 jährlich von der Kulturgemeinschaft Musik+Wort, der JazzZeitung und der Sparda-Bank verliehen. Zuletzt ging der Preis in Form einer Skulptur des verstorbenen Stuttgarter Künstlers Otto Herbert Hajek an die Pianisten Monty Alexander und Jacques Loussier, den Geiger Jean Luc Ponty, die US-amerikanische Pianistin und Komponistin Carla Bley und den Trompeter Kenny Wheeler. Zu den Preisträgern zählen auch der Pianist und Sänger Paul Kuhn, der Filmkomponist und Pianist Wolfgang Dauner und der Klarinettist Hugo Strasser. Lee Konitz. Foto: Thomas J. Krebs Als das Altsaxofon in den Vierzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts neu erfunden wurde, gab es vor allem zwei Musiker, die dem Instrument zu einem markanten, eigenständigen Klang verhalfen. Der eine war Charlie Parker, der bluesfundiert, emphatisch und mit genialischer Haltung dem sprießenden Bebop die Richtung wies. Der andere war Lee Konitz, Spross einer jüdisch-russischen Familie aus Chicago, der mit der Tendenz zur Gelassenheit dem Instrument einerseits Kühle und Reflexion, zugleich aber auch strukturelle Offenheit verordnete. Genau genommen lagen diese beiden Ansätze gar nicht so weit auseinander, denn im Kern ging es darum, aus den vorgegebenen Grenzen der Funktionsharmonik, der im damaligen Jazz vorherrschenden Songstruktur und dem noch sehr der Unterhaltungsästhetik verpflichteten Sound der Musik auszubrechen. Wo Parker jedoch den Schrei und die lodernde Intensität wählte, entschied sich Konitz für Experimente, die sich aus dem systematischen Umgang mit Klang und Struktur ergaben. Das führte dazu, dass er sich über die Jahrzehnte hinweg zu einem konstanten Erneuerer der improvisierenden Moderne entwickelte, dessen musikalische Welt sich bis heute fortwährend verändert. Lee Konitz hat vieles bewegt. Geboren 1927, lernte er als Kind zunächst Klarinette, dann Tenorsaxofon, bis er als Teenager das Altsaxofon für sich entdeckte. Erste Jobs führten ihn in Big Bands, und sein schon in jungen Jahren klarer, kompakter Klang sorgte dafür, dass er in New York bald in verschiedenen wichtigen Projekte zu erleben war. In der Band des eigenwilligen Pianisten Lennie Tristano verließ Konitz bereits ein Jahrzehnt vor dem Free Jazz das starre kompositorische Gerüst und improvisierte frei über die Form hinweg. In etwa zur gleichen Zeit Ende der Vierzigerjahre gehörte er zur Besetzung der Studioband, mit der Miles Davis „Birth of the Cool“ einspielte. Konitz ging mit Benny Goodman auf Tournee, pflegte guten Kontakt zu Charlie Parker und den Bebop-Kreisen, wurde von Stan Kenton in dessen Orchester geholt. Unablässig verfeinerte er seine Klangsprache und während die nächste Generation der Bilderstürmer bereits im Begriff war, mit dem freien Spiel die Gewohnheiten der Gestaltung aufzulösen, nahm er ein Album wie „Motion“ (1961) auf, das im Trio mit Bass, Schlagzeug und Standards als Repertoire die Ausdrucksmöglichkeiten innerhalb der Form auslotete. Diese Verknüpfung von Experiment und Bodenhaftung blieb typisch für Lee Konitz. Damit ist es ihm gelungen, in vielen Bereichen Grundlegendes zu leisten: die Entdeckung der Freiheit, ohne die Form zerstören zu müssen; die Fortführung des Saxofontrios als Kernzelle der Ausdruckskraft; die Etablierung eines Sounds, der ohne Blues auskommt; die Vorbereitung des Kammerjazz mit frühen Duo-Aufnahmen in den Sechzigern; der Brückenschlag zum Europäischen durch seine Arbeit mit Attila Zoller, Albert Mangelsdorff, Lars Gullin; seine Kompositionen und Arrangements etwa für sein Nonett in den Siebzigern, die zahlreiche Nachfolger prägten; seine Tätigkeit als Dozent und Pädagoge, womit er über Jahrzehnte hinweg sein Wissen an die folgenden Generationen weitergegeben hat; und nicht zuletzt auch seine Kooperationen mit deutschen Musikern wie etwa dem Pianisten Florian Weber, die deutliche Spuren in der hiesigen Szene hinterlassen haben. Lee Konitz hat vieles bewegt. Er ist einer der Großen des Jazz, der mit Recht von sich behaupten kann, dieser Musik seinen Stempel aufgedrückt zu haben. Ralf Dombrowski |
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