Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Er war eine legendäre Musikergestalt weit über Köln und das Rheinland hinaus, und er war auf seine unverwechselbare Art auch ein Original – der in die Hall of Fame der deutschen Boogie Woogie-Pianisten eingegangene Leopold von Knobelsdorff, von Freunden kurz Leo genannt. Noch wenige Monate, bevor er nach kurzer schwerer Krankheit am 9. Februar dieses Jahres achtzigjährig starb, trat er in Solokonzerten oder als Gastsolist auf. Und wenn er nicht selbst am Piano oder am Flügel saß, tauchte er bei allen erreichbaren Jazzkonzerten, ob von prominenten Musikern oder jungen Amateurbands, mit seinem berühmten Köfferchen auf, aus dem er ein Tonbandgerät mit sensiblen Mikrofonen zauberte, um sein umfangreiches Archiv noch weiter zu bereichern. Leopold Eustachius Christoph von Knobelsdorff wurde am 3. April 1932 in Berlin als Nachfahre eines alten Adelsgeschlechts geboren. Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff war der berühmte Hofbaumeister Friedrichs des Großen. Nach Kriegsende war die Berliner Familie in Bayern gelandet. Leopold absolvierte die Schule für Rundfunktechnik in Nürnberg als Toningenieur, seinem Zivilberuf, den er nach Stationen bei Bayerischem und Hessischem Rundfunk schließlich beim WDR in Köln ausübte, anfangs im Studio für elektronische Musik mit Karl Heinz Stockhausen. Danach lernte er durch die Studioarbeit viele Jazzmusiker kennen, an denen er seine selbst erarbeiteten Fähigkeiten als Pianist vervollkommnen konnte, bis er seinen ganz eigenen Stil als Boogie Woogie mit Bebop- und anderen modernen Elementen des Jazz fand. Regelgerechten Unterricht aber nahm er an der Kirchenorgel, seiner zweiten großen Liebe. Der gläubige Katholik verehrte vor allem Johann Sebastian Bach. Bei jedem Orgelkonzert im Kölner Dom sah man ihn auf einem Klappstühlchen hinter einer bestimmten Säule mit seinem Aufnahmegerät hocken. Beim Trauergottesdienst in seinem Wohnort Erftstadt bei Köln, an dem ein halbes Tausend Trauergäste teilnahmen, darunter viele befreundete Musikerkollegen, erwies ihm der Organist am Schluss mit einem Blues à la Barbara Dennerlein seine Referenz. Nachdem seine Urne auf demselben Friedhof beigesetzt worden war, auf dem sich auch das Grab von „Dr. Jazz“ Dietrich Schulz-Köhn befindet, kam es bei der Nachfeier in Schloss Gracht zu einer spontanen Jamsession auf einem Konzertflügel, eingeleitet vom engen Freund Axel Zwingenberger, mit dem Knobelsdorff unzählige Male gemeinsam konzertiert hatte. An die zehn Kollegen, einige davon Knobelsdorffs Schüler, wechselten sich über zweieinhalb Stunden ab, zum Jubel der hunderte von Gästen, die auf diese Weise dem Verstorbenen einen Tribut zollten, der ihn sicher erfreut hätte. Leo von Knobelsdorff hatte seinen Ruhm unter anderem mit der Boogie Woogie Company Cologne (BWC) begründet, die er 1964 mit dem virtuosen und zugleich bluesigen Gitarristen und Sänger Ali Claudi aus der Taufe gehoben hatte und die mit Heinz Grah am Bass und dem Schlagzeuger Kalle Hoffmeister bald gefragte Gäste bei Festivals in Deutschland, den Niederlanden, Belgien und Frankreich wurden. Es sei – so Ali Claudi in seinem Nachruf – „zum großen Teil auch das Verdienst meines Freundes Leo, dass diese Band die Tradition der großen Boogie Woogie-Klassiker Albert Ammons, J. P. Johnson, Meade Lux Lewis mit modernen Jazz-Elementen verbinden und zu einem zeitgenössischen Boogie Woogie-Stil entwickeln konnte“. Knobelsdorff, der 2011 – mit Vince Weber - den German Boogie Woogie Award „Pinetop“ erhielt, schied 1989 aus Altersgründen bei der BWC aus, wirkte aber bei fast allen Konzerten weiter als Gastsolist mit. Seine Nachfolge trat der temperamentvolle Christoph Oeser an. Paul C. Ulrich, bekannt vom Paul-Kuhn-Trio, kam mit seinem s(w)ingenden Bass dazu. Drummer Kalle Hoffmeister ist noch immer dabei. 2014 wird die Boogie Woogie Company ihr 50. Geburtsjahr ohne ihren – so Ali Claudi – „Inspirator und kreativen wie charismatischen Pianisten und Freund“ begehen müssen. Dietrich Schlegel
|
|