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Es gibt Platten, nach denen man lange suchen muss, bei manchen sogar sehr lange. Im Falle von „Like Tweet“ hat es fast 35 Jahre gedauert. Anfang der 1960er-Jahre stellte Joachim Ernst Berendt in einer seiner wöchentlichen Neuheiten-Sendungen (so etwas gab es damals noch, bei den öffentlichen Rundfunk-Anstalten!) im SWF Baden-Baden eine Platte vor, die mich faszinierte. Bandleader war der Gitarist Joe Puma. Ich hatte die Sendung zwar auf Tonband mitgeschnitten, die Moderation aber aus Platzgründen weggelassen, Bänder waren ziemlich teuer damals. Von den Mit-Musikern blieb mir nur der Saxophonist Bobby Jaspar und Dick Hyman an Piano und Orgel im Gedächtnis. Zunächst war ich mit der Auswahl der Stücke ganz zufrieden, und das Band musste viele Kopien überstehen. Langsam wurde ich aber neugierig, wie die weiteren Titel dieser LP wohl klingen, aber jetzt rächte es sich, dass ich die Moderation nicht mit aufgenommen hatte. Meine Informationen waren ziemlich dünn, denn auch den Platten-Obertitel „Like Tweet“ kannte ich damals noch nicht. Mit nur drei Musiker-Namen, die, wie ich später feststellen musste, auf vielen Platten mitgewirkt haben, war die Suche ziemlich hoffnungslos. Zumal es sich um eine Import-LP handelte, die es auf dem deutschen Markt nicht gibt, wie Herr Berendt damals erwähnte. Immer häufiger erschienen jetzt Diskographien, in denen alle Jazz-Aufnahmen in chronologischer Reihenfolge verzeichnet sind, und bei Walter Bruyninckx wurde ich fündig. Jetzt wusste ich, dass die Platte „Like Tweet“ hieß und die Band „Joe Puma and the Audiobon All-Stars“. Erschienen ist sie bei der amerikanischen Columbia mit der Nummer CL 1618. Die erste wichtige Hürde war genommen, jetzt galt es nur noch, die Scheibe zu finden. Ich weiß nicht, in wie vielen Antiquariaten ich gesucht habe und wie viele Joe- Puma-Platten ich fand, aber „Like Tweet“ war nie dabei. 1995 war ich, wie immer bei meinen jährlichen Paris-Besuchen, bei „Oldies but Goodies“, einem ziemlich chaotischen Second-Hand-Laden, der leider nicht mehr existiert. Und ich durfte diverse Kisten mit neu eingetroffener US-Ware durchsuchen. Eine richtige Knochenarbeit, die Stunden dauerte. Dann traute ich meinen Augen nicht, ich hatte „Like Tweet“ in der Hand. „Jazz Versions of Authentic Bird Calls“ war das Motto der Platte. Jetzt nur nicht jubeln, dachte ich, das treibt nur den Preis in die Höhe. Ich arbeitete also weiter, und fand, neben diversen anderen seltenen Stücken, noch ein zweites Exemplar dieser so lange gesuchten LP. Ich habe natürlich beide, trotz des beachtlichen Preises (300 Franc pro Stück) gekauft. Bei all meinen weiteren Besuchen in Second-Hand-Läden, und bei Sichtung vieler Sammlungen, die zugunsten der CDs aufgelöst wurden, habe ich „Like Tweet“ nie wieder gefunden. Der Untertitel der LP lautet „Jazz Versions of authentic Bird Calls“ und alle Stücke sind nach (amerikanischen) Vogelarten benannt. „Flight Patterns“ beginnt auch mit Spatzen-Gezwitscher im Original, während bei den weiteren Titeln die Vogelstimmen gleich von Bobby Jasper oder Jerome Richardson auf Flöte und Piccolo übernommen werden. Kompositionen und Arrangements stammen von Bandleader Joe Puma. Der Gitarrist ist durchaus mit Jimmy Raney oder Tal Farlow zu vergleichen, hat aber nie deren Popularität erreicht. Die swingende Musik ist West-Coast orientiert aber auch Dick Hyman am Piano und besonders an der Orgel, bringt eine bluesige Note ein. „Noahs Ark“, ein „Down-Home-Swinger“ wie es so treffend im Cover-Text heißt, verbreitet eine nahezu funkige Stimmung. „Panic in The Birdcase“, das einzige Stück der LP, das nicht von Joe Puma stammt, es wurde von Teo Macero geschrieben, ist eine Impression verschiedener Vogelstimmen und gibt den Musikern große Freiheiten. Die im Titel angedeutete Panik bleibt aber doch diszipliniert und, zum Schluss dürfen noch einmal die (Original) Spatzen zwitschern. Eine LP, die musikalisch interessant und gelungen ist, und die gute Laune macht. Leider wurde sie nie einer Wieder-Veröffentlichung, in welcher Form auch immer, für wert befunden. Manfred Scheffner |
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