Langsam und zeitversetzt kommen sie mit ihren Alben aus der kalten Küche,
die beiden verbleibenden Mitglieder des Esbjörn Svensson Trios,
kurz E.S.T. Nicht leicht war es, dessen tragischen Tod zu überwinden.
Und nach Dan Berglunds „Tonbruket“ kommt nun Magnus Öström
als Bandleader mit seinem Album „Thread of Life“ in unsere
Wohnzimmer. Hierbei konnte Öström gar nicht anders, als sich
mit den ganz großen Themen auseinanderzusetzen – mit Leben
und Tod, mit dem, was unsere menschliche Existenz ausmacht. Ein Pessimist
ist Öström dabei nicht. Er hält nur nicht viel davon,
das auszublenden, was jenseits der „Sunny Side of Life“ liegt …
JazzZeitung: In irgendeinem Interview ist nachzulesen, du seist bei
E.S.T. derjenige gewesen, der für die Songtitel verantwortlich war.
Stimmt das soweit?
Magnus Öström: Ja.
JazzZeitung: Wie wichtig sind Titel denn eigentlich?
Braucht man sie, um den Hörer in eine bestimmte Richtung zu lenken? Kann er ein Stück
auf gleiche Weise erleben, wenn er keinen Namen dafür hat?
Öström: Musik steht für sich selbst.
Deshalb kann man sie selbstverständlich
erfahren, ohne Wissen einer Betitelung. Bei rein instrumentalen Arrangements
sollte ein Titel so offen gewählt sein, dass er den Hörer in
seiner Interpretation der Musik nicht beengt. Ich würde mir nicht
anmaßen, dem Hörer vorzuschreiben, was er da zu empfinden
hat. Ein gut gewählter Titel kann aber die Imagination befeuern.
JazzZeitung: Auf dem neuen Album findet sich
die „Ballad for E“,
deine Hommage an Esbjörn. Nach seinem Tod hast du eine längere
Zeit gebraucht, bis du dich mit deiner eigenen Musik nach E.S.T. beschäftigt
hast …
Öström: Ich habe mein Schlagzeug fast ein halbes Jahr nicht einmal
angerührt. Es ging einfach nicht. Dann kämpfte ich mich ganz
langsam in die Welt der Musik zurück, machte ein paar Gigs mit Lars
Danielssons Projekt „Tarantella“. Das brachte mich zurück
auf die Bühne. Ich war dann auch noch Co-Produzent eines Albums
der schwedischen Künstlerin Jeanette Lindström und spielte
auch bei den Aufnahmen.
Der Weg zurück in die Musik war steinig und schwer. Aber ich hatte
das Gefühl, dass ich diese Platte hier unbedingt machen muss. Es
war eine Katharsis, dies zu tun, und ein Abschluss. Und ich musste einen
Weg finden, auf dem ich weitergehen kann.
JazzZeitung: Dein neues Album ist eine Auseinandersetzung
mit Leben und Tod. Hat dich der Tod von Esbjörn mitten hineingeworfen in eine
andere Art der Wahrnehmung?
Öström: Nun, dass das Leben etwas Zerbrechliches
ist, war mir schon vorher klar gewesen! Aber natürlich fängt
man erst nach so einem Ereignis wirklich an, über die Dinge nachzudenken.
Wie darüber,
was wirklich wichtig ist und was nicht.
JazzZeitung: Wie kam es, dass Pat Metheny als
Gast bei „Ballad
for E“ mit dabei ist?
Öström: Als ich dieses Stück schrieb,
war mir sofort klar, dass ich Dan Berglund mit dabeihaben will – und
auch Åke Linton,
unseren Tontechniker. Und dass eine Gitarre dabei sein sollte! Die Musik
von Pat hat uns allen immer viel bedeutet, und wir kennen ihn seit vielen
Jahren. Wir hatten so häufig zusammen gespielt, dass ich sofort
an ihn dachte. Es brauchte dann aber einige Anläufe, bis ich wagte,
ihn daraufhin anzusprechen. Als ich es dann tat, sagte er auf der Stelle
zu. Ich bin sicher, dass es ihm darum ging, Esbjörn und dem Trio
die Ehre zu erweisen.
JazzZeitung: Du bist jetzt der Bandleader.
Wie fühlt sich diese
Rolle für dich an?
Öström: Schon ganz gut. Aber man hat über
vieles nachzudenken, wenn man das alleine machen muss. Mit den Jungs
in der Band zu arbeiten,
ist toll. Das ist locker und von der Seite her ist der Job nicht weiter
schwer. Was wiegt, ist die Verantwortung, die man gleichzeitig trägt.
JazzZeitung: War es ein langwieriger und komplizierter
Prozess, das Lineup zusammenzubekommen?
Öström: (lacht) Nein, überhaupt nicht!
Andreas Hourdakis und Thobias Gabrielson waren bei den Aufnahmen für
das Album von Jeanettte Lindström dabei, das ich vorhin erwähnt
hatte. Ich fand sie so gut, dass ich sie einfach gefragt habe. Ich glaube,
es war Thobias,
der mir von Gustaf Karlöf erzählt hat … Ich googelte
nach ihm und sah, dass er bei den unterschiedlichsten Projekten mitgemacht
hatte, alles völlig verschieden. Das ist der Richtige, dachte ich,
der ist offen und steckt voller positiver Energie. Und so war es auch.
Ich bin so glücklich, dass alle mitmachen wollten. Phantastische
Musiker, allesamt. Und inzwischen auch gute Freunde. Interview: Carina Prange
CD-Tipp
Magnus Öström: Thread of Life
ACT 9025-2 |