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Verschieden Autoren: The Cambridge Companion to Blues and Gospel Music, Cambridge University Press, Great Britain, 216 Seiten Bemerkenswert, dass Blues und Gospelmusik zusammen behandelt werden.
Unüblich, aber sinnvoll, da beide Musikformen aus denselben afro-amerikanischen
Quellen schöpfen (allerdings gibt es auch genuine weiße Gospelmusik).
Seit der Soul Music der 60er-Jahre gehen Blues und Gospel immer mehr
zusammen und nur die Texte zeigen noch Unterschiede. Man darf zudem nicht übersehen,
dass auch die meisten schwarzen Blueskünstler religiös gebunden
sind (der Atheismus ist eine europäische Erfindung). Die Darstellungsweise ist angenehm sachlich und weit weg von unkritischer Fanliteratur. Leider geht keiner der Autoren auf die nicht unbedeutenden Beziehungen von Blues und Gospel zur Country Music ein. Und besonders schade: die doch musikalisch so spannende Geschichte des Blues im Jazz kommt überhaupt nicht vor. Auf diese Darstellung, die freilich Material für ein eigenes Buch liefern würde, müssen wir also leider immer noch warten. Aber auch so ist diese Veröffentlichung empfehlenswert. Sie sollte Pflichtlektüre für die Autoren der Musiklehrbücher für unsere Schulen werden. Andy Hamilton: Lee Konitz – Conversations on the Improviser‘s Art, The University of Michigan Press, Ann Arbor, 284 Seiten Endlich eine ausführliche Biografie eines der größten Saxophonisten des Jazz. Lange haben ihn Kritiker und Fans in die „Cool“-Ecke abgeschoben, statt ihn an seinem musikalischen Konzept und dessen Ergebnissen zu messen (und nicht an ihren Vorurteilen). Und endlich eine Jazzmusiker-Biografie, in der auch viele musikalische Details zur Sprache kommen. Lee Konitz wie auch dem Autor und dem Verlag gebührt dafür unser besonderer Dank! Die Bedeutung von Lee Konitz für den Jazz wird auch heute noch unterschätzt. Schuld daran ist eine einseitige Sicht vieler auf diese Musik: es werden nur Teile davon wahrgenommen, wobei nicht selten eine einmal geprägte Vorliebe ein Leben lang bestimmend und alles andere ausgeschlossen bleibt. Davon deutlich zu unterscheiden ist freilich das Konzept eines Musikers, das er sich in unzähligen Stunden des Übens, Probens (mit einer Band) und Auftretens erarbeitet hat. Werden hier immer wieder Einflüsse von außen zu deutlich, bleibt das Ergebnis schwankend, was einer qualitativen Höherentwicklung entgegensteht. Lee Konitz hat sein ebenso klares wie bestechendes Konzept: Swing ohne Überdruck, Sound ohne überbetontes Obertonspektrum, Melodik mit immer wieder überraschenden Intervallsprüngen schon in seinen ersten Aufnahmen als voll entwickelt demonstriert. Man höre sich dazu etwa sein faszinierendes 16-taktiges Solo in „Yardbird Suite“ bei Claude Thornhill an (17.12.47) – ein frühes Beispiel dafür, dass Bebop auch ganz anders klingen kann und künstlerisch nicht weniger wertvoll als bei Charlie Parker ist. Es ist eben nicht so, dass ein Jazzmusiker automatisch um so besser ist, je mehr Einfluss er auf andere ausübt. Dieses Buch ist eine sehr überzeugende Mischung aus vielen Interviews (außer mit Konitz noch mit 39 anderen Gesprächspartnern) und umfangreichen Recherchen des Autors; dazu kommen noch acht Transkriptionen. Die Lektüre ist ungemein anregend, wenn Sie pro Jahr nur ein Jazzbuch kaufen – nehmen Sie heuer dieses. Joe Viera |
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