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Wenn es Herbst wird in Sachsen, ist es Zeit für den Jazz. In Leipzig ist das seit Jahrzehnten so – am ersten Oktoberwochenende gingen dort die 32. Jazztage zu Ende –, Dresden fährt seit jüngerem der lokalen Tradition gemäß Trittbrettern hinterher und begibt sich in den Spagat aus Jazz und Populismus.
Davor war Leipzig bisher gefeit, setzte sich stets profiliert in Szene, mal mehr, mal etwas weniger thementreu. Das Publikum wiegte sich in der Garantie, alljährlich neben großen Stars der Szene auch Entdeckungen präsentiert zu bekommen. Namentlich Polen agierte als Schatztruhe, der langjährige Festivalmacher Bert Noglik – nicht nur in Sachsen eine Instanz – verfügte über die notwendigen Kenntnisse und Drähte, den Jazz aus dem Osten herüberzuholen. In diesem Jahr fanden die Leipziger Jazztage erstmals personell neu
sortiert statt, Noglik hinterließ wohl noch deutliche Spuren, hinter den
Kulissen aber gab es unterschiedliche Meinungen zur Gesamt- Noch etwas weniger gelungen scheint der als Thema zwar nicht postulierte, bei allabendlichen Anmoderationen aber wieder und wieder zu Festivalsäulen erhobene Bezug auf zwei Instrumente und Nachwuchs. Freilich, Trompete und Gitarre waren gehäuft zu erleben, auch junge Namen, die sich eine Karriere erst noch erarbeiten wollen, fanden Einzug ins Programm. Doch ein klares Konzept ist dahinter nicht auszumachen gewesen. Gewiss wird der Jahrgang 2008 als ein Übergang zu verbuchen sein, wohin auch immer die Reise in Zukunft führen mag. Es gilt allerdings, den Ruf eines Ausnahmefestivals zu erhalten, das seit Jahren internationalen Ruf bei Künstlern wie Medien und Zuhörern genießt. Als hoffnungsvolles Versprechen sollte der Umzug vom Schauspielhaus wieder zurück ins wesentlich größere Opernhaus zu werten sein. Drei Abende lang wurde es bespielt, nicht immer ganz ausverkauft, dafür herrschte in kleineren Spielstätten heftiges Gedränge. Mit Erik Truffaz ist bereits zur Eröffnung ein bedeutsamer Name ins Spiel gebracht, wurde auf Trompete gesetzt und ist der Fusiongedanke mit klingendem Leben erfüllt worden. Der Schweizer hat einen drangvoll kräftigen Auftakt gesetzt, dem Trompetergrößen wie Markus Stockhausen und Eric Vloeimans folgten. Gitarristisch werteten Moritz Sembritzki das Nachwuchsfeld auf und stand mit Bill Frisell ein Unikat auf der Bühne, der für sein überwiegend introvertiertes und technisch einfach brillantes Spiel völlig zu Recht gefeiert wurde. Mit Tymon Tymanski mit seinem Yass Ensemble aus Gdansk war immerhin eine Spur ins Nachbarland und zur auch zukunftsträchtigen Vergangenheit des Festivals gelegt. Aus der Schweiz kam Kaspar Ewalds Exorbitantes Kabinett mit einem musikalisch heiteren Ritter-Spektakel nach Leipzig, eine weitere Entdeckung dürfte vielen das Quartett Kvalda aus Finnland gewesen sein, das zart folkloristische Anklänge zu fantasievoll jongliertem Jazz beisteuerte. In Klubs agierten zudem nicht ausschließlich junge Bands, sondern um Richie Beirach auch eine veritable Professorenband. Für Kinder servierten Jorinde Jelen & Die Fresh Boys ein in der Tat erfrischendes Programm – Nachwuchspflege beginnt halt beim Publikum! Der erwartete Höhepunkt blieb beim Auftritt des exzellenten S.M.V.-Trios nicht aus. Diese einzigartige Begegnung mit Ausnahmebassisten wie Stanley Clarke, Marcus Miller und Victor Wooten – auf einer Bühne, in einem Konzert! – war ein gefeiertes Erlebnis. Jeder einzelne von ihnen bekennend ein Star, jeder mit originaler Handschrift,
alle drei in einander zitierendem und so sich ergänzendem Ensemblespiel.
Ergebnis ihres „Thunder!“-Konzerts: Der stürmischste
Beifall der diesjährigen Leipziger Jazztage. Michael Ernst |
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