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Ali Haurand, Bassist, Veranstalter und Festivalmacher, Fernsehmensch und vieles mehr, ist seinen eigenen langen Weg nach Europa gegangen. In jungen Jahren war der Musiker aus Viersen, der eigentlich Hotelkaufmann werden sollte (Jahrgang 1943, wie Mick Jagger), viel herumgekommen, hatte unter anderem eine Zeit lang in Amsterdam gelebt, auch die Präsenz von Musikern wie Ben Webster genossen. Vor 30 Jahren war es dann so weit, sein persönliches Netzwerk mit Kollegen in Europa war so weit gediehen, dass er es zu einem Ensemble aus ganz unterschiedlichen Musikern zusammenbaute, das beim New Jazz Festival in Moers zum ersten Mal auftrat: Das European Jazz Ensemble war geboren. Und wer war nicht alles dabei: Leszek Zadlo, Pierre Courbois, Ernst-Ludwig Petrowsky, Uschi Brüning, Allan Botschinsky, Enrico Rava, Philip Catherine, Louis Sclavis, Tony Lakatos, Rolf Kühn, Paolo Fresu oder Adelhard Roidinger. Alle fünf Jahre mindestens ruft Ali Haurand seine Kollegen zusammen, um mit ihnen die nächste Tournee durch Europa zu realisieren. Zu besonderen Engagements zwischen diesem fünfjährlichen Rhythmus zum Beispiel in den USA, in diesem Jahr im Oktober in Paris oder beim Mallorca Jazz Festival lässt man sich natürlich auch gerne einladen.Dieses Mal ging es vom heimatlichen Viersen über Siegen, die Philharmonie Essen, die Harmonie in Bonn, das Tollhaus in Karlsruhe, das Audi Museum in Ingolstadt hin zum Bim Huis in Amsterdam. Überall wurden die Meister der europäischen Musik begeistert aufgenommen, Orte, die oft nur spärlich besucht sind, quollen über und die Presse berichtete einhellig begeistert (Südkurier Konstanz: „Idee eines gemeinsamen Europa“, Rheinische Post: „wahrlich ein großer Abend des europäischen Jazz“, WAZ Essen: „Ganz schön fit fürs Alter“, NRZ: „Die Legenden treffen sich zum Spiel“). Auch der langjährige Freund und Begleiter der 16 Musiker mit einem Altersdurchschnitt in Richtung 60 rieb sich die Augen, hatte er doch diese illustre Schar selten so frei und mit einer geradezu überwältigenden Dynamik spielen hören. Was war geschehen? Nach einer kurzen Tournee mit dem Quintett mit Manfred Schoof, Gerd Dudek, Rob van den Broeck und Tony Levin hatte Ali Haurand den Rest zu einer dreitägigen Vorbereitung in die nordrhein-westfälische Landesmusikakademie nach Heek im Münsterland eingeladen, um das Programm einzustudieren. Und unter den Bedingungen einer gehobenen Jugendherberge fanden die Musiker, die üblicherweise ein 4-Sterne-Hotel erwarten, mehr denn je künstlerisch zueinander, kommunizierten in einer Weise über viele Stunden miteinander, wie das in einem normalen Tourneeprogramm kaum möglich ist. Neben schlichten, aber wunderschönen Themen, die man seit Jahren zu kennen glaubt, wie Ali Haurands „No More Change“ oder Manfred Schoofs „Like Don“ (Don Cherry gewidmet) im Trio mit Daniel Humair und dem sehr überzeugenden Neuling, dem französischen Bassisten Sébastien Boisseau, oder Charlie Marianos Interpretation von Billy Strayhorns „Prelude to a Kiss“ im Duo mit dem Pianisten Rob van den Broeck gingen unter die Haut. Überhaupt überzeugte die Kombination der vielen kleinen Ensembles mit der Gesamtformation erneut auf besondere Weise. Elektrisierend wirkten Joachim Kühns „White Widow“ oder vor allem der „Canto General“ des EJE Neulings Pino Minafra, der seine froh stimmende mediterrane Spielauffassung in das Ensemble hineintrug und große Profis wie Alan Skidmore, Stan Sulzmann und vor allem den geradezu entfesselnd spielenden Schlagzeuger Tony Levin für sich einnahm. Besonders stark war dieses Mal die Trompetenfraktion, die neben Manfred Schoof und Pino Minafra den Niederländer Eric Vloeimans, allerdings nur für die letzten drei Konzerte, und den 24-jährigen Kölner Matthias Schriefl aufbot. Vloeimans ist bereits einer der größten europäischen Virtuosen seines Fachs und dass der junge Matthias Schriefl das Zeug dazu hat, es ihm in Zukunft gleichzutun, bewies er bei jedem Auftritt von neuem. Und auch der Prager All Rounder Jiri Stivin und der einzige Posaunist in der Runde, Conny Bauer aus Berlin, rundeten das Bild eines großartigen Ensembles ab, das nach dem Urteil vieler Beobachter vielleicht die beste Tournee seit seiner Gründung ablieferte. Dass Ali Haurands außergewöhnliche europäische Initiative zumindestens vom französischen Staat im vergangenen Jahr dadurch gewürdigt wurde, dass ihm der Orden „Chevalier de L’ Ordre des Arts et des Lettres“ verliehen wurde, stimmt für die Zukunft hoffnungsvoll. Schließlich geht auch die jüngere Generation ihre grenzüberschreitenden Wege wie der schon erwähnte Sébastien Boisseau zum Beispiel in Formationen mit ungarischen Musikern oder in dem außergewöhnlichen flämischen Ensemble Määk Spirit wie zum Beispiel auch die rheinischen Pianisten Lars Duppler und Laia Genc mit ihren französischen Partnern. Bleibt der Dank dem Wegbereiter, dem European Jazz Ensemble und seinem 30. Jubiläum.Wer keine Gelegenheit hatte, dies live zu erleben, hat die Chance, es im Rundfunk und Fernsehen nachzuarbeiten, am 26./27. Mai in 3Sat, am 5. Juni im WDR Hörfunk und am 13. Juni im WDR Fernsehen.Und zu guter Letzt ist zur Tournee eine DVD erschienen: „European Jazz Ensemble-30 years on the road“ bei Konnex. Hans-Jürgen von Osterhausen |
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