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Aus den „quatre jours du jazz“ im Februar 1973 sind inzwischen vierzehn Tage geworden. Das Grenoble Jazz Festival, das bekannteste im Südwesten Frankreichs, strahlte auch mit seiner 34. Ausgabe in die Region Isère aus. „Vagabondage dans le departement“ wurden die Konzerte in den Nachbarstädten genannt. Dass man sich in den Alpen befindet, ersichtlich an den umliegenden schneebedeckten Höhenzügen, klärten letztlich die beiden Schwerpunkte „Passage de l‘Alpe“ und die „Rhône Alpes Jazz Parade“. Sie liegen dem künstlerischen Leiter Jacques Panisset besonders am Herzen, weil zum einen die Verankerung in der Region dokumentiert wird, zum anderen auch junge Talente einbezogen werden. Zudem sollten damit Verbindungen der improvisierten Musik mit anderen Künsten aufgezeigt werden, Synergieeffekte enstehen. Eine Ausstellung des Malers Ernest Pignon-Ernest sollte die Inspirationen verdeutlichen, die Louis Sclavis zu seinem Projekt „Napoli´s Wall“ brachten. Sclavis wiederum, Freund des Festivals seit zwei Jahrzehnten, stellte „Big Napoli“ vor, ein Oktett, das mit dem italienischen Saxophonisten Francesco Bearzotti als Gast noch zusätzlich Klangfarben bekam. Ein großartiges Konzert insgesamt, bei dem sich das Staccato des Rappers Dgiz brillant in die spontanen Passagen der Band einfügte. Ein großes Festival verlangt freilich einen organisatorischen Rahmen, an dem sich das Publikum orientieren kann. Mittags gingen die gut besuchten Gratis-Solistenkonzerte mit namhaften Franzosen wie Christophe Monniot, Claude Barthelemy oder Hélène Labarrière über die Bühne von FNAC, mit jungen Talenten über die des Museums. Nachmittags waren Entdeckungen zu machen mit europäischen Ensembles, die diesmal aus Schweden, Finnland, Norwegen und Holland kamen. Am letzten Tag begeisterte in dieser Reihe Lucas Niggli Zoom das Publikum. Das Trio des quirligen Pekussionisten, der unablässig komponiert, zeichnet sich durch dichte Kommunikation und eine klare Klangsprache aus. Es hat in Nils Wogram (tb) und dem zurückhaltenden Gitarristen Philipp Schaufelberger kongeniale Partner.Die großen Abendkonzerte, die erstmals wieder im umgebauten „Maison de la culture“ stattfanden, ermöglichten Streifzüge durch die Welt des modernen Jazz. Ethnisches gab es schon zuvor mit Omar Sosa und Shakti. Während sich jetzt Richard Galliano, der absolute Publikumsliebling, mit seinem New York Trio plus Gary Burton brav durch die Tangos spielte, schließlich in Routine erstarrte, sorgten Rabih Abou-Khalil und Joachim Kühn für Höhepunkte. Im gleichberechtigten Verbund mit Jarod Cagwins Spiel auf Schlagzeug und Rahmentrommel beflügelten die drei Musiker sich gegenseitig. Kühn ließ sich auf die multikulturelle Sprache Khalils ein und schuf damit die vielzitierte Einheit von Orient und Okzident. Ständig wurden neue Erlebnisfelder ausgeleuchtet, damit immer wieder Momente erhabener Schönheit geschaffen. Weniger geglückt geriet der Auftritt des mit Spannung erwarteten Art Ensemble of Chicago. Mit neuen Namen (Jaribu Shahid,b/Corey Wilkes,tp) hat sich das Quintett aufgefrischt, doch erreicht es längst nicht mehr die magische Geschlossenheit früherer Zeiten. Ein indisponierter Roscoe Mitchell, der sich gelegentlich nervös umdrehte, ein uninspirierter Joseph Jarman und ein körperlich gezeichneter Don Moye vermochten dem Grenoble Jazz Festival 2006 keine Glanzpunkte zu verleihen. Das taten andere; auf ein neues Festival 2007. Reiner Kobe |
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