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Jetzt treten sie, zeitgeistvoll geliftet, wieder ins gesellschaftliche Rampenlicht, all die Therpsychoren, Euterpen, Thalias und Kalliopen. Starten wir mit einem Beispiel aus der Bildenden Kunst: Schläfriges Wachpersonal bildete jahrzehntelang das – quantitativ betrachtet – hauptsächliche menschliche Ambiente in Museen und Ausstellungen. Erst die brillante Idee des Berliner Rechtsanwaltes Peter Raue, die Ware, also Bilder und Plastiken – durch ein rigides Einlass-Ritual künstlich – und so auch kunstvoll – zu verknappen, weckte wieder Interesse für ein paar 100 mehr oder weniger kompetent beschichtete Leinwände, Sperrhölzer oder Pappen. Die zwei Kilometer lange Warteschlange als Community, als Event, als Ausweis der Zugehörigkeit zum Stand der irgendwie Gebildeten: Sie war der Garant des Erfolges – und sorgt vom Grundkonzept her noch heute für volle Häuser bei Museumsnächten mit Rotkäppchen-Sekt oder Veuve Cliquot. Zugegeben – es bedurfte erst einiger Orchesterschließungen – und der unübersehbaren Tatsache einer galoppierenden Publikums-Überalterung, bis unsere symphonischen Apparate sich aus dem Frack-Zwang ihres tarifgestählten Selbstbewusstseins hinab in die Niederungen einer etwas zielgruppen-näheren Konzert-Pädagogik bewegten. Dies aber mit sensationellem Erfolg. Leuchtende Kinderaugen, fröhliche Hyper-Aktivität, wenn der Solopauker unserer Philharmoniker seinen fellbespannten Kupferkessel einer Hauptschul-Klasse als tief pumperndes Mini-Trampolin zur Verfügung stellt. Lebendiges Lachen, wache Einsicht, wenn der Primarius im Leistungskurs Musik ein paar lebensnahe Tournee- oder Gruft-Muggen-Schwänke auspackt. Atemlose Stille, tiefe Konzentration bei der Demonstration weitgehend unbekannter Original-Instrumente im Rahmen der Zelebration des hochaktuellen Meisterwerkes „Peter und der Wolf“ in der Grundschule Marzahn-Ost. Unbestrittene Wegbereiter solcher Kultur-Vermittlungs-Popularisierung waren und sind – ihrem Kulturauftrag höchst dienstleistend folgend – unsere Anstalten des öffentlichen Rechtes. Gekonnte Trivialisierung, geschicktes Sich-Anpassen an die Marktgesetze der Quote führten zu einer ausgesprochen demokratischen, flachen Sende-Ästhetik, die das kompetent-demagogische Sendungsbewusstsein bildungsbürgerlich dominierter 60er- und 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts dankenswerter Weise rasch vergessen lässt. Gerade diese Entwicklung macht uns hoffen, dass die Einrichtung von Kinder-Bildungshäusern und systematischem Ganztagsunterricht an unseren Schulen die eingangs zitierte Wirkung zeitigt – und gleichzeitig finanzierbar bleibt. Medial gebildete Ein-Euro-Kräfte, Übungsleiterinnen und Übungsleiter, die schon mal Blockflöte gespielt oder einen Tanzkurs absolviert haben oder all die vielen Heimwerker und Töpferinnen: Unser Reservoir an kompetentem Betreuungspersonal für diese Kultur-Vermittlungs-Maßnahmen im Dienste unserer Kinder scheint unerschöpflich. Wenden wir es an. Folgen wir den Empfehlungen des Innovationsrates unserer Bundeskanzlerin unter der Leitung Heinrich von Pierers und Josef Ackermanns. Frohe Pfingsten – und eine mit viel positiver Energie geladene Erleuchtung wünscht Ihnen… Ihr Theo Geißler |
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