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Klar, als Mensch ist man tolerant und weltoffen. Als Musikkritiker sowieso. Ich liebe alle Arten von Musik. Außer denen, die ich hasse. Ich hasse zum Beispiel HipHop, dieses fette Turnschuh-Geprotze mit schlecht gereimtem Pubertätsgewäsch. Oder Reggae, diese Langweiler-Hymnen mit dem Rastafari-Larifari. Oder Country, diese sentimental hoppelnden Kaugummi-Ländler. Oder Salsa, dieses gackernde Gesinge mit dem Nähmaschinen-Getrommel und dem Tinnitus-Gebläse. Oder Soul, dieses Schmalzbalzen über bigotten Gospel-Dreiklängen. Oder... ach, ich könnte ewig weitermachen. Sie merken schon: Ich bin halt ein extrem sensibler Mensch, vor allem am Trommelfell und an den Fußnägeln. Und weil sich die Welt der musikalischen Fehlentwicklungen offenbar gegen mich verschworen hat, blüht momentan das Crossover des Hassenswerten. Sie mischen Salsa mit Soul, HipHop mit Country, Reggae mit Jodeln, als wäre das Ziel, die schlechteste aller Musikwelten zu generieren. „Cubaton“ heißt das dann oder „Hick-Hop“. Ich weiß gar nicht mehr, wohin mit meiner Abneigung. Kürzlich sah ich sogar ein Konzertplakat, das einen Stil namens „Reggae-Musette-Country“ ankündigte: Ich erschrak fast zu Tode. Meine einzige Hoffnung ist, dass sich all diese Ekligkeiten bald in eine gemeinsame Hölle stürzen und unten kommt dann so was heraus wie HipHop-Salsa-Soul-Reggae-Jodel-Musette-Rap-Country. Dieses furchtbare Einheitsgebräu mag dann meinetwegen „Hick-Hack“ heißen und der ständige Saison-Hit des Jahrtausends sein. Hauptsache, ich kann meinen Hass auf einen einzigen Feind bündeln, das wäre schon ganz hilfreich für meinen emotionalen Haushalt. Damit ich weiterhin ein weltoffener und toleranter Mensch bleiben kann, wenn Sie verstehen, was ich meine. Rainer Wein |
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