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19. Februar 2005. Es ist kalt und windig in Amsterdam. Von der Innenstadt aus ist mein Ziel fußläufig nur über unwegsames Gelände zu erreichen. Das neue Bimhuis, das heute eröffnet wird, liegt direkt am Wasser und ist Teil eines architektonisch auffälligen Gebäudekomplexes. Der Umzug von der „Oude Schans“ in der Amsterdamer Altstadt, wo das Bimhuis 1974 seine Türen öffnete, nach „Piet Heinkade“, der neuen kulturellen Adresse am alten Hafen, geschah nicht ganz freiwillig. Vorausgegangen waren jahrelange Streitereien mit Anwohnern wegen Lärmbelästigung, nachdem sich dieser Teil der Stadt – nicht zuletzt durch die Anziehungskraft des Bimhuis – zu einem teuren und gefragten Wohngebiet entwickelt hatte. Doch was in vielen anderen Städten nicht denkbar gewesen wäre, geschah in Amsterdam: Die Stadt übernahm Verantwortung. Sie stellte sicher, dass der Betrieb uneingeschränkt fortgesetzt werden konnte, während sie sich gemeinsam mit dem „Berufsverband Improvisierender Musiker“ (BIM) auf die Suche nach einer neuen Bleibe begab. Fündig wurde man am alten Hafen und plante dort den Neubau des Bimhuis, gemeinsam mit dem neuen Konzertsaal für das „Muziekcentrum De Ysbreker“, dem neuen „Muziekgebouw aan ‘t IJ“ (Eröffnung im Sommer 2005). Dort übernimmt das Bimhuis gemeinsam mit dem „Ysbreker“ die stadtentwicklungspolitische Aufgabe, Vorreiter für die Entwicklung des alten Hafengeländes zu einem urbanen Quartier für Wohnen, Arbeiten und Freizeit zu sein. Die Stadt Amsterdam übernahm nicht nur die Kosten in Höhe von 16 Millionen Euro für den Neubau und die Einrichtung des gesamten Gebäudekomplexes, sondern sie erhöhte auch den Betriebskostenzuschuss, so dass das Bimhuis zusammen mit den staatlichen Zuschüssen über eine jährliche öffentliche Förderung von insgesamt 800.000 Euro und damit ein auskömmliches Budget für das nun tägliche Programmangebot verfügt. Auffällig ist, dass diese neue Wertschätzung für den Jazz kein europäisches Phänomen ist, sondern nahezu zeitgleich auch in den USA, der Wiege des Jazz, zutage tritt. So wurde am 18. Oktober 2004 in New York mit dem „Jazz At Lincoln Center“ der weltweit erste Neubau für den Jazz eröffnet. Hier wurde durch die Initiative des einflussreichen Musikers Wynton Marsalis ein langgehegter Traum war: Ein Haus, vollkommen zugeschnitten auf die Bedürfnisse des Jazz, mit mehreren Bühnen, die offen auch für andere „Performing Arts“ sind, gelegen im Herzen Manhattans. Hier im JALC sind am Columbus Circle, in Höhe der 60. Straße, nur wenige Blocks vom Lincoln Center entfernt, mit dem „Rose Theater“, dem „Allen Room“ und „Dizzy’s Club Coca Cola“ gleich drei Spielstätten, vom großen Konzertsaal bis zum intimen Jazzclub, entstanden. Es wird weitere Neubauten und -eröffnungen geben. In Europa, wie auch in den USA. In Rom zum Beispiel gibt es bereits sehr konkrete Pläne für ein Haus des Jazz, und ganz in unserer Nähe, in Dortmund, steht die Eröffnung einer neuen Spielstätte kurz bevor (die Jazzzeitung berichtete). In unmittelbarer Nachbarschaft zu dem dortigen Konzerthaus erhält der Jazzclub „domicil“ eine neue Bleibe. Auch wenn dies kein ausgesprochener Neubau ist, so ist dies doch ein wichtiger Schritt für die Wahrnehmung und Wertschätzung des Jazz, mit einer Signalwirkung, die weit über das Ruhrgebiet hinausgehen wird. Reiner Michalke |
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