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Beinahe meditativ eröffnet das Trio Azul sein Konzert in den Gewölben des gut besuchten Jazzclubs, steigert allmählich das Tempo und die Arrangements, um schon beim zweiten Song, dem Titeltrack des neuen Albums „Look what they‘ve done to my Song“ zu einem der zahlreichen Höhepunkte zu gelangen. Hier kann der Gitarrist Frank Möbus, der auch durch sein Projekt „Der rote Bereich“ bekannt ist, sein Können beweisen, indem er ein fulminantes Solo zum Besten gibt. Im nächsten Stück greift nicht nur Bica, sondern auch Drummer Jim Black zum Bogen, behandelt das Schlagzeugbecken wie ein Streichinstrument und holt dadurch überraschende Sounds heraus, die sich in das spacige Gefüge der ersten Takte gut einfügen. Die Komposition intensiviert sich in einen rhythmisch anspruchsvollen Jazzbeat, der sich vom Timing her nahe am Abgrund bewegt, aber niemals Gefahr läuft, auseinander zu brechen. Kurz bevor der Song total abhebt, wird die Bremse gezogen und das Trio lässt das Stück in einer Weise ausklingen, die ein wenig an Björk erinnert. Bevor nach weiteren erstklassigen Nummern das Publikum in die Pause geschickt wird, rocken die drei noch so richtig los: eingängige Gitarrenriffs, akzentuierte Breaks und ein 13/8-Takt, der sich gewaschen hat.
Die wesentlichen Akzente des Trios werden durch den hervorragenden Bassisten und Komponisten Carlos Bica gesetzt, der durch seine melodiösen, manchmal minimalistischen, aber auch treibenden Basslinien meist die Struktur vorgibt, die durch seine beiden Mitstreiter exzellent umwoben wird. Jim Black, einer der außergewöhnlichsten Schlagwerker der Szene, verleiht dem Trio mit seinem präzisen und aussagekräftigen Spiel eine ganz besondere Note, vor allem, wenn er sein Set als Percussion-Instrument entfremdet. So zum Beispiel während eines erstaunlichen Drumsolos, das er damit beginnt, seinen Stick so lange am Metallrand der Snare-Drum zu reiben, bis ein krächzendes Geräusch entsteht, das einem schreienden Esel gleicht. Frank Möbus legt mit seiner Gitarre und ausgeklügelten Effekten eine eindringliche Klanghülle über die Songs, die ihnen eine unverwechselbare Färbung verleiht. Dabei verstehen es die drei genialen Einzelmusiker, wunderbar zu harmonieren
und Stimmungen zu vermitteln. Bei „Password“ hört man
durch das staccatoartige Pizzicato des Kontrabasses förmlich, wie
auf der Computer-Tastatur rumgehackt wird, der digitale Sound der Gitarre
verstärkt den Effekt und der abrupte Schluss ist unzweifelhaft einem
Absturz nachempfunden. „Iceland“ besticht durch eine einfache,
fast kalte Sequenz, die vom Schlagzeug entsprechend pointiert wird und
von Pink Floyd nicht besser arrangiert sein könnte. „Delicious
Donuts from the Balkans“ ist nach einem Rausschmiss aus einem Berliner
Szenelokal entstanden und so klingt das Ganze dann auch: Bica gibt einen
wütenden aber trotzdem melodiösen Basslauf vor, der von seinen
Kollegen allmählich aufgenommen wird und in einem Uptempo-Beat mündet,
der einen fulminanten Mittelteil enthält, in dem Jim Black abermals
seine Brillanz aufblitzen lässt. Gegen Ende des Programms nimmt sich
das Trio dem weltbekannten Stück „Tea for Two“ an und
zerlegt es rhythmisch, melodisch und im Arrangement nach allen Regeln
der Kunst, um sich nach dieser überaus gelungenen Destruktion vom
begeisterten Auditorium zu verabschieden. Tino Richter |
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