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Etwas mehr als vier Millionen Menschen leben da, wo die Fjorde und die Mitternachtssonne zu Hause sind, da, wo Mette-Marit, Wencke Myhre und Jan Garbarek ihre Heimat wissen. Erstaunlich ist, was wir in den letzten Jahren so alles aus dem Königreich im hohen Norden zu hören bekommen haben. So viel Musik von so vielen engagierten, erfindungsreichen Künstlern, dass manchmal der Eindruck entsteht, mindestens die Hälfte der Population habe mit dem Entstehen von Klängen zu tun. Jetzt taucht schon wieder so ein Talent auf, von dem hierzulande und vermutlich auch sonst wo auf der Welt noch niemand gehört hat: der Gitarrist Jacob Young aus Oslo. Ein Schmunzeln kann er sich nicht verkneifen, als er, kurz vor seinem einzigen Deutschlandkonzert im wunderschönen Foyer des Stadttheaters von Landsberg am Lech sitzt, und die unvermeidliche Frage nach dem typisch Norwegischen in seiner Musik gestellt bekommt. „Tja, haben die Berge, die Fjorde, die unendlichen Weiten und einsamen Landschaften einen Einfluss auf unsere Musik? Das ist schwer zu sagen, weil ich ja da lebe.“
Ein langer Schluck Kaffee verschafft Jacob Young, der seine Anrede dem amerikanischen Vater verdankt, etwas Zeit zum Nachdenken. „Jedes Klischee hat einen wahren Kern, sonst würde es dieses Klischee ja nicht geben. Die Musik, die ich mit meiner Gruppe spiele, ist nicht sehr streng gehalten, sondern sehr offen und räumlich, was in unseren Breitengraden durchaus nichts Seltenes ist. Andererseits gibt es in meinen Kompositionen viele Harmonien und Akkordwechsel, und das ist vielleicht nicht so typisch skandinavisch. Für mich war übrigens ein viereinhalbjähriger USA-Aufenthalt ganz hilfreich, wegen der Außenansicht auf die eigene Kultur und die Suche nach der eigenen Position in dieser Kultur.“ In New York, wo der heute 34jährige Jim Hall- und John Abercrombie-Schüler unter anderem an der New School in Manhattan studierte, hat sich der Gitarrist einen etwas anderen Groove angewöhnen müssen als den, den er gewohnt war. Irgendwie stimmte es ihn froh, nach der lehrreichen, hektischen Zeit wieder in die Heimat zurück zu finden. Denn dort gab es reichlich von etwas, was im Big Apple selten bis gar nicht zu finden ist. „Ich brauche absolute Ruhe, um zu komponieren, denn ich muss mich zum Schreiben in eine Art Parallel-Universum begeben.“ Aus dem schickt er uns Musik, wie sie etwa auf einem Album namens „Evening Falls“ (ECM) zu finden ist. Wunderschöne, elegische Stimmungsbilder hat er darauf entworfen, in denen sich die Melodien zu kleinen, sehnsuchtsvollen Hymnen aufschwingen und einem die warmen Voicings ein selten gekanntes Gefühl von Behaglichkeit vermitteln. Eingespielt hat Young, der bevorzugt akustische Gitarre zupft, die CD mit seinem Quintett, dem unter anderem Schlagzeuglegende Jon Christensen und der sensationelle, erst 24-jährige Trompeter Mathias Eick angehören. Dem Gehalt von Musik geht er übrigens nicht nur in seinem Quintett nach, sondern auch bei anderen Gelegenheiten. Er schreibt für Film und Fernsehen, produziert Pop- und Hip Hop-Acts, arbeitet als Studio-Musiker, spielt mit seinem Kumpel Bendik Hofseth und unterhielt mit der legendären Sängerin Karin Krog in den letzten Jahren ein Duo. Ssirus W. Pakzad |
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