Bereits lange vor dem Beitritt der zehn Staaten zur Europäischen
Union am 1. Mai 2004 hat der Jazzclub Neue Tonne Dresden kontinuierliche
Kontakte zu den Jazzszenen jener Länder. Konzerte mit Musikern aus
Polen, Ungarn und der Tschechischen Republik gehören zu den Konstanten
im „Tonne”-Programm. Dass dabei der tschechischen Jazzszene
eine Sonderrolle zukommt, liegt schon wegen der kurzen Entfernungen, aber
auch wegen der günstigen Fördermöglichkeiten auf der Hand.
Etwas Besonderes hat sich der Jazzclub für Ende November vorgenommen.
Dann ist nämlich das Mini-Festival „Jazzwelten Dresden”
geplant. Die Jazzzeitung befragte dazu den Geschäftsführer des
Jazzclubs Neue Tonne Dresden, Viktor Slezák.
Jazzzeitung: Jazzwelten Dresden 2004 – was wird das sein?
Viktor Slezák: Vom 25. bis 27. November sind im großen
Saal des Kulturrathauses und in unserem eigenen „Tonne”-Kellerclub
Konzerte mit Jazzmusikern aus den neuen EU-Ländern geplant, die entweder
schon zur europäischen Jazzprominenz zählen oder die zwar in
Deutschland noch keinen Namen haben, aber außerordentlich vielversprechend
sind. Wir wollen damit versuchen, die dortigen Szenen wenigstens fragmentarisch
zu präsentieren. Klar ist, dass es unseren Rahmen sprengen würde,
wenn wir Jazzer aus allen zehn EU-Beitrittsländern auf die Bühne
holen wollten - deswegen nennen wir die Sache ja auch „Mini”-Festival.
Aber dennoch ist es unser Ziel, an Bekanntes oder gar Berühmtes anzuknüpfen
und auf noch nicht so Bekanntes, dennoch phantastisch Gutes hinzuweisen.
Jazzzeitung: Gibt es schon Namen?
Slezák: Um ganz bekannte Namen zu nennen, mit denen wir
gerade in Terminverhandlungen sind, fehlt gegenwärtig noch die finanzielle
Sicherheit, denn noch stehen Zusagen für beantragte Förderungen
aus. Aber mit einem der weltweit anerkanntesten Akkordeonisten auf dem
Grenzgebiet zwischen Folklore, zeitgenössischer Musik und Jazz, dem
Slowenen Bratko Bibic, dem ungarischen Ausnahmegitarristen und Komponisten
Gábor Gadó, der seit nunmehr neun Jahren in Paris lebt und
in Frankreich – vielfach ausgezeichnet – zu den Insassen des
Jazz-Olymp gezählt wird sowie mit der Band „0-58”, die
in Polen zur vielumjubelten Top-Gruppe avancierte und Jazz, Kammermusik
und Rock miteinander verbindet, stehen einige Künstler mittlerweile
fest.
Jazzzeitung: Was macht die Abfolge von einigen Konzerten zum
Mini-Festival?
Slezák: Das Drumherum. Es ist eine Ausstellung mit Jazzfotos
des slowenischen Fotografen Ziga Koritnik geplant, ebenso öffentliche
Vorträge zum Jazz in den Beitrittsländern und – last but
not least – Workshops für die Jazzstudenten der hiesigen Musikhochschule
mit Dozenten aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten.
Jazzzeitung: Was bestimmt neben der Finanzfrage Ihre Programmauswahl?
Slezák: Die hoffentlich glückliche Mischung von Qualität,
Neuheitswert und künstlerischer Eigenständigkeit. Dabei haben
wir es uns – im doppelten Sinne – nicht leicht gemacht, denn
immerhin sind in den letzten beiden Jahren mit Zoltán Lantos (Ungarn),
Émil Viklický (Tschechische Republik), Adam Pieronczyk (Polen)
und Laco Tropp (Slowakei) bereits repräsentative Ausnahmemusiker
ihrer jeweiligen Länder im Jazzclub Neue Tonne aufgetreten. Unser
Programm soll gleichermaßen etwas für Neugierige wie auch für
musikalische Feinschmecker sein, will interessante Projekte vorstellen,
die den Dresdnern einen neuen Eindruck über den Jazz in den betreffenden
Ländern vermitteln können.
Mathias Bäumel
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