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Christina Fuchs Das zweite Album des Quartetts entfaltet eine eigenwillige, aber doch zwingend konsistente Dramaturgie. Sinnlich, ja, bei aller Komplexität regelrecht eingängig bleibt der musikalische Fluss in jedem Moment. Was zeigt, dass hier eine Band durch jahrelanges Miteinander-Musik-machen perfekt aufeinander eingeschworen ist. Bandleaderin Christina Fuchs sieht gerade in einem solchen nachhaltigen Zusammenwachsen das künstlerische Kapital. Jedes Stück dieser CD offenbart andere Blickwinkel auf ein plausibles kreatives Konzept: Da werden nicht Schablonen abgekupfert, stattdessen erfolgt eine nachhaltige Befreiung aus allen diesen. Und dies erfolgt nicht mit dem neutönerischen Seziermesser, stattdessen mit einem umso feinfühligeren Händchen für melodische Sogwirkungen. Florian Stadlers Akkordeonspiel sorgt gleichwohl für viele Farbtupfer aus der Welt von Tango, Klezmer und co., und lotet zugleich so viele Bezüge zu einem emanzipierten Modern Jazz-Idiom aus. Alpenländische, südostasiatische und schließlich auch nahöstliche Ingredienzen taugen zur weiteren Anreicherung. Das solide Aufeinander-Eingeschworensein zeigt sich weiterhin in höchst intuitiver Klangsensibilität – nicht nur wenn die eleganten, von sprühender Musikalität durchglühten Saxophonlinien von Christina Fuchs auf die atmenden Zungenklänge des Akkordeons treffen. Sehr zergliedert, manchmal regelrecht polymetrisch stecken Schlagzeuger Christoph Hillmann und Bassistin Ulla Oster ebenso weite, stets sehr organisch gebaute rhythmische Entfaltungsräume ab. Bill Carrothers Ein so buntes Spektrum an zarten Farben, heiteren Bildern, friedlichen Erinnerungen, wie sie Bill Carrothers solo dem Piano entlockt, dürfte seinesgleichen suchen. Der Vater zweier Kinder hat zum zehnten Hochzeitstag offenbar die Mitte seines Lebens gefunden, agiert aus einem emotionalen Kraftzentrum heraus, das sich aus der Innigkeit geglückter Beziehung speist, bei allem betörenden Liebreiz keineswegs schönen Schein illustriert oder bloße Fassade, sondern schlicht gelebtes Leben, damit fragil, manchmal sperrig, Geduld heischend und Zurückhaltung. Bill Carrothers gibt ein musikalisches Beispiel dafür, wie viel Behutsamkeit gefordert ist, welche Achtsamkeit und Langmut. Bei allem bilderreichen Abwechslungsreichtum, der sich durch die Musik zieht, und aller vielfarbigen Spannung bleibt der Gesamteindruck gewogen lächelnder Versenkung erhalten, durchzogen von kreativer Auseinandersetzung mit der Landschaft, in der die Familie lebt, der Wechselwirkung von Innen und Außen, dem Kontrast ländlicher Beschaulichkeit zur urbanen Moderne. Independent Jazz Quartet Hier haben sich mit Jürgen Scheele, tp/flh, Rolf Römer, ts/ss/bcl, Lars Gühlke, b, Ernst Bier, dr/perc, vier Musiker zusammengefunden, die sich unabhängig und frei in mehrfacher Hinsicht fühlen. Sie sind äußerst aktiv, aber frei in der Berliner und deutschen Szene unterwegs, auf einem hohen musikalischen Niveau, das gespeist wird aus der Erfahrung erfolgreicher Karrieren und zugleich stetiger Aufgeschlossenheit gegenüber allem Neuen, grundiert auf innerer Souveränität und künstlerischer Freiheit. So ist in Ulli Blobels Berliner „jazzwerkstatt“ vor Publikum eine bemerkenswerte Live-CD entstanden, die nichts von steriler Studio-Atmosphäre hat, sondern unmittelbar zum Hörer kommt. Entlang der Eigenkompositionen von Jürgen Scheele (6) und Rolf Römer (2) sowie je eines Titels von Curtis Fuller und Ernst Bier/Mack Goldsbury wird – so Bernd Noglik in den Liner Notes – „verteufelt“ improvisiert: hard boppig, lyrisch zart oder mitreißend free, abwechslungs- und einfallsreich. Wechselnde Rhythmen und Tempi schaffen enorme Spannung. Über manchen Stücken schwebt ein mediterranes oder orientalisches Flair, manche swingen straight on. Die Rollen sind bei glänzend funktionierender Interaktion gleichwertig auf die vier brillanten Musiker verteilt. Einen Hinweis verdient auch das ungewöhnlich schöne Cover mit vier (sic) in leuchtend rote Gewänder gehüllten Massai-Frauen (Painting Jutta Römer, Design Ivana Kersting) dieser rundum gelungenen CD. Sie sollte keinesfalls im Meer der Neuerscheinungen untergehen. Wolfgang Muthspiel Welchen Weg hat der österreichische Gitarrist Wolfgang Muthspiel, der seine Kraft im richtigen Leben für die Improvisation nutzt, denn hier gewählt? Wien nackt, ohne die schützende Hülle der Jazzszenerie, in der Muthspiel zu Hause ist; Wien unbekleidet, der schüchterne Versuch, das Gesangsdebüt des Solisten als des Kaisers neue Kleider vorzustellen. Muthspiel verfasste alle Texte, die Musik selbstredend auch, der Gesang ist von ihm, das Gitarrenspiel sowieso. Im Stile eines Singer-Songwriters verneigt sich Muthspiel vor Wien, ohne sich in dessen Schrulligkeiten und Extravaganzen zu verlieren. Bei ihm spielt sich vielmehr eine auf theatralische Ebene platzierte Musikgeschichte ab, die mit persönlich-poetischen Betrachtungen und Erlebnissen gefüllt ist. „Vienna Naked“, erster Teil eines folgenden größeren Projektes (Dokumentation einer musikalischen Weltreise) und als Liedzyklus bezeichnet, nutzt diverse musikalische Interpretationsplattformen wie Folk- oder Countrysongs und erinnert streckenweise an die Liederbarden der 70er mit ihren teils hochpolitischen, teils im Privaten wühlenden Themenkomplexen. Liest man die Liste seiner Zusammenarbeit mit anderen Jazzern, kann man sich gar nicht vorstellen, dass Wolfgang Muthspiel auch ganz anders kann. Vieles wirkt wie ein Manifest – besonders „Vienna“ –, dessen Botschaft von ehrfürchtigen Empfindungen und bemerkenswerten Verinnerlichungen kündet. Aber es sind die gleichen Muthspiel-Bilder wie er sie in „Lonely Together“ benutzt, das vielleicht als Hymne des aktuellen Musikporträts anzusehen ist. Barbara Lahr Es braucht nur wenige Momente, um im Gesang von Barbara Lahr eine Welt zu entdecken, die sich swingend um die kleinen Befindlichkeiten und großen Lebensentwürfe kümmert. Das geht nicht immer, aber meistens ohne Blessuren ab. Auch auf „Six String Call“ bedient Barbara Lahr sich bei der Lyrik Wolf Wondra- Claudio Puntin: East – für Klarinette und Streichquartett Punktuell, nämlich mit Referenzen zu bestimmten Persönlichkeiten einzelner Länder, erkundet Puntin musikalische Idiome, die aus „East“, dem Vorderen Orient kommen. Daraus ist eine Suite mit Concerto-Qualitäten geworden, wobei Notation und Improvisation korrespondieren. Aus murrendem Blues-Parlando der Klarinette reckt sich über einem Streicher-Bordun die Hommage an den armenischen Duduk-Spieler „Djivan“ Gasparian zu diskreter Polyphonie, um dessen kontemplative Melancholie zu relativieren. Jubelnde Klezmer und zugleich ein Valse tristesse driften in Erinnerung an „Naftule“, Branntwein aus Galizien, sequenziell zu Avantgarde-Texturen des Solisten. Sehr gelockert hat Claudio Puntin das Gewebe der Assoziationen für seine mentale Begegnung mit „Pireas“, der griechischen Hafenstadt, wo Rebetes (Flüchtlinge aus Kleinasien) eine Subkultur begründeten. Exklamationen auf der Bassklarinette, von Claudio Punto an einer Fußtrommel unterstützt und auch elektronisch verfremdet mit Tendenzen zum Rockjazz, kommentiert das Streichquartett mit dissonanten Motiven, die dann zu komplexem Ostinato des Chassapiko-Tanzen schwenken. Als Klezmer-Tango in ungeradem Metrum kehren diese fiebrigen Motive in „Fratelli di sangue“ (für den rumänischen Geiger Benone Damian) wieder und beschließen dieses Kaleidoskop östlicher Emotionen. Ohne 4 gespielt 3 Immer wieder gibt es junge Bands, die zwar die Regeln der Improvisation kennen und alle musikalischen Grundregeln, aber gerne ihren eigenen Weg gehen, nicht irgendwelchen Vorbildern nacheifern, um ja nicht die richtige kommerzielle Ebene zu verpassen. Ein solches Ensemble ist das Trio Ohne 4 gespielt 3, offensichtlich 3 Skat-Freunde: Katrin Scherer, Alt- und Baritonsaxophon und mehr, Sven Decker, Tenorsaxophon und Bassklarinette und Bernd Oezsevim, Schlagzeug. Seit neun Jahren gibt es das schon in der Besetzung nicht alltägliche Trio. Etliche Jahre haben sie in Essen gelebt, studiert und gearbeitet. Nun hat es sie nach Köln gezogen und vor Kurzem haben sie ihre dritte CD veröffentlicht. Die kommerziellen Probleme ein Label zu finden, haben sie elegant umschifft, in dem sie das eigene, Green Deer Music gegründet haben. Und die Musik? Zunächst stößt man auf einen ziemlich außergewöhnlichen Sound der beiden Saxophone, die sich durch höchst einfallsreiche Gesänge abwechseln. Die Saxophonstimmen sind für sich genommen natürlich nicht außerirdisch, aber in dem Zusammenwirken liegt das Besondere dieses Trios. Der Schlagzeuger schafft im Hintergrund eine Basis, die große Bilder entstehen lässt. Und gelegentlich darf er auch seine eigenen Gedanken ganz allein entwickeln und von sich geben. Insgesamt ein schönes Erlebnis, einmal sehr gelungene nicht alltägliche Klänge zu erleben. Mehl Consortium „Finest Jazzpowder“ verspricht das „Mehl Consortium“ auf dem originell mit sieben Mehltüten geschmückten Cover. Das Versprechen wird gehalten vom Alt- und Sopransaxophonisten Magnus Mehl und seinen sechs Mitstreitern Axel Schlosser, tp, Felix Fromm, tb, Rainer Böhm, p, Philipp Tress, g, Fedor Ruškuc, b, und Bruder Ferenc, dr.. Bandleader Magnus kleidet Eindrücke und Klangbilder aus Städten, die er auf vielen Reisen, mit und ohne „Goethe“, gesammelt hat, in eigene Kompositionen und Arrangements, manches lyrisch melancholisch, manches wild und frisch. „Autumn in Novi Sad“ legt Zeugnis ab von der letzten Reise nach Serbien, wobei „Sad“ auch für „sad“ stehen könnte. Doch der Herbst in der Hauptstadt der Vojvoidna schien kaum trister als der „Autumn in Stuttgart“, wenn dort auch gebrochene Soprantöne Momente durchbrechender Sonne nachzeichnen. „Sunny Side Queens/NYC?“ signalisiert mit seinen energiegeladenen Soli, dass in Big Apple ein besseres Klima herrschte. „Rottweiler“, die swingendste Nummer, zeichnet eine Hommage an Rottweil, den schwäbischen Heimatort der Mehl-Brothers, von dem aus sie in die Welt zogen. Das Glanzstück dieser abwechslungsreichen CD ist „The Dutch Way To Ride A Bike“, die Reminiszenz an Magnus’ Studienjahr in Amsterdam, mit einer Parforcejagd auf Alt und Trompete, in ironischem Kontrast zu der gemächlichen Art des Radfahrens in Holland. Feinstes Jazz-Mehl. Esperanza Spalding Nach ihrem Debüt „Chamber Music Society“ letztes Jahr folgt nun Esperanza Spaldings neues Album “Radio Music Society”. Damit keine Missverständnisse aufkommen: es handelt sich dabei nicht um ein Nachfolge-, sondern eher um ein Begleitalbum bei dem, angelehnt an Radiomusikthemen, sich Jazzmusiker mit eingängigen Pop-Melodien und Songformen auseinandersetzen. Herausgekommen ist dabei ein eigenständiges Werk, das wunderbar mit diesen „Radio“-musikalischen Themen und Mechanismen spielt. Unterm Strich interpretiert die „Radio Music Society“ neben Stevie Wonders „I can’t help it“ und Wayne Shorters „Endangered Species“, Liebeslieder für alle Lebenslagen, „City of Roses“, als Liebeserklärung an Spaldings Heimatstadt, oder soulgetränkte Eigenkompositionen wie „Black Gold“. Alles ohne triefenden Pathos, gekonnt auf den Punkt gebracht. Wie sollte es anders auch sein, wenn sich Weggefährten wie Joe Lovano, Leo Genovese, Terry Lyne Carrington und Jef Lee Johnson einfinden oder Meister wie Jack DeJohnette und Billy Hart mit an Bord sind. Das Ganze wirkt beim ersten Hören eingängig und entspannt. Die Arrangements weisen musikalischen Tiefgang auf, versehen mit wundervollen Improvisationen, die mit Gefühl und Respekt entsprechend den Stories hinter den Songs vorgetragen werden. Esperanza Spalding ist damit ein kleines Kunststück gelungen. Hannah Köpf Dass Jazz- und Popklänge sich wunderbar vertragen können, dürfte sich inzwischen bis zum letzten Puristen herumgesprochen haben. Hannah Köpf lässt die Probe aufs Exempel zu. Weniger die reine Lehre steht im Mittelpunkt, viel mehr die unverfälschte Authentizität einer Sängerin, die in bester Singer-Songwriter-Manier ihre Lieder singt, begleitet von Jazzmusikern, deren Beitrag, obwohl weitgehend auf illustrierende Begleitung konzentriert, über musikalisches Beiwerk durchaus hinausgeht. Mit einer sehr natürlich wirkenden, klaren, weichen, angenehmen und überaus flexiblen Stimme erzählt Hannah Köpf ihre Geschichten vom Leben in vielen Facetten und Blickwinkeln. Vom „Empty House“ zum „Honeyland“ – die Songs beschäftigen sich mit Erlebnissen, Entscheidungen, Emotionen, mit Wandlungen, Walzern und Wendepunkten, Märchen und melancholischen Momenten. Überaus variabel ist das musikalische Spektrum, die Band bleibt zwar dezent im Hintergrund, setzt jedoch entscheidende Farbtupfer. Denis Gäbel, ts, cl, fl, Benjamin Schaefer, p, Jakob Kühnemann, b, sowie Co-Autor und –Arrangeur Tim Dudek, dr, perc, wurlitzer, verstehen es – zuweilen unterstützt von Kollegen, in „When The Night Is Old“ gar von einem veritablen Kammerorchester – mit sublimen, umso wirkungsvolleren Mitteln dem Geschehen schwebende Leichtigkeit und beschwingte Atmosphäre ebenso zu verleihen wie Schwermut, bluesigen Biss und hoffnungsvollen Optimismus. The Complete Columbia Recordings of Woody Herman and his orchestra & Woodchoppers (1945-47) Den Hauptteil der MOSAIC-Kassette bilden die Titel von 1945/6, als das Herman Orchester unter dem Namen „First Herd“ einen wesentlichen Beitrag zum Übergang vom Swing zum Bebop leistete - damals den Bands von Billy Eckstine, Dizzy Gillespie, Claude Thornhill, Boyd Raeburn und Stan Kenton mindestens ebenbürtig. Großen Anteil daran hatte Ralph Burns, der Ende 1943 mit 21 Jahren als Pianist in die Band gekommen war und der, beeinflusst unter anderem von Duke Ellington, aber auch durch Studien der Musik von Debussy und Strawinsky, viele fantasievolle Arrangements schrieb, die auch heute noch wertvolle Anregungen vermitteln. Unter den Solisten fällt vor allem der Posaunist Bill Harris auf, einer der großen Individualisten des Jazz, mit einem enormen Ausdrucksspektrum von „zurückhaltend“ bis „hochexplosiv“ (Beispiel: „Panacea“). Nicht vergessen sei der hochbegabte Trompeter Sonny Berman, der 1947 mit nur 21 Jahren (!) an einem Herzschlag starb. Zum Schluss der Kassette gibt es dann noch die ersten Aufnahmen der „Second Herd“ (1947–49), darunter die Erstfassung des berühmten Giuffre-Titels „Four Brothers“, der in der Geschichte des Saxophonsatzes mit der damals ungewöhnlichen Besetzung von drei Tenor- und einem Baritonsaxophon eine wichtige Rolle spielt. Es wäre noch vieles mehr zu sagen, aber das hat bereits Loren Schoenberg in dem hervorragenden 32-seitigen Booklet (mit vielen Fotos) getan, für das er übrigens einen Grammy bekommen hat. The Boswell Sisters Die Schwestern Martha (1905–58), Connie (1907–76) und Helvetia (1911–88) Boswell bildeten die erste bedeutende weibliche Gesangsgruppe des Jazz - vielleicht sogar die beste überhaupt, den Mills Brothers (die bei einigen Titeln ebenfalls zu hören sind) durchaus ebenbürtig. XL target – Dave & Christy Doran Handmade-Fetischisten erstarren bei diesen Klängen vermutlich zu Salzsäulen, Harmoniesüchtige wenden sich naserümpfend ab oder suchen schreiend das Weite. Das Album des irisch-schweizerischen Brüderduo „XL target“ mit KJ Dave (drums, samples, prog) und Christy Doran (guitar, efx) enthält zwar „handgemachte“ Sounds und Rhythmen. Ein erheblicher Anteil der Musik und Sounds aber kommt aus Elektronikkisten und –kästen (wobei fraglich ist, was daran und warum diese weniger handgemacht sind). Weder bei dem, mit Hendrix und Coltrane sozialisierten, so wieselflink-eleganten, wie erdigen Gitarristen, noch beim experimentierfreudigen Schlagzeuger lassen sich dabei analoge und elektronische Klangereignisse noch klar voneinander trennen oder zuordnen. Wozu auch? Hier sind Musiker mit einem weit gespannten Horizont und großer Leidenschaft, wachem Geist und ästhtischer Neugier am Werk, die sich weder stilistisch einengen noch festlegen. Der 55-jährige KJ Dave Doran koppelt bei „XL-target“ die Drumtracks experimentell mit Jungle und Ambient-Jazz. Heraus kommt eine packende Urbanität – überraschend, widersprüchlich, offen und reich an magnetischen unerwarteten Klängen, die mit ihrem aggressiven, packenden Groove jeden Club mächtig aufmischen würde. Die großen Jungs verschmelzen in der heißen Zone ihrer Soundküche Jazz, Funk und moderne Clubstile zu einem brodelnden, fauchenden Mahlstrom – mächtig treibender, tanzbarer Triphop inklusive. Dave Stapleton: Flight Wie klingt es, wenn sich vier aufeinander eingespielte Jazzmusiker mal eben mit einem Streichquartett zu einem temporären Oktett zusammentun? Auf „Flight“ stellt der britische Pianist und Komponist Dave Stapleton sämtliche Vorstellungen eines hierbei zu erwartenden Klangergebnisses gründlich auf den Kopf. Weder verfällt er auf ein Nebeneinander, welches das Streichquartett zur Klangfarbe degradiert, noch auf einen mit Klassikelementen aufgepeppten Jazz. Vielmehr verschmilzt er die Musik der beiden Quartette derart nahtlos zu einem harmonischen Ganzen, als wäre hier überhaupt nur ein Klangkörper am Werke. „Flight“ besitzt eine Feinheit und einen Fluss, der immer mal wieder ein Spiel mit der Stille zulässt, welches der Musik die notwendigen Brüche und Ruhepunkte ermöglicht. Es handelt sich hier um das achte Album von Dave Stapleton als Bandleader – entsprechend ausgereift und gewachsen präsentiert sich die Musik des Künstlers. Man könnte es als die Spezialität Stapletons bezeichnen, Stücke von ungewöhnlicher Schönheit und Lyrizität zu entwerfen, die dennoch nicht des Temperaments entbehren. Gemeinsam mit dem agilen norwegischen Saxophonisten Markus Neset, dem Bassisten Dave Kane und Olavi Louhivuori am Schlagzeug, entsteht so ein Album voll musikalischer Dichte bei gleichzeitiger Klarheit. Auch das „Brodowski String Quartet“ (David Brodowski und Catrin Win Morgan an der Geige, Felix Tanner an der Bratsche und Reinoud Ford am Cello) liefert zu „Flight“ einen nicht unerheblichen Beitrag. |
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