Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
„Basieites“ nennt man bisweilen in der angloamerikanischen Fachpresse jene Musiker, die man mit dem Orchester und der Klangwelt Count Basies assoziiert. In unregelmäßiger Reihenfolge stellt Marcus A. Woelfle einige dieser Größen in der Jazzzeitung vor. Er war Multitalent, dessen zu geringe Bekanntheit im Gegensatz zu seiner unleugbaren Bedeutung steht. Eddie Durham, dessen Todestag sich am 6. März zum 25. Mal jährte, war Pionier der E-Gitarre, Arrangeur, Komponist und Posaunist. Durham gehörte ganz sicher neben Walter Page, Bennie Moten, Lester Young und Count Basie zu den stilprägenden Persönlichkeiten des Kansas City Swing. Mit seiner Schreibe bereicherte er so wichtige Bands wie jene von Bennie Moten, Jimmie Lunceford, Count Basie, denen er auch als Instrumentalist angehörte, während weiße Bandleader wie Glenn Miller und Artie Shaw bei ihm bestellten. Auch Jazzfans, die seinen Namen nie gehört haben, kennen seine Musik, etwa sein Stück „Topsy“, das Co-Autor Count Basie 1937 aus der Taufe hob; der frühverstorbene Herschel Evans, ein Cousin Durhams, spielt darauf ein Tenorsolo. Er war ein großer Anreger. Zwei Musiker, die als früheste E-Gitarristen in die Jazz-Geschichte eingingen, Charlie Christian und Floyd Smith, wurden dies erst, nachdem sie Durham gehört hatten. Smith bekam erst von seiner Mutter eine Gitarre, nachdem Durham sie bekniet hatte und Christian tauchte einmal bei ihm auf, um Rat zu bekommen. Er ließ sich von Durham allererste Grundlagen zeigen, um in kürzester Zeit seinen Mentor und alle anderen Gitarristen zu überflügeln. Durham war auch nur nebenbei ein Gitarrist, aber der erste, der schon in den 20er-Jahren mit einem selbstgemachten Verstärker auftrat und der erste Jazzer, der mit verstärkter Gitarre Aufnahmen machte („Bird Of Paradise“, 1935 bei Lunceford). 1938, als Charlie Christians erste Aufnahmen entstanden, nahm er an einer Aufnahmeserie teil, bei der die elektrische Gitarre im Jazz etabliert wurde. Dabei wurde unter anderem Durhams „Good Morning Blues“ verewigt (der in Basies Version mit dem Sänger Jimmy Rushing berühmter ist). Beteiligt waren Eddie Durham (g), Buck Clayton (tp), Freddie Greene (rh-g), Walter Page (b) und Jo Jones (dr). Die Gruppe war eigentlich Eddie Durham and his Base-Four (der Bandname hätte seinen Ruf etwas vergrößern können), ging aber als Kansas City Five in die Jazzgeschichte ein. Noch Jahrzehnte später hießen viele ad hoc zusammengestellte „basieitische“ Combos „Kansas City 3“, „Kansas City Septem“ und so weiter. Auch als Posaunist war Durham erfinderisch, fand er doch selbst eine Methode, anstrengungslos, nicht-pressend zu blasen. Eddie Durham wurde am 19. August 1906 im texanischen St. Marcos in eine sehr musikbegeisterte Familie hineingeboren. Nicht weniger als sechs Brüder wurden Musiker. Sie begleiteten seinen Vater, der bei Square Dances Geige spielte. Mit ihnen sammelte er auch seine ersten Erfahrungen im Durham Bros. Orchestra als Gitarrist. In den späten 20er-Jahren finden wir ihn bei Walter Page’s Blue Devils, einer Keimzelle des Kansas City Jazz, und im Orchester Bennie Moten, denen ja Count Basie den Weg ebnete. Durham war es, der Basie zu Moten brachte, um mit ihm Stücke wie „Moten Swing“ zu schaffen. Bei Moten begann er schon mit der akustischen Verstärkung der Gitarre durch Megaphone zu experimentieren. Als Mitglied des Orchesters trat er mit single line-Soli auf der Gitarre in Erscheinung – auch dies eine Pionierleistung. Bei Moten war er der Posaunist und Gitarrist, 1929 bis 1932 bereits Komponist und Arrangeur vieler Stücke, ja etwa 80 Prozent des Bandbooks, wiewohl ursprünglich großteils Head arrangements, also aus mündlichen Absprachen entwickelt, ging durch seine Hände. Er verlieh der Satzarbeit bei Moten den letzten Schliff. In den frühen 30er-Jahren vertrauten bereits Größen wie Cab Calloway, Andy Kirk und Willie Bryant auf Eddie Durhams Arrangements. Von 1935 bis 1937 war Eddie Durham bei Jimmie Lunceford als Arrangeur beschäftigt, für den er auch unzählige Arrangements schrieb. Als er Mitte 1938 Basie verließ, arbeitete Durham hauptsächlich als Arrangeur, unter anderem für Glenn Miller und Artie Shaw. Durham war ein Propagator der für Kansas City Swing typischen Riffs in Bigband-Arrangements. Ein solcher Riff aus seinem „Wham Re Bop Boom Bam“ floss später in Dizzy Gillespies „Salt Peanuts“ ein. 1940 leitete er kurz eine eigene Band. In den Jahren 1941 bis 1943 war er künstlerischer Leiter der International Sweethearts Of Rhythm, einer reinen Frauenband. Nach dem Zweiten Weltkrieg hörte man für Jahrzehnte fast nichts mehr von ihm. Er heiratete, zog sich aus dem Musikgeschäft zurück und seine Kinder groß. Erst in den 70er-Jahren hört man ihn wieder; mit der Harlem Blues and Jazz Band hatte er in den 80er-Jahren ein kleines Comeback und erlebte noch kurz vor seinem Tod wenigstens einen Teil jener Anerkennung, die ihm schon immer gebührt hätte. Marcus A. Woelfle |
|