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Selten hört man ein Instrument so magisch klagen und in intimer Versunkenheit raunen. So seufzen, aufleuchten und voller Pathos und heroischer Selbstvergewisserung durch tiefe Bewusstseinsschichten streifen – wie bei Verneri Pohjola. Wie ein Eigenbrötler ist der 34-jährige finnische Trompeter aus den einsamen Regionen des an eigensinnigen Individualisten reichen Nordlandes aufgetaucht. Mit mehreren Produktionen in kurzer Zeit errang er sich im Laufschritt eine begeisterte Gefolgschaft bei Kritik und Publikum. „Da erstrahlte eine Morgenröte (…) die Jazzwelt in Europa und sogar in Amerika…“ und „katapultierte sich in die Riege großer internationaler Jazzhoffnungen…“, ließen Kritiker die feuilletonistische Milch beinahe gleich überkochen. Aber natürlich ist der Sohn des 2008 viel zu jung verstorbenen Bassisten/Multiinstrumentalisten Pekka Pohjola weder aus den Tiefen irgendwelcher Wälder aufgetaucht, noch geschah das aus dem Nichts. Verneri Pohjola. Foto: Grosse-Geldermann/ACT Pohjola hatte sich in seiner Heimat längst, wenn auch mühsam, einen eigenen Namen erspielt, bevor er auf Empfehlung von Nils Landgren hurtig von Siggi Loch für dessen ACT-Label unter Vertrag genommen wurde. Beim renommierten Pori Jazz Festival holte er sich schon 2004 den Titel eines „Young Artist of the Year“. Auf diesem eingeschlagenen Weg führt er eine familiäre Tradition fort. Bruder Ilmari ist als Musiker, wie der Vater, ebenfalls multiinstrumentell unterwegs, der Großvater war Musikpädagoge und Chorleiter, ein Cousin des Vaters musikalischer Leiter des Birmingham Symphony Orchestra. Bei dermaßen fruchtbarem Musikhumus wundert es wenig, dass künstlerisches Talent praktisch mit den Genen vererbt worden ist – und der „rising star“ nach Musikschule und Pop-Akademie auf der Sibelius-Akademie weiterstudierte. Die hat auch Vater Pekka schon durchlaufen. Während des Studiums habe er sich „häufig selbst beweisen müssen, dass ich den Platz in der Schule mit meinem eigenen Spiel verdient habe und nicht durch den Namen meines Vaters bevorzugt worden bin“. Bei einigen Lehrern allerdings, von denen er wusste, „das waren keine Fans meines Vaters“, ist es für ihn sogar einigermaßen ungemütlich gewesen. Hier musste er erst aufreibend heraus bekommen, „wie ich mich bei ihnen bewähren konnte“. Als wirklicher Vater dagegen war er ein Ausfall, „ich lebte nach der Scheidung meiner Eltern, seit ich zwei war, mit meiner Mutter“. Später, als Musiker, „konnte ich ihn anerkennen. Er war ein sanfter Mann, obwohl er wohl nicht die beste Vaterfigur abgab.“ Künstlerisch ist er sicher Vorbild für Verneri, der immer schon seine eigene Musik machte wollte: „Ich habe Stücke komponiert und improvisiert, bevor ich ernsthaft begann mich mit Musik zu beschäftigen. Später habe ich mich nie darum gekümmert, was Jazz sein soll oder nicht. Ich möchte Musik spielen und schreiben, die aufrichtig ist und Zuhörer direkt anspricht.“ Das ist dem jungen Vater, „mein elfjähriger Sohn Ernsti hat viel Spaß an Musik“, mit seinem ersten Album „Aurora“ nach dem Nordlicht (Aurora borealis) durchaus gelungen. Dieses ist nicht nur als Erstlingswerk außerordentlich ambitioniert. Pohjola hatte die Vorstellung „jeder Komposition die Farben zu geben, die sie verdient. Ich wollte ein Album machen, wo ich Klänge kombiniere und kreiere, die den Charakter jedes einzelnen Stücks am Besten zum Ausdruck bringen.“ Daher arbeitete er, im Unterschied zum kürzlich erschienenen Zweitling „Ancient History“, nicht mit einer festen Gruppe, sondern mit einem Pool von insgesamt 15 Musikern. Neben Altmeister Juhani Aaltonen (fl) und der jungen Garde des finnischen Jazz spielen auch Bruder Ilmari (tb) und Vater Pekka Pohjola (e-bass) auf einigen Stücken mit. In wechselnden Besetzungen lassen diese mit einem überwiegend meditativen, luftigen Sound Stimmungsbilder entstehen, die voller Schattierungen und reich an Farbnuancen sind. Pohjola, der Stille liebt und für sich auch immer wieder sucht, hat das ein wenig mystisch anmutende, aus einprägsamen Themen lodernde „Aurora“ seinem Vater gewidmet, der kurz nach Fertigstellung der Aufnahmen verstorben ist. Michael Scheiner Diskografie:
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