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Jazzzeitung

2012/03  ::: seite 23

berichte

 

Inhalt 2012/03

Inhaltsverzeichnis

Sternlein STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazz-ABC: Vernon Reid no chaser: Gleichgültigkeitserklärungen (1) Farewell: Abschied vom zu Unrecht vergessenene Hal McKusick

Sternlein TITELSTORY: Die Elfe und der Bär
Gretchen Parlato und Gregory Porter

Sternlein GESCHICHTE -
Als das Xylophon zu Swingen anfing
Red Norvo, Pionier der Mallets
Als die Gitarre verstärkt wurde
Basies Weggefährten (5): Eddie Durham – Posaunist, Gitarrist, Arrangeur, Komponist

Sternlein Berichte
White City Music Festival im Hafen von Tel Aviv // Lehrer Big Band Bayern in Brasilien // Christian Muthspiels Yodel Group im Neuburger Birdland //43. Jazzwoche Burghausen // Cape Town Jazz Festival 2012 // Streiflichter auf die Jazzahead 2012

Sternlein Portraits
Stefan Bauer und die „Voyage“-Band// Bassist Manfred Bründl //Sängerin Jenny Evans im Gespräch // „Oregon“ // Komponist und Trompeter Verneri Pohjola // Thilo Wolf Big Band // Sängerin Lisa Wahlandt

Sternlein Jazz heute und Education
Mathias Eick gewinnt den BMW Welt Jazz Award 2012 //Erfolgsgeschichte: Kooperation zwischen AUDI und Birdland Jazzclub// Abgehört: Die Geige gehört einfach dazu
Jörg Widmosers Solo über Ceora

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

Musiker, die das Publikum liebt

Zum Cape Town Jazz Festival 2012

Bei 34.000 ist Schluss in Kapstadt. Sold out in advance, mehr Besucher sind nicht unterzukriegen im Kongresszentrum mit seinen fünf Bühnen. Stolze 34.000 waren es auch schon 2010 sowie im Jahr darauf. Bei Rashied Leonard, CEO bei der das Festival tragenden Company „espAFRIKA“, überwiegt Kapazitätskummer gegenüber der – an der Börse würde man sagen – eingepreisten Freude am Ausverkauftsein in Runde 13: „Wir haben uns von einem Jazzfestival zu einem Lifestile-Event entwickelt. Man trifft sich hier, und für manche ist das kaum weniger wichtig als die Musik. Wir könnten längst größer geworden sein. Ich denke bereits darüber nach, wohin wir umziehen könnten.“

Dorothy Masuka und Band. Foto: von Seckendorff

Dorothy Masuka und Band. Foto: von Seckendorff

Seine perfekt organisierte Großveranstaltung ist ein Ableger des weltweit größten, des North Sea Jazz Festivals. Bei Paul Acket konnte Rashid drei Jahre lang die Tricks of the Trade lernen. Dort hat man es mittlerweile auf bis zu 70.000 Zuschauer gebracht und will Platz schaffen für noch ein paar tausend mehr. Auch in Rotterdam sind solche Dimensionen nur möglich, wenn man weit über die Jazz Crowd hinaus Publikum gewinnt, weil jedermann zur alljährlichen musikalischen Stadtfete geht, bei der Jazz im Namen eine größere Rolle spielt als im Programm.

Lifestyle statt Jazz? Beim Interview im noblen Table Bay Hotel an Kapstadts Waterfront redet der schlaue Fuchs Rashid, den man nie ohne Käppi zu sehen bekommt, gar nicht erst um den heißen Eventbrei herum: „Wir wollen keine Veranstaltung für Puristen. Bei uns spielen die Musiker, die das Publikum liebt.“ Ganz so anbiederisch leicht macht es sich der ehemalige Mitarbeiter von P4 Smooth Jazz Radio allerdings doch nicht.

50 Prozent der Bands kommen laut Selbstverpflichtung aus Afrika. Es gibt ein umfangreiches Rahmenprogramm, das man nicht zuletzt großzügiger Unterstützung durch das Kulturministerium verdankt. Begabtes Jungvolk wird von Musikern und Fachleuten aus dem Business unterrichtet. Sogar Stipendien fürs ferne Berklee College stehen in Aussicht.

Dass manche Kritiker dennoch meinen, Rashid sollte sein Festival lieber in „Cape Town Easy Listening“ umbenennen, hat er sich mit dem Entschluss eingebrockt, für die größten Bühnen vor allem Massenkompatibles zu buchen. Gerade viele schwarze Südafrikaner halten nun mal die Stars der Kenny-G-Liga für das Attraktivste, was die aktuelle Jazzszene zu bieten hat. Entsprechend war denn auch die 8.000 Leute fassende „Kippies“-Arena übervoll, als Saxophonist und Festivaldauergast Dave Koz mit routinierten Showallüren Intensität inszenierte. Und der gediegene Schmuse-Soul von James Ingram hatte solche Sogwirkung, dass Mike Stern samt Dave Weckl nebenan auf ziemlich verlorenem Posten stand.

Damenhaft glatt am Folgetag Patti Austin, die schon zum Einstieg mitklatschen und auf Hits wie George Bensons „Just Give Me The Night“ eine mit fiesen Synthie-Sounds verklebte Version von „Smoke Get’s In Your Eyes“ folgen ließ. Zum Glück ist selbst im ausverkauften Kongresszentrum ein Saalwechsel entspannt möglich, zu Marcus Miller beispielsweise, der allerdings auf routinierte Funkfusion setzte. So fade also im Großen und Ganzen die Abteilung „Adult Contemporary“ wirkte, so spannend spielte das Trio eines jungen kubanischen Pianisten: Alfonso Gonzales in den Fußstapfen von Gonzalo Rubalcaba.

Meist mitreißend gerieten die Konzerte (süd-)afrikanischer Musiker – allen voran der Auftritt von Hugh Masekela, der den Songs von Miriam Makeba gewidmet war. Seinen „Mama Africa Tribute“ an die wichtigste Musikerin des Kontinents quittierte das Publikum vom ersten Song an mit ekstatischer Tanzlaune. Hugh zeigte sich von seiner heimatverbundenen Seite, nicht nur als Trompeter, sondern auch afro-tänzelnd und wunderbar unakademisch singend.

Auf den ersten Blick eigenartig, dass ausgerechnet die ein ähnliches Publikum ansprechende Capejazz-Legende Dorothy Masuka parallel zu Masekela auftrat. Es war dies aber kein unseliger Zufall, sondern bewusste Strategie, um zu verhindern, dass bei letzterem viele Enttäuschte draußen bleiben müssen. So überschnitten das zwischen No Nonsense-Jazz und Cape-Grooves à la Chris McGregor pendelnde Sextett des Bassisten Herbie Tsoaeli mit einem Quintett, für das Steve Dyer als einer der wichtigsten Bläser und Komponisten im Lande souveräne Jungmusiker vereint hatte
Zu später Stunde wurden sowohl straighte Jazzfans bedient (Kevin Mahogany, David Sanchez mit dem einmal mehr frappierenden Gitarristen Lionel Loueke) als auch Tanzwütige mit dem Reggae von Third World, Clubmusik mit senilen Texten („Bum Bum“) von Zakes Bantwini oder dem Rapper Pharoahe Monch: supercool, ganz viel böse, mächtig gut.

Klaus von Seckendorff

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