Anzeige ![]() |
|
|
Anzeige ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
|
Ella Fitzgerald Der Jazz verdankt ihm auch die Etablierung der Live-Jazz-Platte, die zunächst das Nebenprodukt einer anderen Idee war: Granz hatte in den 40er-Jahren die Jam Session für das Konzertleben entdeckt und mit den Aufnahmen gleich den Plattenmarkt mit versorgt. Er hatte das tourende Konzertunternehmen „Jazz At The Philharmonic“ ins Leben gerufen, mit dem er sich nebenbei auch erfolgreich für Rassenintegration einsetzte. Ella gehörte zu JATP wie der Big Ben zu London und der schiefe Turm zu Pisa, nur dass sie dank einer unermüdlichen Tourneetätigkeit in jenen Tagen buchstäblich überall auf der „zivilisierten“ zu bewundern war und dabei freilich auch aufgenommen wurde. Den Anfang machte Granz selbst 1957 mit „Jazz At The Opera House“, dem Live-Alben wie der Meilenstein „Ella In Berlin“ von 1960 folgten. Zur Diskographie jener Jahre gehören auch Mitschnitte von Rundfunkstationen oder Amateuraufnahmen, die nie für die Platte gedacht waren, die das ohnehin bereits umfangreiche Granz-Material ergänzen. Sie zeigen, dass Ella praktisch am laufenden Band für Sternstunden sorgte und dabei selbst viel Spaß hatte – trotz des strapaziösen Immeraufachseseins, das die Kräfte vieler überfordert hätte, nie unter ihr hohes Niveau sank. Zu Hilfe kam ihr freilich die Tatsache, daß sie bei den JATP-Konzerten nur einen Set zu bestreiten hatte. So ist der vorliegende, aufnahmetechnisch untadelige Mitschnitt vom 18. Februar 1961 aus dem Amsterdamer Concertgebouw der zweite Teil eines Konzertes, das vom Oscar Peterson Trio eröffnet worden war. Kaum einer ahnte, was sie bei solchen Gelegenheiten ausstand. Der unlängst verstorbene Arrangeur Russ Garcia berichtet: „Sie war eine wunderbare Sängerin. Sie war ja so schüchtern. Wir waren bei einem Jazzfestival in Europa. Bevor sie auf die Bühne ging, war sie in völliger Panik. Doch wenn sie dann das Mikro in der Hand hatte und ihre erste Note sang, war sie in ihrem Lied und sang wie ein Engel. Da war sie der Weltchampion unter den Sängern und fürchtete sich vor dem Publikum zu singen. Doch sobald sie in der Musik war, vergaß sie sich selbst.“ Ein instrumentaler Moll-Blues, der die exquisiten Begleiter zum ersten und letzten Mal zu den Hauptakteuren macht, hilft ihr in Amsterdam sich auf den Eintritt einzustimmen. Auf der Bühne swingt fast die gleiche bewährte Besetzung wie beim legendären Berliner Konzert des Vorjahres, wo noch Jim Hall Gitarre spielte: Lou Levy (p), Herb Ellis (g), Wilfred Middlebrooks (b) und Gus Johnson (b). Niemand kann behaupten, wir hätten zu wenige Live-Aufnahmen aus dieser Schaffensperiode. Eine Woche zuvor entstand in der gleichen bewährten Besetzung „Ella Returns To Berlin“; zehn Tage danach entstand ein weniger bekannter Mitschnitt in Belgrad und im Mai 1961 wurden dann „Ella in Hollywood“ und die „12 Nights in Hollywood“ für Verve verewigt. Wer diese Alben kennt, erlebt bei den Amsterdamer Aufnahmen freilich keine „Überraschungen“ – es sei denn, man betrachtet Details als solche, etwa die Tatsache, dass Ella auf Publikumswunsch „My Funny Valentine“ aufs Programm setzt: Sie hatte es zuletzt 1958 live aufgenommen und diese Version ist wohl die letzte dokumentierte ihres Lebens. Sie entschuldigt sich beim Publikum, dass sie die Noten nicht dabei haben und es ohnehin keine Plattenaufnahme werde. Sie legt so viel Herzblut in ihre vollkommene Interpretation, dass man feuchte Augen bekommt. Sonst erlebt man in diesem Amsterdamer Mitschnitt das Nonplusultra an Sangeskunst in bewährtem Repertoire jener Tage, Innigkeit und Wärme in „Heart and Soul“, den unbeirrbaren Swing in „That Old Black Magic“, die mitreißende Heiterkeit in „You’re Driving me Crazy“, die Satchmo-Imitation in „Mack The Knife“ und die furiose Scatterei im „St. Louis Blues“. Gershwins „Lorelei“ (witziger als die berühmte Berliner Version geraten) animiert nicht nur das Amsterdamer Publikum zum Lachen (sogar noch mehr als kurz darauf die Hollywooder), sondern auch sie selbst. Danach begeht sie noch im Überschwang der Lorlei-Verkörperung ausgerechnet bei ihrem Dauerbrenner „Mr. Paganini“ einen Schnitzer. Sie kann sich offensichtlich den Namen „Concertgebouw“ nicht merken, den sie einbauen will, und auch beim zweiten Anlauf klappt es nicht. Das ist aber die einzige Panne und man nimmt amüsiert und erleichtert zur Kenntnis, dass Genies Menschen sind, keine unfehlbaren Computer. Da dieser unvergessliche Set etwas zu kurz ist, hat man ihm um zwei Verve-Aufnahmen ergänzt, die hier seltsamerweise erstmals auf CD erscheinen: „My Bill“ und „Why Don’t You Do Right“ vom Carnegie-Hall-Konzert vom 19. September 1953. Ray Brown (b), Buddy Rich (dr) und erstmals der seltsam unbekannt gebliebene Raymond Tunia (p), der allerdings ein Jahr noch wiederholt mit der Sängerin musizieren sollte, assistieren. Ella ist nicht weniger beflügelt als zwei Monate später in Tokyo, wo sie in ähnlicher Besetzung auftrat. Wie gesagt: Es gibt schon so viele ausgezeichnete Live-Alben Ellas in dieser Art, aus dieser Zeit, mit diesen Musikern. Sollte aber noch ein Dutzend davon erscheinen, so hätte ich sie lieber schon heute als morgen in meinem Briefkasten. Gerry Mulligan and the Concert Jazz Band At The Village Vanguard |
|