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Jazzzeitung

2011/04  ::: seite 18

jazz heute

 

Inhalt 2011/04

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazzlexikon: Edward „Kid“ Ory Farewell: Kurt Maas / Ray Bryant Geschichte: Vor zwanzig Jahren verstarb der Trompeter Miles Davis no chaser: Jazz schlägt Shakespeare


TITEL -
Ein bisschen leise...
Scofield & Metheny und ihre neuen Alben


Berichte

German Jazz Trophy 2011 für Dave Holland // 40. Moers Festival für Improvisierte Musik // Die dritte Auflage von „Sounds No Walls“ // 29. Südtirol Jazz Festival Alto Adige // 30. Bayerischen Jazzweekend 2011 // Sonny Simmons – in Dankbarkeit // George Gruntz Concert Jazz Band in Neuburg


Portraits

Mo’ Blow // Sabine Müller // Der Schlagzeuger Jochen Rückert // Caroline Thon


Jazz heute und Education
Bert Noglik übernimmt künstlerische Leitung des Jazzfestes Berlin // Das neue Jazz-Label Egolaut in Leipzig // Abgehört: Weite dynamische Sprünge
Ein Live-Solo des Posaunisten Eddie Bert

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

 

Für Selbstverwirklicher

Das neue Jazz-Label Egolaut in Leipzig will eine Szene etablieren

Es ist eine schmale Treppe, die in einem Leipziger Hinterhaus zum Büro von Egolaut führt. Bis hinauf ins Dachgeschoss muss man steigen, um zur Zentrale des jungen Leipziger Plattenlabels zu kommen. Vorbei an einem alten, abgedroschenen Schlagzeug, durch alte Holztüren hindurch und dann steht man in diesem Raum, der ein bisschen alt und abgewohnt wirkt. Genau so stellt man sich ein Start-Up von engagierten Studenten vor. Viel repräsentieren müssen Sascha Stiehler, Antonio und Robert Lucaciu nicht. Zumindest nicht mit ihrem Büro, in dem ein kleiner Schreibtisch, ein Klavier und ein großes Sofa Platz haben. Und ein Computer natürlich.

Antonio Lucaciu, Sascha Stiehler und Rober Lucaciu wollen mit ihrem Label Egolaut jungen Jazz-Musikern in Leipzig eine Heimat geben. Foto: Tino Sieland

Bild vergrößernAntonio Lucaciu, Sascha Stiehler und Rober Lucaciu wollen mit ihrem Label Egolaut jungen Jazz-Musikern in Leipzig eine Heimat geben. Foto: Tino Sieland

Die Tonträger, die die drei Musikstudenten vermarkten und die Art, wie sie ihr frisch gebackenes Plattenlabel im Internet präsentieren, ist dagegen jung, frisch, klar strukturiert und hat von Anfang an ein einprägsames Corporate Design bekommen. Die veröffentlichten CDs sind durchnummeriert. Alle Cover haben einen gelben Rahmen, der das individuelle Coverbild begrenzt. In leuchtendem Gelb ist auch die Homepage des jungen Leipziger Plattenlabels gestaltet. Man meint nicht, dass die drei Jungs einfach nur Musikstudenten sind, die ein spannendes Projekt nebenbei betreiben. Eher wirkt das, was sie tun, wie aus einem Lehrbuch für Marketing und Gestaltung. „Der Name Egolaut ist bewusst gewählt“, sagt Sascha Stiehler. Der negative Touch von Egoismus soll nicht mitschwingen. „Ego in der wörtlichen Übersetzung ist das Ich, das Ichbezogene und bedeutet für uns Selbstverwirklichung, Selbstdarstellung und selbst Dinge zu erschaffen.“

Mit ihrem Plattenlabel Egolaut ist das den drei Musikstudenten gelungen. Egolaut soll kein Plattenlabel wie alle anderen auf dem Markt sein. Gegründet haben es die drei vor allem für junge Jazz-Musiker aus Leipzig und Mitteldeutschland. Denn dort sehen sie ein Problem: An der Hochschule für Musik und Theater werden junge Jazz-Talente zwar gut ausgebildet. Aber nach dem Studium fehlt eine wirkliche Szene und Jazz-Clubs für Auftritte. Die Folge: Junge Jazz-Talente wandern ab, ziehen in Zentren wie Berlin oder Hamburg, vielleicht sogar nach New York. In die Lücke, die sich in Leipzig in Sachen Jazz auftut, sind die drei Musikstudenten mit ihrem Konzept Egolaut gesprungen und wollen sie schließen.
Eine neue Leipziger Jazz-Szene kreieren – das geht natürlich nicht. Das muss sich von selbst entwickeln. Bedingungen schaffen, damit sich eine Szene etabliert, das können die drei Mittzwanziger aber. „Die Künstler nehmen die Platten auf, bringen sie bei uns raus und wir promoten sie“, sagt Antonio Lucaciu. Egolaut soll eine Plattform sein, die von den Künstlern mit gestaltet werden kann. „Wir wollen kein fertiges Produkt; und auch das Bild, das wir nach außen zeigen, soll von den Künstler mit geprägt werden“, sagt Antonio Lucaciu.

Am Anfang haben Antonio, Robert und Sascha ihre eigenen Musikprojekte veröffentlicht. Der erste Musiker, der kein Mitbegründer des Labels ist und seine Musik über Egolaut vertreibt, ist Niklas Kraft. Der 19-Jährige studiert Saxophon in Leipzig und ist der Kopf des Niklas Kraft Quartetts. Für seine erste Platte „Ohne Sorgen“ hat er sich bewusst das neue Leipziger Label ausgesucht „Mir war wichtig, dass die Leute nicht den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen, nur wirtschaftlich arbeiten wollen und gar keine Ahnung von dem haben, was man macht“, sagt Niklas Kraft.
Zum Projekt Egolaut gehört auch ein Live-Club; er ist auch die grundlegende Bedingung für das Etablieren einer Jazz-Szene. Den „Telegraph“, der auch schon über Leipzig hinaus eine bekannte Adresse ist, haben die drei jungen Jazz-Musiker initiiert. Dort organisieren Antonio, Robert und Sascha seit April 2010 etwa 100 Konzerte jährlich. Und Egolaut will weiter gehen: „Wir wollen im nächsten Jahr ein eigenes Festival ins Leben rufen“, verkündet Robert Lucaciu. So könnten neue Projekte entstehen und die Vernetzung der Musiker noch besser werden.

Stefan Reisner


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