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Paris ist für deutsche Urlauber gerade im Frühjahr sehr beliebt. Zu Ostern durch die Seine-Metropole zu streifen durch Museen, alte bekannten Stadtviertel, versorgt mit gutem Essen, mit den Kurzurlaubern an den Ufern der Seine shoppen usw. usw., das hat was. Beginnen wir im März in Paris, wo in diesem Jahr zum 28. Mal das
Banlieue Bleue Festival vom 11. März bis 8. April stattfand. Das Programm ist meist stark an der europäisch-amerikanischen Begegnung orientiert, die auch Süd- und Mittelamerika sowie Afrika einbezieht. Namen wie Spanish Harlem Orchestra, Napoleon Maddox, Vijay Ijer, Antony Coleman, Taylor Ho Bynum, Esperanza Spalding sagen schon alles. Natürlich waren auch bekannte Franzosen dabei, wie Michel Portal, Vincent Courtois, die jungen Bands Radiation 10 oder das Émile Parisien Quartet. Ein ganz besonderer Schwerpunkt war aber Mittelamerika, vor allem Haiti. So eröffnete am Freitag, den 11. März im Theater in Saint Ouen (nördlich vom Place Clichy) der in den USA lebende und aus Guadeloupe kommende französische Saxophonist Jacques Schwarz-Bart mit seinem Haiti Programm („Jacques Schwarz-Bart‘s ‚Jazz-racines Haiti‘“) das Festival nach dem Auftakt durch das New Yorker Septet Gato Loco mit dem Saxophonisten Stefan Zeniuk. Und wie sollte es anders sein: Das Theater in Saint Ouen war ausverkauft,
wie meist bei den französischen Festivals. Der Rundfunk war anwesend
und die 14tägige Vorort-Rallye konnte beginnen. Das Finale gab es dann vom 11. bis 17. Mai in Le Mans, wie immer mittags
in der Collegiale Saint-Pierre-La Cour, am Fuße der Ville Plantagenet,
gekrönt von der berühmten Kathedrale. Schwerpunkte waren hier
wieder kleine freie Projekte der besonderen Art, zum Beispiel mit Joelle
Léandre oder Barre Philipps. Nachmittags ging es auf das andere
Ufer der Sarthe in „La Fonderie“ mit dem Schwerpunkt junge
Bands mit Sidony Box oder Metal O Phone, beides ausgesuchte Projekte
des „Migration-Programms“. Mit diesem fördert der Festivalverband
Afijma ausgesuchte junge Projekte, die dann in den 31 Festivals in Frankreich
ihren Platz finden. Projekte wie Retroviseur oder das Quartet von Émile
Parisien, die in Deutschland mittlerweile oft zu hören waren, gehörten
in den letzten Jahren dazu. Und fand abends in der schönen und romantischen
Abbaye de l’Èpau, dem von der Witwe von König Richard
Löwenherz im Mittelalter gegründeten Kloster, die Höhepunkte
des Festivals statt. Dieses Mal gab es das Duo Archie Shepp/Joachim Kühn,
das Double Trio des Caruínettes u.a. mit Gebhard Ullmann und Jean-Marc
Foltz, das Enrico Rava New Quintet, das außergewöhnliche Projekt „Vivaldi
Universel“ von und mit dem Saxophonisten Christophe Monniot, das
Francois Carneloup Trio mit der Bassistin Hélène Labbarière,
die Jack de Johnette Group, „Das Kapital“ und „Luc
Ex & Veryan Weston SOL 12“. Natürlich gibt es auch in Frankreich, wie in allen europäischen Ländern, gelegentlich unangenehme öffentlich Kürzungsaktionen für die Etats. Aber insgesamt wird auch diese Branche der Kultur auf gleiche Weise wie alle anderen unterstützt. Und es fällt immer wieder auf, dass zum Beispiel die französische GEMA, SACEM, ganz selbstverständlich zu den Sponsoren gehört. Das heißt, die Inanspruchnahme von Urheberrechtsgebühren ist in Frankreich verbunden mit der Förderung dieser Musik. Bevor man dann die besondere Reise zu dem französischen Festival JAZZDOR in Berlin antritt noch ein kleiner Umweg an die Kanalküste, nach Coutance nicht weit von Mont Saint-Michel entfernt: Dort gab es dieses Jahr vom 28. Mai bis 4. Juni die 30. Ausgabe des Festivals „Jazz Sous Les Pommiers“, ein Name der daran erinnert, dass der Cidre aus dieser Gegend, der Normandie kommt. Auch hier ein erlauchtes Programm internationaler und nationaler Größen, verbunden mit einer wunderbaren Stimmung, nicht weit vom Kanalufer, und Ausblick auf den Atlantik. Besucher aus Coutances schwärmen unentwegt von der Gegend, der Musik, dem Cidre… Nun auf nach Berlin, dessen reichhaltige Kulturszene seit fünf Jahren auch im Bereich des Jazz Einblick in das französische Jazz-Geschehen erhält. Nach unterschiedlichen Versuchen an schönen Orten ist das Festival nun seit dem vergangenen Jahr in der Kulturbrauerei am Prenzlauer Berg fest verankert. Mit dem viertägigen Programm vom 2. bis 5. Juni stellte der Impresario Philippe Ochem aus Strassburg insgesamt zwölf aktuelle französische Projekte vor. Eine solch geballte und anspruchsvolle Qualität erlebt man selten auf Festivals in Deutschland. Und trotz der feiertagsbedingten Ferienzeit war der Saal immer gut gefüllt. Hans-Jürgen von Osterhausen
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