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Jazzzeitung
2011/03 ::: seite 9
portrait
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Eine professionelle Big Band ist ein kostspieliger Klangkörper,
den zu unterhalten sich heute gerade einmal eine Handvoll öffentlich-rechtlicher
Rundfunkanstalten oder die Bundeswehr leisten. In Regensburg hat die
Stadt zusammen mit dem örtlichen Volvo-Autohaus als Sponsor einen
neuen Weg der Förderung eingeschlagen. Sie unterstützt das
Jazz Orchester Regensburg als „quasi-kommunales“ Ensemble
und gibt mit einigen anderen Unterstützern aus dem Kulturbetrieb
den starken Partner im Rücken der Musiker. Der Wirkungskreis des
Orchesters blieb dabei bisher auf die Domstadt beschränkt, doch
eine Städtepartnerschaft mit Brixen in Südtirol soll nun den
Grundstein für weitere Auftritte fern der kulturellen Heimat legen.
Die Jazzzeitung sprach mit dem musikalischen Leiter des JOR Ed Partyka über
den bevorstehenden Auftritt beim Südtirol Jazzfestival Alto Adige
und was danach kommen soll.
JazzZeitung: Herr Partyka, das JOR unternimmt
zum ersten Mal seit seiner Gründung 2008 eine Konzertreise. Ist der Weg nach Südtirol
ein Aufbruch in eine neue Ära, in der sich das Orchester öfter überregional
präsentieren wird?
Ed Partyka: Auf jeden Fall, denn für das JOR und auch die Stadt
Regensburg wäre es enorm wichtig, diese in Deutschland einzigartige
Institution einem breiteren Publikum vorzuführen. Vergleichbare
Orchester im Ausland, wie das Zurich Jazz Orchestra oder das Lucerne
Jazz Orchestra, oder die Norrbotten Big Band und das Stockholm Jazz Orchestra
machen seit Jahren immer wieder Tourneen ins Ausland. Das hat natürlich
einen positiven Effekt auf das Ansehen der jeweiligen Städte und
der einheimischen Musikszenen. Da wollen wir auch hin und mittelfristig
haben Auftritte der Band im Ausland oder zumindest außerhalb Regensburgs
oberste Priorität für uns.
JazzZeitung: Till Brönner hat die Big Band-Szene kürzlich recht
pessimistisch eingeschätzt und den Rundfunk-Big-Bands noch eine
maximale Lebensspanne von fünf bis zehn Jahren prophezeit. Könnte
das „Mischsponsoren-Modell“ des JOR eine Alternative für
die Zukunft sein?
Partyka: Ich weiß nicht, ob die Prognose von Till Brönner
eintritt, aber es ist auf jeden Fall ein mögliches Szenario. Aber
ich glaube schon, dass das JOR-Modell die Zukunft ist. Dieses breite
Fundament an Unterstützung, das verschiedene Partner liefern können,
ist das Wichtigste. Wenn es passieren sollte, dass ein Partner wirtschaftlich
angeschlagen ist, können die anderen einspringen, bis es ihm wieder
besser geht. Und ohne die Unterstützung durch die Stadt Regensburg
wäre das alles sowieso nicht möglich.
JazzZeitung: Wobei die notorisch klammen Kommunen
doch gerade in finanzieller Hinsicht wacklige Partner sein dürften...
Partyka: Ok, das mag stimmen, aber die Unterstützung und die Infrastruktur
der Stadt ist wahnsinnig wichtig für ein Projekt wie unseres. Es
gibt Kommunen, in denen die Kultur oder der Jazz von den Politikern ignoriert
wird – das ist in Regensburg definitiv anders.
JazzZeitung: Ein Jazzfestival ist ein anderes Kaliber als ein Jazzclub,
der finanziell oft weniger Spielraum hat. Sehen die Auftritts-Möglichkeiten
für ein Jazzorchester da nicht sehr schlecht aus?
Partyka: Es kostet natürlich viel Geld, ein Jazzorchester auf Tournee
zu schicken, und das geht nur mit Förderung. Für die Sponsoren
bedeutet das Geld, das sie zusätzlich in die Hand nehmen müssen.
Wir sind schon länger dabei, entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten
zu checken und wenn es gelingt, die Sponsoren vom Mehrwert so einer Unternehmung
zu überzeugen, machen wir eine Tournee. Eine andere Baustelle ist
eine CD-Aufnahme, die wir hoffentlich 2012 vorlegen können, dann
haben wir es mit den Bewerbungen in den Clubs und bei Festivals auch
leichter.
JazzZeitung: ...das heißt dem JOR geht es nicht anders als den
kleineren Bands, die ohne Demo keinen Gig bekommen?
Partyka: Ja, natürlich. Keiner kauft die Katze im Sack, das gilt
für große wie kleine Formationen. Aber wir haben einen sehr
guten Ruf in Regensburg und Umgebung, und mit einer CD werden wir den
auf ganz Deutschland und das Ausland ausweiten. Interview: Jörg Lichtinger |