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Jazzzeitung

2011/03  ::: seite 4

jazzlexikom

 

Inhalt 2011/03

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazzlexikon: David „Fathead“ Newman Farewell: Schlagzeuger Joe Morello Geschichte: Louis Armstrong – Zum 110. Geburtstag und 40. Todestag no chaser: Das globale Dorf


TITEL - Horizonterweiterung
Jazz im Chor – wie geht denn das?

DOSSIER Festivals im Sommer 2011
Termine, Webadressen und ein Lineup


Berichte

Musik bei der jazzahead // Internationale Jazzwoche Burghausen 2011 // Kurt Weill Fest Dessau // Trondheim Jazzfestival 2011 // Messe jazzahead auf Expansionskurs


Portraits

Le Bang Bang // Johannes Enders // Helge Lien im Gespräch // „mit4spiel5“ // Jazzorchester Regensburg // Jazzkomponist Heiner Schmitz // Julian & Roman Wasserfuhr im Interview


Jazz heute und Education
Ulli Blobel, jazzwerkstatt Berlin-Brandenburg, und das Festival Peitz // Julia Hülsmann und Peter Ortmann für die Bundeskonferenz Jazz auf der Musikmesse // In Münchens alter Jazzheimat starten zwei neue Locations // Abgehört: Zum 40. Todestag von Satchmo
Louis Armstrongs Solo über Ain‘t Misbehavin‘

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

David „Fathead“ Newman

24. Februar 1933 Corsicana, Texas – 20. Januar 2009 Kingston, New York

1959 erschien Newmans erstes Album: „Fathead. Ray Charles presents David Newman.“ Berühmt wurde insbesondere das Eröffnungsstück: “Hard Times”. Ähnlich Bobby Timmons “Moanin’” und einer handvoll anderer bluesy oder churchy konzipierter Stücke jener Tage, verkörpert es ideal den souligen Spirit des Jazz vor einem halben Jahrhundert. Zu diesem Zeitpunkt war Ray Charles längst ein Popstar. Dazu David New­man: „Einige Leute betrachteten uns als R&B-Band. Die tiefere Wahrheit ist aber, dass wir eine Jazzband waren.“

Drei Musiker spielten bei Charles unwiderstehlich bluesig und boppig, wohlig und soulig Saxophon. Diese drei, die lange als Saxophongruppe zusammen musizierten wie ein lebendiger Organismus, ja lange nach ihrer Zeit bei Ray Charles freundschaftlich verbunden blieben, legten auch nahezu gleichzeitig ihre Instrumente für immer aus der Hand. Der Baritonist Leroy „Hog“ Cooper verstarb am 10. Januar 2009 an Herzversagen. Ihm folgte der zunächst als Baritonist eingesetzte Star-Tenorist, Altist, dann auch als Flötist bekannte David “Fathead” Newman am 20. Januar wegen eines Krebsleidens ins Grab. Der zunächst als Baritonist bekannt gewordene Altsaxophonist Hank Crawford schließlich erlag am 29. Januar einem Schlaganfall.

„ Fathead“ war ein „Texas Tenor“. Entsprechend kraftvoll zupackend, erdig, bluesig, sozusagen „straight ahead“ kam seine Musik daher, aber immer mit einer guten Portion lässiger Entspanntheit und bewundernswerter Ökonomie der Mittel. David Newman begann als Altsaxophonist in der Lincoln High School. Dort verlor ein Lehrer angesichts eines schlampig ausgeführten Arpeggios einmal die Geduld und titulierte ihn mit „Fathead“, was soviel heißt wie Dummkopf. Auf den Plattencovern sieht man aber meist in kein fettes, sondern in ein schmales, kluges, gutmütiges Gesicht, aus dem eher traurige Augen blicken. Ein Album zu seinem 75. Geburtstag nennt sich „Diamondhead“ - ein angemessenerer Ehrenname.

Zu Beginn seiner Karriere spielte David New­man, der übrigens nicht nur Musik, sondern auch Theologie studierte, bei Buster Smith, einem sagenhaften texanischen Altisten, dessen Musik heute weniger bekannt ist als die Tatsache, dass er den Altisten der frühen Moderne beeinflusste: Charlie Parker. Schon zu dieser Zeit war David Newman ein Musiker, der sich hauptsächlich in Blues und in R&B-Gefilden tummelte.

Newman kam im September 1954 zu Ray Charles und wirkte 12 Jahre bei ihm, entwickelte sich vom Baritonisten zum Star-Solisten. Ray Charles betrachtete ihn als eine Art Alter Ego. So wie Newman hätte er selbst gerne gespielt, wäre er nicht Pianist geworden, sondern Saxophonist geblieben. “Ich genoss die Wechselbeziehung zu Ray”, erklärte David Newman, “denn wir teilten die musikalische Herkunft. Die Grundlage war Soul. Aber das Haus, das wir darüber errichteten, war Jazz. Da wir ungefähr gleich alt sind, hatten wir entsprechende Soundvorstellungen. Unsere erste Liebe hatte den Big Bands gehört. Wir wuchsen mit Buddy Johnson oder Tiny Bradshaw auf, doch wir wurden auch durch den Bebop radikalisiert. Bird hatte unsere Welt auf den Kopf gestellt. Wir gehörten zu einer Generation, die einen Fuß in der Vergangenheit hatte, etwa bei Ellington und Basie – und einen Fuß in der Gegenwart, etwa bei Dizzy und Miles. Also lernten wir das alles zu tun.“

„Was mich an Fathead umwarf, war sein Jazz-Können“, erklärte Charles seinem Bio­grafen David Ritz. „Wir spielten damals Blues, weil die Leute damals Blues wollten. Blues war das, was Du „kommerziell“ nennen würdest. Natürlich liebten wir den Blues. (...) [Doch] Jazz erforderte Brillanz. Und, glaube mir, Mann, Fathead war durch und durch brillant.“

Marcus A. Woelfle

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