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Jazzzeitung

2011/03  ::: seite 3

jazz heute

 

Inhalt 2011/03

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazzlexikon: David „Fathead“ Newman Farewell: Schlagzeuger Joe Morello Geschichte: Louis Armstrong – Zum 110. Geburtstag und 40. Todestag no chaser: Das globale Dorf


TITEL - Horizonterweiterung
Jazz im Chor – wie geht denn das?

DOSSIER Festivals im Sommer 2011
Termine, Webadressen und ein Lineup


Berichte

Musik bei der jazzahead // Internationale Jazzwoche Burghausen 2011 // Kurt Weill Fest Dessau // Trondheim Jazzfestival 2011 // Messe jazzahead auf Expansionskurs


Portraits

Le Bang Bang // Johannes Enders // Helge Lien im Gespräch // „mit4spiel5“ // Jazzorchester Regensburg // Jazzkomponist Heiner Schmitz // Julian & Roman Wasserfuhr im Interview


Jazz heute und Education
Ulli Blobel, jazzwerkstatt Berlin-Brandenburg, und das Festival Peitz // Julia Hülsmann und Peter Ortmann für die Bundeskonferenz Jazz auf der Musikmesse // In Münchens alter Jazzheimat starten zwei neue Locations // Abgehört: Zum 40. Todestag von Satchmo
Louis Armstrongs Solo über Ain‘t Misbehavin‘

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

no chaser

Das globale Dorf


Im letzten Jahr hat das Musikmagazin Spex die Plattenkritik abgeschafft. In der Publikumspresse findet selbst die Popszene nur noch als Promi-Klatsch statt. (Amy säuft wieder, Pink kriegt ein Kind.) Allenfalls lokal ist Musik noch ein Event-Thema: In Berlin ist eine bestimmte Soul-Kneipe in, in Regensburg steigt eine geile 80er-Jahre-Party, in München hat unsere Band 1.000 Fans.

Ein allgemeiner musikalischer Konsens liegt nicht vor, CD-Rezensionen lohnen nicht mehr, der überregionale Musik­journalismus stirbt. Auch das ist ein Erfolg des Internets: Das globale Dorf ist Wirklichkeit geworden. Nicht im Sinn von „Der Globus wird klein wie ein Dorf“, sondern: „Es gibt globusweit nur noch Provinz“. Im Internet blühen die Cliquen und Kleinstszenen: Dorfklatsch statt Schwarmintelligenz. In den Foren regieren Stammtisch-Weisheit und Halbwissen.

In Facebook hat man 500 Freunde, die sind dein Dorf. Man teilt dort „Inhalte“, aber nicht den Inhalt einer Flasche guten Rotweins, sondern Zufälliges, Alltag, Hörensagen. Sogar Unsympathen, denen ich im realen Leben tunlichst aus dem Weg gehe, wollen in Facebook meine Freunde werden. Der Freund eines Freundes verrät, wo er in Spanien gerade den Abend verbringt. Musiker teilen mir mit, dass sie jetzt mit ihrem Endorser befreundet sind. (Meinetwegen können sie ihre Trompete heiraten!) Ich sag’s mal so: Das Informations-Zeitalter ist zu Ende, das digitale Gerüchte-Zeitalter beginnt, ein finsteres neues Mittelalter.

Wer die Chuzpe hat, wird zum Star einer Online-Provinz. Auch der Jazzmusiker von morgen braucht nur zwei Dinge: einen Laptop und eine Internet-Gemeinde. Dann kann’s losgehen: im Keller sitzen, Computer-Schaltkreise verlöten, Zufallstöne erzeugen, das Ganze im Livestream übertragen und danach auf YouTube stellen. Jazz findet nur noch statt, wenn er online ist. Und wenn 500 Freunde das gut finden.

Rainer Wein (rainer.wein@gmx.net)

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