Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Bequeme Wechsel von Standgesprächen zu Konzerten innerhalb der Messe Bremen waren ein Markenzeichen der jazzahead. Nun ist das Festival auf Expansionskurs, hat Konzerte auf Clubs im Stadtgebiet dezentralisiert, um mehr oder zumindest anderes Publikum zu erreichen. Von der Idee her plausibel, doch praktisch gab es einige Schwierigkeiten. Was für Einheimische von Vorteil ist, wurde unter Umständen für Ortsunkundige zur Odyssee durch Bremen, weil Clubs in Seitenstraßen nicht immer einfach zu finden waren. Darüber hinaus haben die Clubs die straffe Organisationsstruktur der jazzahead nicht übernommen, sodass angekündigte Anfangszeiten nicht eingehalten wurden und deswegen manche Interessierte sich in Warteschlangen ärgerten. Dafür wurden sie dann oft von hervorragenden Gigs wie dem Auftritt der deutschen Funky Groove Band Three Fall im Lagerhaus entschädigt. Überhaupt kennzeichnete die Jazzahead 2011 ein modifiziertes Profil: keine exzeptionellen Jazzstars, sondern viele Bands und Musiker, die repräsentativ für das enorme Stilspektrum im zeitgenössischen Jazz sind. Zu nennen sind hier unter anderem das australische Klaviertrio Trichotomy mit einer Melange aus klassischen Inspirationen und Modern Jazz, oder Exultatio, die Gregorianischen Gesang und Improvisation verbinden. Erstmals gab es, wie nun oft bei anderen Festivals auch, einen Länderschwerpunkt: Türkei. Unbekanntes Terrain und deshalb attraktiv wie die Sängerin Sezen Aksu mit ihrer Acoustic Band. Sie konnte das Auditorium in der Glocke (ein Saal für symphonische Konzerte) durch anatolische Melodien in swingenden Rhythmen begeistern. Bei der Türkischen Nacht im Schlachthof waren aber ganz andere Stilistiken zu hören: das Quartett der Pianistin Ayse Tütüncü. Sie kombinierte mit ihrem Klarinettisten melismatische Mäander und freie Improvisationen, wobei der Schlagzeuger noch das Publikum zu rhythmischer Unterstützung animieren konnte. Kontemplativ blieb das Duo Erkan Ogur und Derya Türkan, indem sie sich an (bundloser) Gitarre und traditioneller Kemençe (Kniegeige) auf ziemlich langatmige Dialoge in niedriger Ereignisdichte konzentrierten. Aus dieser sedativen Stimmung wurde man abrupt vom Korhan Futaci Kara Orkestra herausgerissen, denn dessen eigentlich interessantes Speedy-Punk-Konzept wurde von eigener ohrenbetäubender Lautstärke verunglimpft. Schade. Da konnte Baba Zula an Elektro-Saz mit begleitender Perkussion und schriller Show zwar die Nerven beruhigen, aber die seltsame Programmfolge auch nicht mehr rechtfertigen. Solche Eindrücke sind subjektiv, aber vielleicht symptomatisch für den Trend der jazzahead: nicht jede Überraschung ist gelungen. Langweilig waren diese Tage in Bremen gerade deshalb nicht und man darf auf die Ideen fürs nächste Jahr gespannt sein. Hans-Dieter Grünefeld |
|