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Christian Broecking: Herbie Hancock – Interviews, Broecking Verlag, Berlin 2010, 77 Seiten In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich Christian Broecking wiederholt mit Herbie Hancock unterhalten. Der Berliner Publizist, der mit tiefgründigen Interviews, die bislang in drei Bänden veröffentlicht wurden, die Jazz-Szene beleuchtet, hat zu Hancocks 70. Geburtstag dessen ältere Interviews überarbeitet und neuere hinzugefügt. Der Pianist, der zu den einflussreichsten Innovatoren der Jazzgeschichte zählt, spricht auf knapp 80 Seiten über Miles Davis, Wynton Marsalis, HipHop, Internet, Ethik und Rassismus. Die Stichworte liefern wichtige Einblicke in Überzeugungen und Erinnerungen des erfahrenen Musikers. Er, der praktizierende Buddhist, spricht nicht nur über Musik, sondern über das Dasein an sich. „Damals sah ich mich als Musiker, heute sehe ich mich als Mensch“. Ihm gehe es, bekennt er, um „Selbstfindung als Mensch“. Er fühle sich nicht als Teil der Jazz-Community („Das habe ich hinter mir“) und möchte nicht „in eine kleine Box gesteckt werden, auf der Jazz steht“. Hancock warnt davor, ein Leben lang dasselbe zu tun. Wynton Marsalis und seine Clique sind ihm zuwider: „Mich stört dabei die verengte Sicht“. Ergänzt werden die fünf Gespräche durch zwei Interviews
mit Ron Carter und Wayne Shorter, langjährige Weggefährten
Hancocks im legendären Miles Davis Quintett der sechziger Jahre.
Shorter, mit Hancock eng befreundet und ebenfalls Buddhist, ist wohl
der konsequenteste Umsetzer der Miles-Davis-Philosophie. Für den
Saxophonisten liegt die einzige Konstante ebenso im steten Wandel. Dass
Kernsätze Shorters ähnlich wie die von Hancock klingen, verwundert
nicht. „Mit zunehmendem Alter“, las man schon bei Hancock, „verharren
viele Musiker in der Komfort-Zone“. Den Gedankenspielen der beiden
Freunde vermag sich Ron Carter nur bedingt anzuschließen. Der Bassist
gibt sich als seriöser, wertkonservativer Mensch, der keine Zweifel
aufkommen lässt ob seiner Integrität. Neugierig und offen zu
sein für musikalische Veränderungen, darin stimmen die drei
Musiker überein. Reiner Kobe |
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