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Ihren Namen sucht man in diversen deutschen Jazz-Lexika vergebens: Lena Horne. Selbst in „Reclams Jazzlexikon“ entschuldigt man sich für den Eintrag über sie, denn schließlich war Lena Horne „nie eine richtige Jazz-Chanteuse“. In einer Zeit, in der nur noch dubiose „Alleinstellungsmerkmale“ zählen, könnte man eigentlich auf einen Nachruf auf die Sängerin, die am 9. Mai in ihrer Heimatstadt New York im Alter von 92 Jahren gestorben ist, gleich ganz verzichten. Aber vielleicht gehören die großen Song-Stilisten, die ihr Handwerk allesamt in Big Bands gelernt haben - in Lenas Fall waren das Artie Shaw und Charlie Barnet – doch irgendwie zu den Jazz-Künstlern, auch wenn sie nicht gescattet haben wie Ella & Co. Schließlich waren es sie doch, die viele Songs aus dem operettenhaften Broadway-Kontext erst herausgelöst haben, und in die Jazzwelt transportiert haben, von der 42nd Street in die 52nd Street gewissermaßen. Es war Lena Hornes Los, als „Schwarze“ mit afrikanischen, europäischen und indianischen Wurzeln ein Leben zwischen den Stühlen zu leben, zwischen Jazz und „Unterhaltungsmusik“, Cotton Club und Broadway, Hollywood und Bürgerrechtsbewegung. Mitte der vierziger Jahre war Lena Horne eine der attraktivsten Frauen Hollywoods gewesen. Als erste schwarze Künstlerin ausgestattet mit einem Studio-Vertrag, war sie bei M-G-M verdammt dazu, pro Film nur ein paar Nummern mit ihrer warmen Stimme zu singen, die oft ihr späterer Mann Lennie Hayton orchestrierte, Songs wie Fats Wallers „Honeysuckle Rose“ oder Richard Rodgers „The Lady Is A Tramp“. Notfalls konnten diese in den rassistischen Südstaaten schnell wieder herausgeschnitten werden. Mitte der fünfziger Jahre ließ Lena Horne jedenfalls Hollywood hinter sich und verlegte sich auf das Plattengeschäft. Schon eines ihrer ersten Alben für RCA entwickelte sich zum Bestseller: „Lena Horne At The Waldorf Astoria“. In dieser Zeit entstanden dann auch ihre mustergültigen Aufnahmen von Songs der alten Freunde, Harold Arlen, Duke Ellington, Cole Porter. Und natürlich rettete sie dabei auch ihren Theme-Song „Stormy Weather“ ins Stereozeitalter. Dunkle Zeiten erlebte sie danach, als sie wegen ihrer Freundschaft zu dem linken Schauspieler und Sänger Paul Robeson („Ol‘ Man River“) auf die Schwarze Liste geriet. Weil sie die Jazzgemeinde links liegen ließ, erschienen nur noch wenige Platten. 1981 erlebte Lena Horne ein sensationelles Broadway-Comeback. „The Lady And Her Music“ nannte sie ihre One-Woman-Show, in der sie ironisch aber auch sehr kämpferisch ihr Leben erzählte. Natürlich war das eine Hommage an Frank Sinatra, aber vielleicht wäre ein anderer Titel noch passender gewesen: „Say It Loud – I‘m Black And I‘m Proud“. Viktor Rotthaler |
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