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Jazzzeitung

2010/03  ::: seite 6

jazzlexikom

 

Inhalt 2010/03

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazzlexikon: Naomi Susan Isaacs Farewell: Herb Ellis / Lena Horne


TITEL -
Stimm-Recht
Bobby McFerrin, Michael Schiefel, Theo Bleckmann & Co


DOSSIER -
Der Spaziergänger von Hollywood
Der Komponist Harold Arlen


Berichte

Jazz ECHO-Verleihung in Bochum // Internationale Jazzwoche Burghausen 2010 // Jazzahead 2010 // Tim Allhoff Trio erhält Neuen Deutschen Jazzpreis // Sylvie Courvoisier und Mark Feldman im Théatre Vidy in Lausanne // Schweizer Trio Rusconi nähert sich dem wilden Punk-Rock von Sonic Youth


Portraits

Martin Kälberer // Jacques Loussier // Charlie Parker // Lisa Wahlandt


Jazz heute und Education
Das Groove Research Institute Berlin // In Münchens Jazzszene etablieren sich neue Spielorte // Festivals in Frankreich: Blick ins Paradies? // Abgehört: Kurt Ellings Verse über ein Solo von Dexter Gordon

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

Naomi Susan Isaacs

geb. 20. Januar 1943 London

Musik und Unterrichten scheint ihr in die Wiege gelegt. Ihr Vater, ein klassischer Pianist, war Direktor eines Konservatoriums, ihre Mutter Balletttänzerin und ihr Bruder leitet eine Musikschule. Naomi Isaacs wirkte in England in der Folk-Szene und wurde Lehrerin, bevor sie nach Deutschland kam, wo sie, zunächst im Dixie-Bereich, als Jazz-Sängerin bekannt wurde. Nach einer längeren Pause widmete sie sich ab 1987 vollständig der Musik. Sie lediglich als Sängerin zu bezeichnen oder auf Jazz zu beschränken griffe zu kurz. Zunächst einmal ist sie eine beliebte und einflussreiche Pädagogin. Allenthalben in Europa und den USA gibt die Gründerin des New Vocal Center, das von 1990 – 1998 in München bestand, Unterricht und Workshops. Alles was mit Stimmbildung und öffentlichem Auftreten zu tun hat, kann man von Naomi Isaacs erlernen. Aber auch das ist nur ein Teilaspekt.

Sie ist nicht nur Coach, Conferencière, Förderin junger Talente, sondern mehr noch eine Art allgegenwärtiger lebendiger Bezugspunkt der Münchner Szene jenseits der Genre-Grenzen. Ihr unermüdlicher Einsatz für die Münchner Szene, aus der sie nicht wegzudenken ist, beschränkt sich keineswegs auf offizielle Tätigkeiten der Mitbegründerin der „Jazzmusiker Initiative München e.V.“ und Jurorin diverser Preise. Auch viele Münchner, die noch nicht das Vergnügen hatten, ihre sensible Interpretationskunst zu vernehmen, haben die Dame mit der herzlichen Ausstrahlung schon irgendwo gesehen. Sie ist die wohl eifrigste Besucherin von Veranstaltungen ihrer Kollegen und dort auch die aufmerksamste Zuhörerin. Und als wäre das nicht genug, empfiehlt sie Freunden Konzerte, zu denen sie nicht erscheinen kann oder versieht sie mit allerlei anderen wertvollen Tipps. Ihr Hunger auf Kultur und ihr Interesse an Menschen sind unermesslich. Mag die Münchner Jazz-Szene in diverse Fraktionen zersplittert sein, sie begleitet mit Verständnis und Wohlwollen die verschiedenen Erscheinungsformen, regt sie an, macht mit und bildet den Nachwuchs heran. Kaum jemand, der in München singt, hat nicht von ihrem Know-how profitiert. Unvergessen sind die Abende von „Naomi’s KulturSalon“, in dem sich die Gastgeberin mit Menschen aus den unterschiedlichsten kulturellen Bereichen auf sehr gewinnende, öffnende und wissende Weise unterhielt. Dass sie ihre vermittelnde Tätigkeit ganz ohne „Gschaftelhuberei“ ausübt, dass sie immer die Kunst und den anderen, nicht aber sich selbst in den Mittelpunkt stellt, macht sie dabei besonders sympathisch.

Fünf CDs hat sie bislang vorgelegt. Dass sie diese auf Ihrer Homepage naomisusanisaacs.com nicht bewirbt, zeigt wie wenig wichtig sie sich selbst nimmt. Dafür kann man dort nachlesen, ob jemand eine Wohnung vermietet oder ein Job zu vergeben ist. Zu erwarten ist von der Künstlerin mit dem angedeuteten Background, dem breiten Radius und der staunenswerte Einfühlungsgabe alles Erdenkliche, von einer originellen, doch im Rahmen der modernen Tradition angesiedelten Interpretation eines Standards bis zu völlig freien Improvisationen. Auf „Nightmares and Lullabies“ (2001), einem recht schrägen Album der Gruppe Turnstyle, singt sie nicht nur, sondern rezitiert auch Texte. Vom verfremdeten Volkslied und vom Nonsense eines Edward Lear bis zu Bob Dylan reicht das Repertoire. Alles kommt so eindringlich, expressiv, ja stellenweise gruselig herüber, dass einem warm und kalt werden kann. Naomi weiß um die Heilkraft von Musik; sie hat auch mehrere Spuren ihres Gesanges zu einer „Voice Meditation“ (1998) zusammengefügt. Wer die swingende Songwriterin kennen lernen will, wird auf „One Woman“ (2002) fündig. Die Projekte sind so unterschiedlich, dass man das Gefühl hat, es bei Naomi Isaacs mit mehr als nur „one woman“ zu tun zu haben.

Marcus A. Woelfle

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