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Ein glücklicher Moment nach harten, kalten und dunklen Wintermonaten:
Die Fahrt führt von See zu See durch Weinberge und hügelige,
langsam grünende Landschaften und endet am Ufer des Genfer Sees
in dem Théatre Vidy, einem im Bauhausstil errichteten Gebäude,
das neben dem gesprochenen Wort auch auf andere kulturelle Medien setzt.
Zufällig ist auch der französische Pianist Stéphan Oliva
anwesend, der an einem großen Video-
Und im großen Theaterraum gibt es fünf Tage hintereinander Konzerte von Sylvie Courvoisier, der Klavierkünstlerin aus einem Ort bei Lausanne, und ihrem Mann Mark Feldmann. Seit mehr als zehn Jahren leben sie zusammen in Brooklyn, dem Künstlerviertel New Yorks, nicht weit von Paul Auster entfernt. Künstlerisch gehören sie zum Umfeld von John Zorn, dem Musiker, Produzenten, Autor der Avantgarde in New Yorks (Manhattan) Downtown. In dessen Label Tzadik haben beide wesentliche Produktionen veröffentlicht, die immer wieder einen tiefen Einblick in ihre manchmal Aufsehen erregenden Solo- und Duo-Produktionen geben. Aus unterschiedlichen künstlerischen Richtungen kommen beide. Sylvie, in der französischen Schweiz aufgewachsen, auch unter dem Einfluss des bedeutenden und viel zu wenig bekannten Pianisten Jacques Demierre, hat sich ein ganz eigenes persönliches Musikfeld zwischen Jazz, freier Improvisation und Neuer Musik erschlossen. Seit gut 15 Jahren erregt sie immer wieder große Aufmerksamkeit durch ihre Projekte. Eine kleine Übersicht über ihre musikalischen Partner der letzten Jahre sagt im Prinzip alles: „John Zorn, Ikue Mori, Tim Berne, Joey Baron, Mark Feldman, Tony Oxley, Yusef Lateef, Joëlle Léandre, Herb Robertson, Butch Morris, Tom Rainey, Mark Dresser, Ellery Eskelin, Lotte Anker, Fred Frith, Michel Godard, Mark Nauseef“ (aus ihrer Homepage). Ihre Stärke ist die große Virtuosität, die Vielfalt der Ideen und große Bildhaftigkeit ihrer Musik. Mark Feldman ist einer der außergewöhnlichsten Geiger im Jazz der letzten 20 Jahre. Aufgewachsen in Chicago lernte er die Geige in der modernen Musik von Klein auf kennen. Lange Zeit lebte er in Nashville, setzte sich mit allen Arten aktueller Musik auseinander. Berühmt wurden seine Einspielungen mit John Abercrombie (bei ECM) oder auch mit Uri Caine (Winter&Winter). Ganz ähnlich wie bei seiner Frau ist seine Musik geprägt von klassischer Virtuosität und andererseits größtmöglichen Improvisationsideen wie kaum bei einem Musiker seiner Art. Und sehr emotional bis satirisch kann es kommen, denkt man nur an die legendäre Interpretation der Richard Wagner Stücke als Kaffeehausmusik bei Uri Caines „Wagner & Venetia. Erlebt man die beiden zusammen, hat man immer das Gefühl, dass die gemeinsame Musik eine fortwährende Kommunikation im Leben zweier Menschen darstellt, die sich nicht nur sehr gut kennen, sondern sich ohne Pause austauschen, mit heftigen Ausbrüchen oder langen Passagen, die nie richtig zur Ruhe kommen. Bei der Instrumentation der Konzepte schöpfen sie alle denkbaren Wege aus: Nach dem Solospiel kamen die Duos gefolgt von dem berühmten Trio mit dem Cellisten Erik Friedlander Anfang dieses Jahrzehnts, verewigt auf der ECM-Doppel-CD „Abaton“. Als nächstes dann die Verbindung Mark Feldmans mit dem Mephista Trio von Sylvie mit Susie Ibarra und Ikue Mori (mehrfach erschienen bei John Zorns Tzadik Records), veröffentlicht mit Lonelyville (Intakt Records CD 120) mit dem französischen Cellisten Vincent Courtois, mit dem Sylvie häufig zu hören ist, mit Ikue Mori, Electronics, und Gerald Cleaver am Schlagzeug. Dieses Projekt konnten Mark und Sylvie dann vor 2 Jahren ebenfalls an mehreren Abenden in Lausanne vorstellen. Nun ein neues Quartett, das Duo des Ehepaars ergänzt durch den Bassisten Thomas Morgan und den Schlagzeuger Gerry Hemingway, der inzwischen Wahlschweizer geworden ist, in Luzern lebt und arbeitet, unter anderem am Konservatorium. Getroffen hatte sich das Duo mit ihm im Stone Club in New York und dort die Idee eines neuen Projekts begründet. Mark hatte in der Band von John Abercrombie den jungen Bassisten Thomas Morgan kennengelernt und ihn zu dem Projekt eingeladen. Dieses Projekt stand nun fünf Tage hintereinander im Zentrum der Konzerte im Teatre Vidy in Lausanne. Vom ersten Klang an, den Percussionsklängen von Gerry Hemingway hatte man das Gefühl, dass hier ein einmaliger, ganz eigener geschlossener Klangraum entstand, wie man es auf den Theaterbühnen von den Schauspielen kennt. Bilder wurden entwickelt, das Ensemble glänzte zusammen wie auch das einzelne Mitglied in langen Soli. Eine aktuelle Form der jazzinspirierten freien Improvisation, wie man sie sich kaum idealer vorstellen kann. Bei Thomas Morgan entwickelte sich ein kunstvolles Klangnetz, bei dem man den Eindruck hatte, als freue er sich über jeden gelungenen Ton. Dass man dieses Projekt nun auch auf CD erleben kann, „To Fly To Steal“, ist das Verdienst von Patrik Landolt und seinem Label Intakt in Zürich (Intakt CD 168). Und soeben erfährt man auch, dass die-se CD Mitte Mai den Vierteljahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik erhält. Das Intakt Label in der Regie von Patrik Landolt begleitet die Musik von Sylvie und Mark schon seit langem und war an dem fünftägigen Festereignis in Lausanne beteiligt, hatte nationale und internationale Gäste zu dem Samstagskonzert eingeladen. Den ersten Teil des Abends bestritt das Duo und konnte dabei ebenfalls das Programm einer neuen CD (Oblivia, Tzadik Records TZ 7633) vorstellen. Nach zwei Einspielungen mit der Musik von John Zorn spielten sie nun ihre eigenen Kompositionen. Auch hier zeigte sich die Theaterbühne als ein sehr geeignetes Podium, das in seiner Geschichte schon viele klassische Formen einer Eheleute-Kommunikation zeigen konnte. Am letzten Abend passierte dann der nächste Schritt in der konzeptionellen Entwicklung des Duos, die Hereinname eines Streichtrios hin zu einem Klavierquintett, das wieder neue künstlerische Einfälle vermittelte. Was als Nächstes kommt, verriet das Paar nicht, schließlich muss es ja noch Überraschungen geben. Aber in 2 Jahren kann man sich dann wieder ein schönes Wochenende in Lausanne gönnen, dessen Theater übrigens jeden Abend fast ausverkauft war mit 500 Plätzen, ein in dieser Musik nicht alltägliches Ereignis. Hans-Jürgen von Osterhausen CD-Tipps
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