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The Chieftains & Ry Cooder Dass irische Soldaten während des Krieges zwischen den USA und Mexiko
(1846–1848) aus patriotischen (!) Motiven die Fronten wechselten
und sich als San Patricio Bataillon mit mexikanischen Einheiten verbündeten,
ist wahrscheinlich vergessen. Doch in Liedtexten blieben Spuren erhalten,
auf die sich Paddy Moloney von der legendären irischen Folkband
Chieftains beim San Patricio Recital bezieht. Als Partner unterstützte
ihn Ry Cooder, Gitarrist und Mentor vieler interkultureller Musikprojekte.
Die seltsame historische Kohabitation von Mexikanern und Iren zeigt sich
auch in diesem Programm, denn die Stilelemente der je indigenen Melodik
und Instrumentation sind zunächst nur unabhängig da: in mesoamerikanischer
Tradition beim rasanten Tanz „El Chivo” mit Los Folkloristas
oder irisch beim pathetischen „March to Battle“. Einige Songs
versuchen eine Kombination, so im „Finale“, wo sich die Idiome
und Bands entlang eines Motivs abwechseln. Prominente Gäste sind
Linda Ronstadt, die den elegischen Klassiker „A la Orilla de un
Palmar“ singt und beim „Lullaby for the Dead“ Máire
Brennan. Auch Ry Cooder selbst ist als Solist präsent, nämlich
in der Ballade „The Sands of Mexiko“, wobei er Gitarre zu
seinem typischen Gesang spielt. Doch die Songs bleiben trotz gewisser
Originalität und für sich kerniger Interpretationen ziemlich
isoliert voneinander. Allein die sympathische Reminiszenz einer historischen
Episode, worüber Ry Cooder und Paddy Moloney in der Filmdoku mit
gleichem Titel sprechen, gibt noch nicht genug Substanz für ein überzeugendes
musikalisches Konzept. Gil Evans & Orchestra Scheinbar in sich versunken sitzt Gil Evans als
schon alter Mann gekrümmt
vor dem Bösendorfer Flügel und spielt wie unbeabsichtigt ein
paar Akkorde. Sowohl die körperliche als auch die musikalische Haltung
gibt zunächst keinen Hinweis darauf, dass er das mentale Zentrum
für die Bigband ist, deren Konzert 1983 “Live in Lugano” aufgezeichnet
wurde. Eben die von ihm nur angedeuteten Mikromotive werden nämlich
von einzelnen Instrumenten übernommen, wandern durch die Orchestersektionen
und formen sich dynamisch auf und ab schwebend zum Kaleidoskop der “Copenhagen
Sights”. The Art Ensemble of Chicago in Concert, rec. 1.11.1981
in Chicago Die Musik des Art Ensemble of Chicago, Kerngruppe
der AACM und eine der bedeutendsten Jazzformationen der 70er- und 80er-Jahre,
war in einem
bisher im Jazz ungewöhnlichen Maße auch szenisch geprägt.
Sie entfaltete ihre volle Wirkung erst dann, wenn man die Musiker auch
sah, ihre Kostüme und Aktionen, geplante und spontane, die zusammen
mit dem Spiel zahlreicher Klangerzeuger ein Gesamtkunstwerk ergaben,
das dem Jazz ganz neue Möglichkeiten eröffnete (noch umfassender
als bei Sun Ra). Was bei den acht Titeln immer wieder auffällt:
wunderbare leise Passagen, so in „New York is full of lonely people“ und
vor allem in „New Orleans“ (ein Höhepunkt des Konzerts).
Dafür macht die Band in „Funky AEOC“ der Dirty Dozen
Brass Band sehr überzeugend Konkurrenz. Diese große Bandbreite
beruht auf jahrelangem Zusammenspiel ohne Besetzungswechsel und ohne
Ego-Trips, aufbauend auf einer sicheren rhythmischen Grundlage, die auch
der Free Jazz erfordert, wenn er nicht im Beliebigen versanden will.
Fazit: ein wertvolles Dokument. |
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