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Jazzzeitung
2010/03 ::: seite 13
rezensionen
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Remove before Flight … Wer die Scheibe aus der Hülle nimmt,
sitzt förmlich schon im Cockpit. Der Flieger ist ein bisschen nostalgisch
angejahrt, aber locker fit genug für den Flug durch alle Turbulenzen.
Barbara Dennerleins neue CD „Bebabaloo“, ihre 25., sucht
im Trio mit Marcel Gustke, dr, und Peter Lehel, ts, ss, die Wurzeln ihrer
Musik in der Live-Atmosphäre des Heidenheimer Lokschuppens, nimmt
die Zuhörer mit auf einen unterhaltsamen Flug durch neun Eigenkompositionen
von hohem Reiz. Irgendwie scheint sie zugleich bei sich selbst angekommen
zu sein.
JazzZeitung: Nach Sinfonie und Kirchenorgel, nach „Change Of Pace“ und „Spiritual
Movement“ jetzt also wieder eine Scheibe, die die Jazzpolizei auf
jeden Fall durchgehen lassen wird.
Barbara Dennerlein: Die beiden würde ich auch nicht als Nicht-Jazz
bezeichnen. Vielleicht ist die Jazzpolizei bei der Kirchenorgel ja gar
nicht mehr so streng. Im Vergleich dazu ist „Bebabaloo“ aber
tatsächlich die im klassischen Sinn jazzigste. Die CD geht zu meinen
Wurzeln zurück, sie zeigt, wo ich im Moment stehe mit meiner Hammondorgel,
mit meiner Musik, mit der ganzen Bandbreite meiner Kompositionen, und
das auch noch in der Live-Atmosphäre eines Konzerts mit der ganzen
Energie in einem guten Sound.
JazzZeitung: Die CD ist ganz bewusst live aufgenommen?!
Dennerlein: Das Live-Spielen ist einer der wichtigsten
Aspekte für
mich. Ich lebe sehr stark mit dem Publikum und ich liebe es, wenn es
zu einem Energieaustausch kommt. Mich macht nichts glücklicher,
als wenn die Menschen begeistert, berührt oder beflügelt sind
durch meine Musik. Die Energie, die da ableitbar ist, die wollte ich
gerne einfangen. Mit dem Resultat bin ich sehr zufrieden. Die Aufnahmen
bringen gut rüber, was Fakt ist. Ganz wichtig ist mir auch der eigene
spezifische Sound. Bei dieser CD habe ich im eigenen Studio selbst den
Sound gemischt; ich habe jetzt zum ersten Mal den Sound, wie ich ihn
selbst auf der Bühne höre. Den wollte ich auf der CD haben.
Das ist mir ganz gut gelungen, weil ich selber rumschrauben konnte, um
es mal salopp auszudrücken. JazzZeitung: Wie würden Sie Ihren Sound selbst beschreiben?
Dennerlein: Das ist schwierig. Vergleichen kann man ihn sowieso nicht.
Er kann sehr aggressiv und powervoll sein und in den hohen Lagen ganz
schön reinpfeifen, auf der anderen Seite aber auch sehr sanft und – was
ich besonders mag – knurrig, wenn die Orgel so spuckt wie in der
Einleitung von „Going Home“. Da hört man richtig, wie
die Röhren arbeiten. Für mich lebt die Orgel ja. Man hört
einfach diesen unnachahmlichen alten Sound. Da klingt kein Ton wie der
andere, man hört auch mal Nebengeräusche – es lebt einfach.
JazzZeitung: Und dann gibt’s ja auch noch Ihre Triopartner …
Dennerlein: In der Triobesetzung kann man einfach alles
geben, man ist sehr frei. Marcel Gustke ist ein toller Schlagzeuger.
Er ist noch relativ
jung, ist aber schon seit vier Jahren in meiner Band und wir haben uns
sehr gut zusammengespielt. Er groovt intensiv, spielt gleichzeitig sehr
filigran und feinfühlig Er zerschlägt nichts, weil er sich
immer dem Raum anpasst und auch ganz leise spielen kann. Ich denke, man
wird noch sehr viel von ihm hören. Peter Lehel dagegen ist kein
unbeschriebenes Blatt, ich kenne ihn schon seit vielen Jahren. Es macht
viel Spaß, mit ihm zu spielen. Peter hat einen tollen Sound. Er
ist sehr vielseitig, hat ja u.a. auch die Orchesterarrangements für „Change
Of Pace“ geschrieben. Er passt sehr gut zu meiner Musik. Ich liebe
es, wenn er Blues spielt. Er ist sehr einfühlsam, hat eine sehr
lyrische Ader, kann aber auch sehr erdig spielen. Was mich an diesem
Trio besonders mitreißt, ist die Möglichkeit, wirklich dynamisch
zu spielen, die Musik atmen zu lassen. Tobias Böcker |