Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Bei der frühjährlichen 45. Arbeitsphase wandelte das Bundesjugendjazzorchesters (Bujazzo) „Auf den Spuren des Nordens“, wie sich das Programm nannte. Im Abschlusskonzert in der Staatlichen Hochschule für Musik Trossingen konnte sich das Publikum ein Bild davon machen. Das von Steffen Schorn umsichtig geleitete Orchester bewährte sich zwischen traditionellem Handwerk, bodenständiger Folklore und experimentierfreudigem Ausdruck. Das Ganze nannte Schorn „Fragmentarische Groove-Musik“ und meinte „neue Klangzusammenhänge (mit) einer tiefsinnigen Atmosphäre, die dennoch melodisch und rhythmisch ist. Sie ist fundamental, gegenwartsorientiert, neu, aber nicht fremd. Sie baut auf kleinsten Teilchen auf, auf Anagrammen und Fragmenten, fällt jedoch nicht auseinander, sondern setzt sich neu zusammen. Eine zutiefst intensive, teilweise mystisch anmutende Musik, die unmittelbar sinnlich zu faszinieren vermag“. Schorn hatte es geschafft, die fast vierzig Musikerinnen und Musiker zur verschworenen Gemeinschaft zu verschmelzen, auch wenn im Vorfeld viel Frust aufkam, als zwei verschiedene Ensembles gebildet werden mussten. Sie hatten aber ihre eigene, unverwechselbare Klangsprache gefunden. Im Abschlusskonzert wurde sie vielfältig zum Besten gegeben. Die Kompositionen von Geir Lysne, Lars Møller und Helge Sunde, die zuvor ebenfalls mit dem Orchester gearbeitet hatten, aber schon wieder abgereist waren, fielen unterschiedlich aus. Immer wieder kollidierten getragene Klangfarben mit der Wucht der Bläsersätze. Dies bot genügend Zündstoff für die einzelnen Solisten sich zu profilieren. Zarte Klavierklänge trafen auf liebliche Flötentöne, um umgehend in gellenden Trompetenstößen und herben Saxophoneinwürfen das freie Spiel der Kräfte zu erproben. Während sich Lysne in feinsinnigen Tüfteleien und freiem Spiel verstrickte, gemahnte Lars Møller mit seinem „Folk Song Nr. 1“ an heimatliche dänische Folklore, die Grundlage war für allerhand rhythmische Überlagerungen. Das zweite Ensemble des Bujazzo wurde durch Helge Sunde regelrecht herausgefordert. Sein Stück „Conrairio“ bot Platz für Experimente, gab den jungen Musikern Gelegenheit, sich zu profilieren. Auf einzelne Winks hin sahen sich die Solisten in fremde Welten versetzt. „Old House/New House“ bot schließlich einen Mix aus konventionellen Klängen und skurrilem Chaos; sogar die glänzend eingestellte Rhythmusgruppe traute sich hervor. Zum Abschluss und wie zur Versöhnung verbanden sich dann die beiden Ensembles zum großformatigen 35-köpfigen Bujazzo. Das spiralförmige Seemannsgarn von Schorns Komposition „Käpt´n Blaubär“ wurde zupackend aufgespult. Das tiefe Blech drehte voll auf, der Chef selbst machte sich am Bariton zu schaffen, die beiden Gitarristen drehten auf und die Drummer legten furios los. Auskomponierte und freie Teile hielten sich die Waage. Vergessen waren die spannungsgeladenen Differenzen. Reiner Kobe |
|